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Von der Hoffnungslosigkeit der Arbeit des ICNF, invasive Baumarten loszuwerden.

Die australische Akazie erobert Portugal.
Von der Hoffnungslosigkeit der Arbeit des ICNF, invasive Baumarten loszuwerden.

Samstag, der 20. Juli 2024.

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Muss man die Natur lieben, um sie schützen zu können? Oder reicht es aus, wenn man den Wert eines Waldes betriebswirtschaftlich einordnen kann? Die Frage, wie man eine Sache angeht, welche Einstellung der Mensch zum Wald hat, zu invasiven Baumarten oder zu Waldbrandgefahren, die vom Eukalyptus ausgehen, ob und wenn ja, welche Strategie Mensch entwickelt, oder auch nicht – auch die ist bezeichnend für die ethische Grundlage einer Institution, die für den Naturschutz Portugals zuständig ist: der ICNF. Nur zwei Prozent des Waldes gehören in Portugal dem Staat, 98% sind hingegen in privatem Besitz.

Ich habe drei Jahrzehnte gebraucht, um mich auf den ICNF einzulassen und habe ihn beobachtet, hinterfragt und seine Arbeit einschätzen gelernt. Nicht nur in Monchique (Faro), sondern auch in vielen anderen Distrikten Portugals von Nord bis Süd; dort, wo Waldbrände wüteten, und hernach invasive Baumarten sich explosionsartig vermehrten. Es reicht eine Akazie, die während eines Waldbrandes ihre feuerresistenten Samen in die Landschaft schießt und somit das Überleben ihrer Art sichert. Akazien und Eukalyptus, sie lieben das Feuer.

Die Rede ist von australischen Akazien und Mimosen, die heimische Baumarten seit 2018 im Süden Portugals kontinuierlich verdrängen. Der Begriff „verdrängen“ ist eine durchaus euphemistische Beschreibung. Diese in Australien beheimateten invasiven Baumarten, die in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts nach Portugal eingeschleppt wurden, vernichten ausgewachsene Korkeichen, Kastanien, Oliven- und Zitrushaine innerhalb eines Zeitraums von nicht einmal fünf Jahren. Sie zerstören die Vielfalt des Waldes. Wenn man sie lässt, umarmen sie die Wurzeln der heimischen Baumarten, denn sie wachsen direkt in unmittelbarer Nähe (Verbreitung durch wilde Samen) und dann „killen“ mehrere Akazien und Mimosen einen Aprikosenbaum im Garten oder eine Korkeiche und sogar komplette Orangenplantagen …

Wenn man sie loswerden will, muß man eine Strategie haben und den Baum mit den Wurzeln roden. Vorsicht ist angesagt.

Dort, wo sich wasserintensive Invasoren ungehindert ausbreiten können und sich kein Widerstand regt, treiben die Invasoren ihre Wurzeln mit einer Geschwindigkeit in die Tiefe, die man kaum für möglich hält. An vielen Orten  im Gebirge von Monchique senkt sich bereits der Grundwasserspiegel, Bachläufe sind ausgetrocknet. Die Invasoren haben nicht nur Tiefwurzeln, sie sind auch Flachwurzler. Sie treiben auf der einen Straßenseite unter dem Teer hindurch die Wurzeln bis auf die andere Straßenseite und wachsen dort munter weiter. Und das mit einer Sicherheit und Geschwindigkeit, die wir in Europa bisher nicht kannten. Deswegen sehen wir die Gefahr auch nicht, die von  diesen Baumarten ausgehen, sondern freuen uns eher über die gelben Blüten der Mimosen im Winter…

