Samstag, der 9. November 2024.
Neulich bekamen wir Besuch der ganz besonderen Art. An einem Sonntagmorgen wurden wir im Botanischen Waldgarten der ECO123 in Caldas de Monchique von Jägern mit ihren Hunden (ungefragt) besucht. Dann begann das Schießen. Ich rief laut und deutlich, man möge bitte Rücksicht nehmen und damit sofort aufhören und ich hatte Glück. Sie verließen das Privatgrundstück unserer Zeitschrift, nicht glücklich darüber, denn sie wollten Rebhühner und Hasen abknallen und mitnehmen.
Das hat mich zum Nachdenken angeregt. In frage mich seitdem, ob Jäger das Lesen in der Schule gelernt haben? Und wer ihre Lehrer waren? Denn sie mussten an einem Schild vorbeigehen, auf dem groß geschrieben steht, dass hier ein Botanischer Garten entsteht und sie mussten ein Tor aufmachen. Und so frage ich mich nun, ob sie wenigstens zehn verschiedene Baumarten kennen und ob sie, nehmen wir eine Eiche, eine Linde und eine Buche, einen Walnussbaum, eine Erle und eine Esche, eine Ulme, Olive, einen Feigen- und einen Johannisbrotbaum als Beispiele, welche Eigenschaften diese Baumarten besitzen? Was lernt man als Jäger, was als Holzfäller, was lernt man, wenn man sich die Natur untertan macht? Wir bekommen täglich viele hundert Logos zu Gesicht, da kann man schnell mal denken, dass Eichen und Linden, Rebhühner und Hasen für unser Leben eben nicht so wichtig sind wie Coca Cola, Nivea, Persil, Decathlon, Milka, Haribo, Nutella, Nestlé, Nike, Apple, Volkswagen, McDonalds und Co. Oder, was denken Sie darüber?
In einer gewissen, kurz gedachten Weise stimmt das auch. Wir kommen locker durch den Tag, ohne ein einziges Mal an natürliche Wesen denken zu müssen, an Hasen, Wildschweine, an Rebhühner und Feuersalamander, an Eichen, Linden und Buchen und was es da in unserem Waldgarten sonst noch so alles gibt. Denn nach den Waldbränden vom August 2018 gab es zwei Jahre keinen einzigen Vogel mehr. Es war totenstill für eine lange Zeit. Bis dann die Nachtigallen im Januar 2020 wiederkamen und Partner für ihre Nistplätze suchten. Und jetzt kreisen sogar majestetisch zwei Bonelli-Adler über uns. Fauna und Flora erhalten und einen diversen Waldgarten pflanzen. Das ist unser Ziel.
Die Mensch-Natur-Beziehungskrise
Unsere Entfremdung von der Natur zählt zu den Hauptursachen unserer vielfältigen menschgemachten Krisen. Höchste Zeit, dass wir uns wieder annähern – mit guten Erlebnissen, mit Empathie und den richtigen Worten und Taten.
Das Verbrennen von Kohle, Gas und Öl, die Rodung von jahrhundertealten Wäldern und die Pflanzung von Monokulturen wie Eukalyptus für die Papierindustrie, das Züchten und Schlachten von Milliarden von Tieren, das Vergiften der Umwelt mit weggeworfenen Verpackungen (auch brennenden Zigarettenkippen) von Produkten, die wir nicht brauchen – all das bringen wir nur übers Herz, weil wir uns der Natur nicht mehr verbunden fühlen. Die ökologischen Zerstörungen berühren uns nicht. Mit Waldbränden haben wir in den Städten kaum etwas „am Hut“. Das heißt im Umkehrschluss: Wenn wir die menschgemachten Krisen lösen wollen, müssen wir unsere Beziehung zur Natur heilen. So klar, so einfach. In der Nachhaltigkeitswissenschaft gilt ein tiefgreifender Wandel der Mensch-Natur-Beziehung als einer der größten Hebel für eine stabile Zukunft – ein vielleicht nicht so offensichtlicher, dafür aber laut aktueller Forschung, ein extrem wirksamer Hebel.
Der Verlust an Naturerfahrungen wird in der Forschung „extinction of experience“ genannt. Die einhellige Meinung ist, dass dieser Verlust immer weiter voranschreitet, unter anderem weil immer mehr Menschen in Städten leben, wir immer mehr Zeit an Bildschirmen verbringen und – vielleicht am tragischsten – die Möglichkeiten für Naturerfahrungen drastisch zurückgehen, einfach weil die Biodiversität (Vielfalt) verloren geht. Süßwasserfische sterben aus, wenn sie geangelt werden oder wenn die Bäche austrocknen. Jäger schießen, was sie vor ihre Flinten bekommen. Die Tier- und Pflanzenwelt stirbt langsam durch den Raubbau und das Desinteresse des Menschen als ein Teil der Natur.
Ein offensichtlicher Schritt, um die Mensch-Natur-Beziehung zu heilen, wäre es, mehr Naturerfahrungen zu machen: rausgehen, einen kleinen Baum zu pflanzen, ein Beet mit Kartoffeln bestellen, oder Zwiebeln, Tomaten, Bohnen – einen Stadt- oder einen Waldgarten anlegen. Das könnte schon in der Schule beginnen, das könnten Sie bei Interesse in unserem Botanischen Waldgarten in Caldas de Monchique unternehmen, Eltern und Lehrer mit ihren Kindern. Eigentlich hat Monchique sehr viel Zukunft für junge Menschen zu bieten. Man darf ihnen nur keine Gewehre in die Hand drücken, um Hasen und Rebhühner abzuschießen…
Ein offensichtlicher Schritt, um die Mensch-Natur-Beziehung zu heilen, wäre es, mehr Naturerfahrungen zu machen: rausgehen, einen kleinen Baum zu pflanzen, ein Beet mit Kartoffeln bestellen, oder Zwiebeln, Tomaten, Bohnen – einen Stadt- oder einen Waldgarten anlegen. Das könnte schon in der Schule beginnen, das könnten Sie bei Interesse in unserem Botanischen Waldgarten in Caldas de Monchique unternehmen, Eltern und Lehrer mit ihren Kindern. Eigentlich hat Monchique sehr viel Zukunft für junge Menschen zu bieten. Man darf ihnen nur keine Gewehre in die Hand drücken, um Hasen und Rebhühner abzuschießen…
Fortsetzung nächste Woche…