Das hörte ich schon einmal vor fast 40 Jahren ganz am Anfang meines Journalistenlebens. Mein Chefredakteur schickte mich in eine Großstadt, in der eine Frau leben sollte, die nicht bereit war, Gebühren für ihre Mülltonne zu bezahlen. In Deutschland war das zu jener Zeit nämlich so, dass die Bürger einer Stadt Gebührenmarken für ihre Mülltonnen bei der jeweiligen Stadtverwaltung kaufen mussten, damit ihre Mülltonnen einmal die Woche geleert wurden. Und so sollte es bei dieser Frau sein: sie behauptete, gar keinen Müll zu produzieren und weigerte sich, die Gebührenmarke zu kaufen. Sie reklamierte mit der Begründung, wenn sie keinen Müll verursache, brauche sie auch nichts bezahlen. Weit gefehlt: Zu jener Zeit war es obligatorisch, diese monatliche Gebührenmarke zu kaufen. Vor nahezu 40 Jahren war es unvorstellbar, dass jemand keinen Müll hatte. Man wollte damit vermeiden, dass Müll einfach in den Wald oder an den Straßenrand gekippt wurde.
Also fuhren wir mit unserem Fernsehteam von Hamburg 450 km nach Bonn und besuchten – nach Terminvereinbarung – die Frau ohne Müll. Ich solle das umfangreich nachprüfen, hatte mir mein Chefredakteur mit auf den Weg gegeben. Schauen Sie genau hin, junger Kollege, was macht die Frau mit ihren Tampons, was mit ihren Teebeuteln und all den Verpackungen? Wir blieben eine Woche und begleiteten die Frau mit der Kamera, zum Beispiel beim Einkaufen. Für jedes Stück Käse oder Wurst hatte sie ein Glasgefäß dabei und damit ging sie zur Käse- und Wursttheke im Supermarkt. Obst und Gemüse kaufte sie nur beim Bauern auf dem Markt, in der Tragetasche, die sie von zuhause mitnahm. Das Brot kaufte sie im Stoffsäckchen usw. Sie war diese spezielle Person, die mich für das Thema Müll damals sensibilisierte. Ihre grünen Abfälle aus Obst und Gemüse brachte sie auf den Kompost. Im Übrigen benutzte sie keine Tampons. Den Tee kaufte sie direkt und auch dafür hatte sie ihren Behälter. Ihre Mülltonne vor dem Haus blieb wirklich leer. Warum also sollte sie Müllgebühren bezahlen?
Ich fragte nach dem WARUM. Sie antwortete dass, wenn jeder seinen Müll in die Tonne werfe, irgendwann mal kein Platz mehr auf diesem Globus sei und der Planet nur noch aus Müll bestünde, wenn das Wörtchen Wachstum unser Mantra bliebe. Es war eine gute Erfahrung und ich erzählte die spannende Geschichte fürs Fernsehen, zur besten Sendezeit. Womit ich nicht rechnete: meine Reportage über die Frau ohne Müll wurde nie gesendet. Sie landete selbst im Müll, im Archiv von PANORAMA einer Sendung des 1. Programmes der ARD in Hamburg.
Ich beginne heute, am 30. November damit, einen Monat keinen Müll zu produzieren. Ob mir das gelingt? Eine spannende Geschichte?
Vielleicht. Machst Du mit? Tauschen wir unsere Erfahrungen?