Die Hügel hinauf gleiten

Als ich in den frühen neunziger Jahren in Lissabon studierte, kam ein Freund mit dem Rad aus dem Norden Spaniens in die Hauptstadt. Es war Juli. In den Dörfern saßen die Portugiesen im Schatten der Feigenbäume und Haltestellenhäuschen und ließen die Zeit vergehen. Dann kam dieser junge Mann auf dem Montainbike, schweißnass, mit rotem Gesicht. Sie schauten belustigt, schüttelten den Kopf und im Allgemeinen waren sie der Meinung, er müsse “maluco” sein.
Sogar der Vater meines portugiesischen Lebenspartners war verblüfft und fragte “Hat er kein Geld für den Bus?”. Die Zeiten ändern sich. Portugal wimmelt von Radfahrern (sogar im Juni). Es sind so viele, dass es mitunter gefährlich wird, denn meistens müssen sich Autos und Fahrräder die Straße teilen.
Ich liebe es, mit dem Rad zu fahren. Aber meine Knie spielen nicht mit. Als ich zehn Jahre später in ein kleines Dörfchen bei Monchique zog (wo es recht bergig ist), schaffte ich mir  ein Elektrofahrrad an. Mein Lebenspartner war außer sich wegen des Preises (“Dafür hättest Du ein Auto bekommen!”). Ich ignorierte ihn, und das war gut so. Ich fahre im Schatten der Eukalyptusbäume in 40 Minuten nach Monchique (15km). Zugegeben, die wahren Radfahrer überholen mich nicht selten (rot im Gesicht). Aber meine Nachbarn schauen voller Bewunderung, wie ich die Hügel hinauf gleite ohne auch nur ins Schwitzen zu kommen. Zugegeben, Elektroräder müssen sich hier erst noch durchsetzen. Aber die Zeiten ändern sich.

About the author

Lisa Selvidge unterrichtet in online-Kursen Kreatives Schreiben für Universitäten in Großbrittannien. Veröffentlichung der   Bücher “Der letzte Tanz auf der Berliner Mauer” und “Hinter dem Meer – Geschichten von der Algarve”.