Monchique stand in den vergangenen Monaten immer wieder im Mittelpunkt der internationalen Berichterstattung über die portugiesischen Waldbrände. Dass diese Waldbrände immer wieder die Berge von Monchique und seine Nachbarlandkreise zerstören, hat im Besonderen mit den Investitionen der Semapa AG und ihrer Tochtergesellschaft Navigator/Portucel und den industriellen Eukalyptus-Monokulturen zu tun, die hier sowohl im Norden Richtung Nave Redonda und São Teotónio (Nordwesten) als auch in Richtung São Marcos da Serra (Nordosten) auf 2.500 km² gepflanzt wurden. Dafür ist in der Hauptsache der Zellulose-Hersteller Navigator (Semapa AG) verantwortlich, der privaten Forstbesitzern quasi garantiert, dass er den Eukalyptus von ihnen aufkauft und andererseits diesen auch selbst anbaut. Wer beim Kauf von Büropapier auf den Namen des Produkts achtet, wird wissen, warum es in Monchique innerhalb von 30 Jahren drei Mal infernalisch brannte und Natur und Menschen immer wieder fast alles verloren haben.
Hauptsache die Kasse stimmt, war gestern
Die Semapa AG und The Navigator Company (Portucel AG) könnten bis heute nicht so erfolgreich Geld verdienen, wenn nicht auch fast jeder der einheimischen Land- und Forstbesitzer beim Anbau von Eukalyptus seine Gier befriedigt hätte. Die Risikoverteilung in diesem skrupellosen Geschäft verläuft wie im Spielcasino. Wer Glück hat, verkauft die Tonne für 30 bis 40 Euro und entkommt dem Feuer. Den meisten ist es dabei egal, ob die Nachbarn bei einem möglichen Waldbrand ihr ganzes Hab und Gut verlieren oder gar ihr Leben lassen. Was zählt ist Cash, sonst nichts. Hauptsache die Kasse stimmt. Denn selbst nach einem Waldbrand kann man das Holz vom Eukalyptus noch fällen und irgendwie verkaufen. Denn der ganze Stamm verbrennt selten. Nur die Äste und Blätter, in denen sich das Öl befindet, brennen wie Benzin. Man fragt sich, warum auch auf dem kommunalen Land (Município de Monchique) und auch auf staatlichem Grundbesitz Eukalyptus angepflanzt wird. Wohl auch deswegen lügt fast jeder Politiker in den Interviews, wenn es um ein generelles Verbot von Eukalyptus geht. Man müsse differenzieren… Deswegen sparen wir uns den Bürgermeister und auch den Premierminister an dieser Stelle. Eukalyptus ist für rund sechs Prozent des portugiesischen Staatshaushalts verantwortlich. Der kürzlich auf seiner Jacht vor Ibiza verstorbene Vorstandsvorsitzende der Semapa AG, Pedro Queiros Pereira, er wurde 69 Jahre alt, war nie schüchtern, immer wieder zu betonen, dass Eukalyptus von der Politik nie verboten werden könne, denn es gehe ja um viele tausend Arbeitsplätze und um Steuereinnahmen, die Portugal so dringend benötige. In einem seiner seltenen Interviews mit dem Expresso, machte PQP am 6. Februar 2016 noch einmal absolut klar, wer der Herr im Haus ist und dass er nur noch Investitionen in Portugal tätigen werde, wenn ihm die Politik dabei freie Hand ließe. Diese fraß ihm sogar aus der Hand, als er schon seine nächsten Investitionen, dieses Mal in Mozambique vorbereitete. Mit 150 Mio. Euro an Investitionen, die ihm die BPI sogar verdoppelte, (der Ex-Vorstandsvorsitzender der BPI Fernando Ulrich sitzt heute im Vorstand der Semapa AG) pachtete er Millionen Hektar Forstfläche in Afrika. Ob sein Tod die Erben zum Umdenken bringen wird, bleibt abzuwarten. Denn auch ohne Eukalyptus, mit Recyclingpapier kann man heute in Portugal gutes Geld verdienen, denn nur etwa zwölf Prozent des Altpapiers wird überhaupt recycelt.
Klimaschutz vermeidet Waldbrände
Zurück nach Monchique. Es gibt auch bisweilen gute Nachrichten aus Monchique. Diese kommen immer häufiger aus privatwirtschaftlicher und gemeinnütziger Initiative und von mehrheitlich jungen Bürgern, zum Teil auch von jungen ausländischen Residenten. Denn man wartet nicht mehr auf die Politik. Das Projekt „Klimaneutral leben in Portugal“, das auf eine ECO123 Initiative des Sommerfests in der Gemeinde Alferce zurückgeht und dort erstmals diskutiert wurde (siehe Seite 64), wird nun in eine zweite Phase treten und 100 Haushalten über 365 Tage anbieten, Klimaschutz im Alltag auszuprobieren.
