Mobilität, Verursacher von Gesundheit, Wohlstand und Glück.
Sind Lissabon, Porto, Faro und andere Städte in unserem Land in erster Linie menschenfreundliche Städte? Leben wir in Kommunen mit guten öffentlichen Räumen und einem Konzept, welche Menschen anregen, zu Fuß zu gehen oder mit dem Fahrrad zu fahren? Reduziert ein guter öffentlicher Personennahverkehr die Pkw-Abhängigkeit? Eine Idee aus anderen europäischen Städten ist, dass Autofahrer vor der Stadt ihr KFZ auf einem Parkplatz obligatorisch abstellen müssen und ein Gratis-Linienbus im Fünfminutentakt zwischen Parkplatz und Innenstadt zirkuliert.
Fuß- und Radverkehr im öffentlichen Verkehr sind wichtige soziale Integratoren. Sichere Straßen, gesunde Lebensverhältnisse und Raum für Entfaltung kommen allen Einkommensschichten zu Gute. Sie können das Leben aller Menschen verbessern. Für soziale Gerechtigkeit ist es notwendig, öffentliche Räume menschengerecht zu gestalten.
Menschen sind von ihrer Physiologie vorrangig als Fußgänger geschaffen. Das Fahrrad besitzt die Möglichkeit, die positiven Eigenschaften der körperlichen Fortbewegung mit einem größeren Aktionsradius zu verbinden. Aber auch der motorisierte öffentliche Nahverkehr ist von guten Bedingungen für zu Fuß gehende Menschen stark abhängig, da der Weg von und zur nächsten Haltestelle häufig „per pedes“ zurückgelegt wird.
Aus Respekt vor dem einzelnen Menschen müssen daher gute Bedingungen in einer Stadt für den nicht-motorisierten Verkehr existieren. Städte und Infrastrukturen müssen ebenso für acht Jahre junge Menschen nutzbar und sicher sein wie für 80 Jahre alte Menschen, betont der dänische Architekt Professor Jan Gehl. Unsichere Fuß- und Radwege, Falschparker und ein Ungleichgewicht bei der Raumaufteilung zugunsten des motorisierten Verkehrs sind respektlos gegenüber dem einzelnen Menschen. Lissabon, Porto, Faro und viele andere Städte in Portugal haben ihren Einwohnern und Besuchern nichts dergleichen anzubieten.
Jan Gehl, emeritierte Architekturprofessor der Königlichen Dänischen Kunstakademie, verfolgt konsequent das Ideal einer lebhaften, sicheren, nachhaltigen und gesunden Stadt. Eine hohe Attraktivität einer Stadt bestimmt sich auch an dem Grün im Stadtgebiet. Parks und bepflanzte Flächen verbessern die Luftqualität und senken die Temperatur in der Stadt. Zudem gestalten sie den Aufenthalt für die Menschen in der Stadt angenehmer. Gehl weist zudem darauf hin, dass für eine “grüne Stadt” auch energieeffiziente und ökologisch nachhaltige Gebäude gehören. Energieeffizienz sollte im Fokus einer jeden Stadt stehen. Auf Basis der lokalen und regionalen Gegebenheiten sollte nach entsprechenden Lösungen recherchiert werden.
Das Fahrrad an sich ist ein sozial und ökologisch sehr gerechtes Verkehrsmittel, da es Grenzkosten von nahezu null aufweist. Ebenfalls können sich der Aufbau öffentlicher Fahrradverleihfirmen und die Integration derselben in vorhandene Strukturen positiv auf die Stadt und das Leben in dieser auswirken. Nachhaltige Städte des 21. Jahrhunderts sollten laut Gehl lebhaft, sicher, nachhaltig und gesund sein.
Diese Eigenschaften könnten durch eine einzelne politische Zielsetzung erreicht werden. Wenn man den Menschen in den Mittelpunkt stellt und ein attraktives Umfeld mit einer guten Struktur für Fußgänger und Radfahrer schafft, herrscht automatisch Leben in der Stadt. Je mehr Menschen öffentliche Plätze nutzen und bevölkern, umso sicherer sind diese. Durch einen starken Öffentlichen Personennahverkehr (Busse, U-Bahnen, Straßenbahnen) sowie einen hohen Anteil des Fuß- und Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen dominieren energetisch und flächenmäßig effiziente Verkehrsarten. Dadurch wird die Stadt ökologischer. Durch das mehr an Bewegung werden Menschen gesünder. Insbesondere die für das Gesundheitssystem teuren Herz-Kreislauferkrankungen und Folgeerkrankungen durch Übergewicht werden verringert.
Mit der Wanderausstellung “The Good City” möchte das Bicycle Innovation Lab aus Kopenhagen einen öffentlichen Raum für Diskussionen und neue Denkansätze über die Infrastruktur von morgen anbieten. Mit der Ausstellung wird gleichermaßen der Blick auf Nachhaltigkeit und Radkultur gerichtet und liefert Anstöße für ein Umsteuern in der Verkehrspolitik. Das Motto lautet: Fahrradfahren als Plattform für Veränderungen – für bessere Städte (Lissabon, Porto, Faro u.a.) mit weniger Verkehrsproblemen und mehr Platz zum Leben. Denn das Fahrrad ist in vielerlei Hinsicht ein unterschätztes und wenig erforschtes Verkehrsmittel, welches eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt.
Die Stadt Kopenhagen ist im Radverkehr und im Bereich neuer und “nachhaltiger” Verkehrsmittel in vielerlei Hinsicht ein idealer Referenzpunkt. Zum einen ist es weltweit eine der besten Städte zum Leben und zum anderen eine der besten Städte für Radfahrer. Dies äußert sich beispielsweise durch einen 35 Prozent-Anteil des Radverkehrs am Berufs- und Ausbildungsverkehr. Gleichzeitig sinkt jedoch die Anzahl der Fahrten, die mit dem Rad in Kopenhagen unternommen werden. Mit anderen Worten: Die Nutzung des Rads stagniert. Aus diesem Grund muss auch Kopenhagen über die weitere Stadtgestaltung, die vorhandenen und fehlenden Strukturen sowie Verbesserungen für den Radverkehr nachdenken! Denn auch Kopenhagen kann noch von anderen Städten lernen…
Eine Investitionsentscheidung für den Bau von Infrastruktur sollte stets mit Blick auf die Effektivität, die Effizienz und die Alternativen getroffen werden. Wie viele Menschen werden diese Infrastruktur nutzen? Welche Wirkung hat der Bau auf das gesamte Verkehrssystem, die Umwelt, den Wohlstand und den einzelnen Menschen an sich? Manchmal scheint es, dass man Ingenieure, Designer und Architekten an diesen Grundsatz erinnern sollte. Es ist nur allzu verständlich, dass das technisch maximal Machbare, das Spektakuläre und Sensationelle am attraktivsten erscheint. Jedoch ist die Umsetzung dieser Projekte meistens überproportional teuer oder im Ganzen unrealistisch. The Good City könnte bald auch bei uns zu sehen sein.
Lesen Sie unser Interview „Faro Bike Launch“ von João Gonçalves und auch den Kommentar unseres fahrradfahrenden Lissabonner Kollegen Hugo Lopes zum gleichen Thema.
www.bicycleinnovationlab.dk
www.zukunft-mobilitaet.net