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Nicht mehr bei GALP tanken?

Oil refinery complex, Grangemouth, Firth of Forth, Scotland |

In früheren Kulturen war die Erde heilig. Es war tabu, Löcher in sie zu graben. Kohle, Erze und andere Bodenschätze galten als Organe von Mutter Erde. Man ehrte sie, nahm nicht mehr als man gab, lebte eingebettet in einen Kreislauf von Werden und Vergehen und damit in einer Welt der Fülle, wo für alles gesorgt war.

Als das Tabu fiel, wurden aus Metall Münzen, Waffen, Werkzeuge und Maschinen, und mit Kohle und schließlich Erdöl trieb man ein neues System an, das sich mit einem einzigen kleinen Wort beschreiben lässt: mehr. Jeder wollte mehr von allem, mehr Komfort, mehr Besitz, mehr Dinge, die er nutzen und wegwerfen konnte, mehr Macht. Mensch glaubte, sich die Erde Untertan machen zu können, aber in Wirklichkeit war er Untertan seiner eigenen Gier geworden, immer auf der Suche nach: noch mehr.

Erdöl ist der Treibstoff dieses Systems, das uns eine einheitliche Konsumwelt rund um Planeten beschert und aus Ozeanen, Regenwäldern, Flüssen Kloaken macht. Von Klimawandel und Kriegen ums Öl ganz zu schweigen. Doch langsam ändert sich das Bewusstsein. Immer mehr wissen, dass Leben nicht unbegrenzt wächst und dass “mehr” auf Dauer zu “nichts” führt. Industriezweige planen ihre Umstellung auf erneuerbare Energien, der Petrodollar wankt wie die Titanic kurz vor dem Absaufen. Wer noch alle Tassen im Schrank hat, entzieht dem untergehenden Erdöl-System seine Gelder, seiner Forschung und Investition. Neuseeland und Costa Rica kündigten die Umstellung auf erneuerbare Energien ebenso an wie die Städte Barcelona und New York. Sogar die Allianz Versicherung erklärt ihren Ausstieg. Na also, geht doch!

Aber ausgerechnet bei GALP scheint diese Botschaft noch nicht angekommen zu sein. Ausgerechnet in unserem von der Sonne gesegneten Land will es die Öl-Industrie noch mal so richtig krachen lassen. Neun Verträge mit Ölfirmen für konventionelle Bohrungen und Fracking wurden in den letzten Jahren nach öffentlichen Protesten gekippt. Doch im letzten Moment der Frist schließt ausgerechnet eine Regierung, die auch richtig viele Dinge gut gemacht hat, unter Ausschluss der Öffentlichkeit Verträge mit dem Ölkonsortium GALP/ENI. Eine der schönsten Küsten der Welt mit den wertvollsten Wasserreservoirs Europas kommt in die Gefahr einer Ölpest.

Für die 50.000 Unterzeichner der Petition gegen die Ölbohrung an der Algarve, für all die, die seit vier Jahren mit juristischen, politischen, zivilen und kreativen Mitteln auf die Gefahren für die Natur, die Wirtschaft, den Tourismus, die Fischerei hinweisen – z.B. auch auf die vermehrten Erdbeben in Erdölbohrgebieten – für sie ist die Ankündigung ein Schlag ins Gesicht.

“Es ist schwer, in diesen Zeiten nicht die Hoffnung und das Vertrauen in die Demokratie zu verlieren”, sagt Aktivistin Catarina Gomes von der Aktion Linha Vermelha. Bis zum geplanten Bohrtermin ab 15. September müssen die Aktionen des landesweiten Bündnis “Nein zur Bohrung, Ja zur Zukunft“ also noch entschlossener, noch wirksamer, noch aufrüttelnder werden, um den Irrsinn noch zu stoppen. Aber wie?

Im Gespräch ist ein breiter Boykott gegen GALP, um das Unternehmen dort zu treffen, wo es am meisten weh tut, am Profit. Soll das NEIN Erfolg haben, muss eine Gesellschaft auch wissen, wozu sie JA sagt – und das kann nur der komplette Ausstieg aus dem Ölsystem sein und der Einstieg in ein System dezentraler Solarenergie: in Portugal und weltweit. Damit die Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft wirklich umsteigen, braucht es uns. Eine signifikante Zahl von Menschen, Gemeinden, Unternehmen, die schon jetzt zeigen: Ein Leben ohne Öl ist nicht nur möglich. Es ist sogar schön, denn es ehrt und schützt, was uns wirklich wichtig ist. Am Dienstag, dem 7. August werden voraussichtlich viele tausend Menschen einen Aktionstag an den Stränden Portugals und speziell in Aljezur unternehmen.

Leila Dregger

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