Dieses Projekt „ZERO EMISSÃO“ wird in Zusammenarbeit mit dem Center for Ecology, Evolution and Environmental Changes der Universität Lissabon (FCUL) und dem renommierten Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in Berlin für Samstag, den 27. Oktober vorbereitet (wieder in Alferce, Café Al-faris) und beginnt wie gewohnt um 14 Uhr. ECO123 stellt dazu ab dem 1. Januar 2019 einen Carbon-Tracker auf seiner Webseite www.eco123.info ONLINE, der die Emissionen der Teilnehmer über ein Jahr genau addiert und analysiert. Wer bei diesem Projekt ernsthaft über ein Jahr lang mitmachen möchte, sollte sich bis Freitag, dem 26.Oktober einschreiben: info@eco123.info. Die Teilnehmerzahl vor Ort muss sich aus Platzgründen auf maximal 50 Teilnehmer beschränken.
Lösungen im Reallabor finden
Die Waldbrände von 2018 können nun als ernsthafte Möglichkeit betrachtet werden, ökologisches Verhalten auf den Prüfstand zu stellen, auch um sich auf künftige Umwelt-Desaster besser vorzubereiten und um diese resilienter zu überstehen. Nicht jedes Haus, nicht jeder Wald in der Brandschneise brannte im August lichterloh. Wer über ein autonomes – nicht vom Stromversorger abhängiges – Elektrizitätskonzept verfügte, wer einen autochthonen Mischwald angelegt hatte, der brandresistenter ist, wer über genügend Regenwasser verfügte, um selbst löschen zu können, auch durch Sprenglersysteme – die aus Kaufhäusern bekannt sind – hatte seine Hausaufgaben in Prävention bereits zu einem großen Teil gemacht. Warum auf die Feuerwehr warten, wenn man sich auch selbst helfen kann? Waldbrandspezialisten werden am Samstag, dem 27. Oktober ab 14 Uhr darüber referieren, was einen Wald gegen Feuer resistenter macht und wie künftige Waldbrände besser zu bewältigen sein werden.
Jeder Mensch kann durch einen klimafreundlicheren Lebensstil einen großen Beitrag zur Vermeidung globaler Erwärmung (inkl. Waldbrände) leisten. Derzeit kommt jeder Portugiese für rund sieben Tonnen CO2. pro Jahr und Kopf auf. Der persönliche Fußabdruck eines jeden ist verantwortlich für unsere Zukunft. Um klimafreundlich zu leben, müssen alle einen wesentlich geringeren ökologischen Fußabdruck aufweisen, der sich zwischen zwei und drei Tonnen CO2 einpendelt. Was kann man heute schon tun, um langfristig klimaneutral zu leben? Mit 100 Haushalten (Einzelpersonen, Familien, kleinen Wirtschaftsbetrieben mit bis zu 20 Mitarbeitern) wird ECO123 ein Jahr lang untersuchen, welche Probleme es beim Umstieg auf einen klimafreundlichen Lebensstil gibt und wie sich Klimaschutz im Alltag real umsetzen läßt.
Gesünder leben = klimafreundlich leben
Ziel des Experiments ist eine Reduktion des persönlichen CO2 Fußabdrucks um rund 40 Prozent innerhalb eines Jahres. Das Projekt „Klimaneutral leben in Portugal“ bedeutet mehr Lebensfreude durch z.B. Umstellung von fossilen Brennstoffen auf regenerative Energien, basiert auf einem nachhaltigen lokalen Landwirtschaftskonzept, in denen Nahrungsmittel aus einem Umkreis von 100 Kilometern gehandelt werden und weniger Müll verursacht und auf Wohnungen und Häuser, die besser gegen Hitze und Kälte/Feuchtigkeit gebaut und umgerüstet werden. Wo können Emissionen eingespart werden? Wie können öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen das Auto langfristig ersetzen? ExpertInnen zahlreicher lokaler, regionaler und nationaler Initiativen und Betriebe schließen sich dem Projekt an und werden das Forschungsvorhaben beratend über 365 Tage begleiten. Und auch ECO123 wird vierteljährlich aus dem Reallabor berichten und Familien, Einzelpersonen und Kleinbetriebe und ihre neugemachten Erfahrungen mit dem Projekt vorstellen.
Haben Sie Fragen? Telefon (+351) 960 341 141.