Auch im neuen Botanischen Garten von Monchique haben sich Akazien und Mimosen eingeschlichen. Und bei der Gartenarbeit entdecke ich das Internet des Waldes, der invasiven Bäume. Dadurch, daß sich invasive Baumarten untereinander mit den Wurzeln verbinden, tauschen sie nicht nur Nahrung aus, sondern auch Informationen. Deswegen schaue ich fasziniert auf die Politik der für den Naturschutz zuständigen staatlichen und kommunalen Organe, wie hilflos diese den Invasoren gegenüberstehen. Lange Zeit haben sie die Akazien und Mimosen versucht zu ignorieren. Der Wald hat in Portugal nur eine Bedeutung, wenn man mit ihm Geld verdient. Die Ignoranz hat den invasiven Baumarten einen zeitlichen Vorsprung verschafft, den manche Grundbesitzer jetzt versuchen aufzuholen, mit ganz großem Geschütz. Jetzt, nach sechs Jahren Tatenlosigkeit, arbeiten sie nun mit Motorsägen und Motorsensen, mit Baggern und wenn nötig, arrangieren sie den gesamten Maschinenpark einer Kommune. Was bewirken sie damit? Die Invasoren werden nicht etwa ausgerottet – nein – je mehr sie bekämpft werden, desto resistenter wachsen sie nach, desto mehr Grundwasser entziehen sie dem Boden. Respekt. Die Invasoren stehen in Konkurrenz zum Menschen und werden eine ernstzunehmende Gefahr für ihn, denn das Wasser wird knapper – und  nicht nur für die Gärten. Die Akazien stehlen das Trinkwasser des Menschen. Damit ist dann nicht mehr zu spassen.

Die konventionelle Motorsäge, mit der ganze Eukalyptus-Monokulturen gefällt und dann in der Fabrik transportiert und zu Papier verarbeitet werden und dann von allein nachwachsen, beeindruckt weder Akazien noch Mimosen. Sie sind noch schneller und entziehen dem Boden noch mehr Wasser. Die Forste mit invasiven Baumarten, die in der Zeit seit August 2018 nach dem Waldbrand herangewachsen sind, werden nach der Abholzung im Juli des Sommers 2024 zu einem Trümmerfeld. Es sieht aus, als hätten Panzer auf einem Truppenübungsplatz Krieg gespielt. Dabei handelt es sich erst um ein erstes Grundstück in Caldas de Monchique, nicht einmal zehn Hektar groß.

Mir wird klar, daß lineares Denken eines Menschen dem zirkularen Denken der Natur hoffnungslos unterlegen ist. Die Akteure haben den Kampf gegen die Invasoren schon bei Beginn ihres Kampfes gegen die Natur verloren. Sie wissen es nur noch nicht. Dabei sollten wir die Natur doch schützen und auch den Wald. Doch davon sind wir Menschen noch weit entfernt. Die Frage, die sich stellt ist, wie wird man die Akazien und Mimosen wieder los, ohne den Rest des Waldes zu beschädigen? Denn die Erde, durch die die Raupen und Bagger furchen, trocknet in der Sommerhitze schnell aus und wird vom Wind abgetragen. Die Folge ist Erosion, nur die Felsen bleiben übrig. Darauf wachsen natürlich keine heimischen Baumarten mehr, die man im nächsten Winter, in der Regenzeit, zu pflanzen gedenkt.

Wie wäre es, vor dem Einschalten eines Baggers, einer Motorsense, einer Motorsäge zuerst das Gehirn einzuschalten und sich Gedanken darüber zu machen, welche Methode die Invasoren stoppen könnte? Denn es gibt Gruppen von Naturschützern in ganz Portugal, die zeigen, wie der ICNF und viele Kommunen mit der Gefahr umgehen könnten. Dazu braucht der ICNF nur das Internet einzuschalten und sich zu informieren: https://www.invasoras.pt.

Manchmal kann schon ein kleines, aber starkes Taschenmesser die Zahl der Invasoren minimieren….Wie, darüber informiere ich sie im zweiten Teil dieses Berichts. Ich kontaktierte auch den ICNF und besuchte ihn in seinen Büros bei Lagos, um zu erfahren, wie es mit dem Naturschutz an der Algarve weitergehen soll. Auch darüber informiere ich Sie in der kommenden Ausgabe, an nächsten Samstag. Bleiben Sie dran.

 

Uwe Heitkamp (64)

ausgebildeter Fernsehjournalist, Buchautor und Hobby-Botaniker, Vater zweier erwachsener Kinder, kennt sei 30 Jahren Portugal, Gründer von ECO123.Translations: Dina Adão, John Elliot,  Patrícia Lara
Photos:Uwe Heitkamp

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