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Über das Teilen von Kreativität

Creative Commons ist eine gemeinnützige, an der Spitze der Copyleft (1) -Bewegung stehende Organisation, die sich für den Aufbau eines reichhaltigen öffentlichen Archivs engagiert, als Alternative zum traditionellen “Alle Rechte vorbehalten”-Urheberrecht. ECO123 sprach mit Teresa Nobre, um mehr über diese Organisation, ihre Ziele und ihr Wirken in Portugal zu erfahren.

Teresa Nobre
Teresa Nobre

ECO123: Was genau ist Creative Commons und was ist Ihre Aufgabe in Portugal?
Teresa Nobre: Creative Commons ist eine gemeinnützige Organisation, die kostenlos Lizenzen vergibt für die Nutzung von durch das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte geschützte Werke und Materialien. Die Organisation hat mehr als 100 Tochtergesellschaften in über 70 Ländern, die die Aktivitäten des CC auf nationaler und internationaler Ebene unterstützen und fördern. In Portugal wird sie vertreten durch das ID+, Institut für Design, Medien und Kultur.

Was unterscheidet CC von anderen Open-Content-Lizenzen?
CC-Lizenzen werden übersetzt, an weltweit mehr als 70 Länder rechtlich angepasst und sind dadurch die am häufigsten international eingesetzten Open-Content-Lizenzen. Regierungsstellen, Universitäten, Bibliotheken, Museen, Archive, Unternehmen und Einzelpersonen auf der ganzen Welt stellen ihre kreativen Arbeiten unter CC-Lizenzen zur Verfügung. Im Jahr 2009 wurde geschätzt, dass es rund 350 Millionen kreative Arbeiten unter CC-Lizenzen gibt.

Creative Commons, ein einfaches Werkzeug für das Urheberrecht oder eine Bewegung?
Die Mission von Creative Commons ist es, eine technische und rechtliche Infrastruktur zu schaffen, die den Austausch von durch das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte geschützte Materialien ermöglicht. Aber wie der CC kürzlich Gelegenheit hatte zu erklären (2): nach Ansicht von CC kann der universelle Zugang zu wissenschaftlicher Forschung, Bildung und Kultur niemals nur durch bloße Lizenzierung erreicht werden, sondern dafür ist, anders ausgedrückt, eine Reform des Urheberrechts unabdingbar.

In der Regel wird davon ausgegangen, dass überwiegend eher anonyme bzw. weniger gefragte Arbeiten für neue Lizensierungsmodelle offen sind.
Creative Commons wurde von Menschen erdacht, die zum damaligen Zeitpunkt unter anderem die Frage des Teilens von Kulturgut diskutierten, des Verwendens urheberrechtlich geschützten Materials durch Privatpersonen und Laien (z.B. die Nutzung eines geschützten Musikstückes in einem YouTube-Video). Es war bekannt, dass der Bedarf und das Potenzial für den Einsatz durch normale Bürger, privat und anonym, enorm wären. Dann erkannten wir, dass letztendlich auch für den Erzeuger eine offene Lizenz von Interesse war, denn es war ein Weg, um seine Arbeit durch eine höhere Visibilität bekannt zu machen. Und schließlich kamen die wirklich großen Projekte und großen Institutionen (Wikipedia, die Weltbank, die National Portrait Gallery in London, etc.).

Welche Art von Projekten decken die CC-Lizenzen ab?
CC-Lizenzen können für jedes Projekt angewendet werden. CC hat derzeit vier große Bereiche, in denen sie tätig ist: Bildung, Wissenschaft, Kultur und Politik.

Gibt es eine Inkompatibilität zwischen Open-Content-Lizenzen und den sogenannten traditionellen Urheberrechten?
Ich denke, es gibt einige Verwirrung in Bezug auf die Beziehung zwischen Lizenzen und Copyright. CC-Lizenzen sind nicht als Alternative zum Urheberrecht und verwandte Schutzrechte gedacht. Sie respektieren das Gesetz zum Urheberrecht und damit verwandten Schutzrechten. Sie erlauben den Inhabern von Urheberrechten und damit verbundenen Schutzrechten lediglich eine einfachere Weitergabe der Rechte an der Nutzung ihrer Werke durch nicht im Voraus benannte Dritte. Bevor es Lizenzen gab, war es nicht leicht für Kreative, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass sie keine Einwände gegen eine Nutzung ihrer Werke für die eine oder andere Arbeit hätten. Mit solchen Lizenzen wurde das nun möglich. Und da die Lizenzen flexibel sind, kann der Lizenzinhaber wählen, welche Rechte er sich vorbehalten möchte (z.B. für kommerzielle Zwecke) und welche er freigeben möchte. Dies sind interessante Optionen für diejenigen, die nicht alle Rechte für sich reservieren möchten.

Ist das traditionelle Urheberrecht überholt?
Das Urheberrechtssystem ist derzeit dadurch unausgeglichen, dass es nicht alle Interessen berücksichtigt (wie dem öffentlichen Interesse an Zugang zu Bildung). So ist es sehr unwahrscheinlich, dass es in dieser aktuellen Form weiter bestehen wird.

Teresa Nobre:
Co-Koordinatorin und zuständig für Rechtsfragen bei Creative Commons Portugal. Abschluss in Rechtswissenschaften und ausgebildet im Fach „Anerkennung und Durchsetzung geistigen Eigentums“ beim Property Law Center München; weiterhin tätig als gesetzlicher Vertreter der Agentur Kwamecorp und des Verlages Enchufada.

About the author

Hugo Filipe Lopes:Soziologe, Abschluss in Klinischer Ernährung der Fakultät Ega-Moniz der Uni Lissabon. Mitarbeiter in verschiedenen Online-Publikationen, Ausbilder und Ernährungstherapeut. Auszeichnungen in Wettbewerben des “Casa da Imprensa” und “Lisboa à Letra”.

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