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Apocalypse Now?

Samstag, der 18. Januar 2025.

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Die Bilder und Filme aus Kalifornien sind verstörend. Man darf seinen Wald und seine Häuser nicht durch Feuer zerstören lassen. Es gibt Lösungen für diese Waldbrand-Probleme. Gerade in dem Augenblick, in dem wir den zehnten Hochleistungsprinkler in unserem eigenen Wald installieren, erreicht uns die Nachricht, daß bei Los Angeles der Wald und das Gebirge in Flammen stehen und die Winde zu Stürmen mutieren und die Feuer antreiben, die ganze Gemeinden zerstören. Das läßt erahnen, wie es in der Woche vom 3. bis 10. August 2018 bei uns im Monchique Gebirge zuging, als eine Hochspannungsleitung der E-Redes einen Eukalyptusbaum immer wieder berührte und Funkenflug den Waldbrand bei Temperaturen von 44 Grad Celsius auslöste. Als man am Samstag, dem 4. August 2018 um 14 Uhr dachte, das Feuer sei gelöscht, drehte der Wind von Südost auf Nordwest (schaut denn niemand beim Katastrophenschutz den Wetterbericht?) und fachte den gelöschten Waldband wieder an. Dieses Mal brannte es dann richtig und die Feuerwehren waren an jenem Samstagnachmittag schon auf dem Nachhauseweg ins Wochenende. Was haben wir aus den vielen Waldbränden in Monchique, an der Algarve gelernt?

Helf dir selber, nur dann bist du resilient. Nur dann hast du eine Chance. Unter Bedingungen der Klimakrise ist sowohl der Staat, als auch die Politik in diesem Fall die Bürgermeisterin von Los Angeles, der Gouverneur von Kalifornien und ein altersschwacher Präsident der Vereinigten Staaten, machtlos. Wir kennen die Unzulänglichkeiten der Politik in Monchique und Portugal zur Genüge und weil wir Naturschützer sind, kamen wir auf eine ganz spezielle Idee. Zuerst gründeten wir eine Genossenschaft, die sich dazu bekennt, den Wald als schützenswertes Allgemeingut zu betrachten. In ihm leben neben dem Menschen eine ganze Menge andere Tiere und Pflanzen. Wir hatten gerade ein bewaldetes Tal gekauft, das uns in diesem August-Feuer nach vier anderen Waldbränden dieses Mal komplett abbrannte. Ich stand mit einem Gartenschlauch neben hundert Jahre alten Johannisbrotbäumen und löschte das Feuer. Immerhin konnte ich fast die Hälfte unseres Waldes retten. Ich hatte fünf Schläuche zusammengeschlossen und auf diese Weise einen langen 250 Meter-Schlauch zusammenbekommen. Der Wasserdruck wurde am Ende immer geringer und am Ende des Mittwoch, es brannte eine Woche lang, fast zum Ende des Feuers, brach das städtische Wassersystem zusammen und aus dem Schlauch tropfte es nur noch. Soviel zum Thema Politik.

Also, verlasse dich nur auf deine eigenen Kräfte und suche nach ähnlich „gestrickten“ Menschen mit einer Philosophie der kreativen Autonomie. Gehe Kooperationen  ein. Denn Staat und Politik reagieren immer nur, oftmals zu spät und unzulänglich. Und eine inkompetente Bürokratie verschärft die Probleme nur,  statt sie zu lösen. Baue eine große Zisterne, sammele dein eigenes Regenwasser mit den Dachrinnen deines Hauses. Für 50.000 Liter brauchen wir im Jahr nur sechs Regentage. Installiere einen Überlauf und fülle eine weitere Zisterne. Am Ende dieses Konzeptes pflanze einen Baum, dann einen Wald und leite das überschüssige Regenwasser an die Wurzeln deiner Bäume im Garten.

Sammle im Winter Wasser für den nächsten Sommer.

Nimm ein DIN/A4 Blatt Papier und zeichne dein Waldgrundstück auf dieses Blatt Papier und dann markiere die Stellen, wo du mit der Verteidigung gegen mögliche Waldbrände beginnen würdest. Wind und Sturm aus Nord, aus Nordwest und auch aus Nordost? Wie viele Meter sollen die verschiedenen Sprinkler das Regenwasser aus der Zisterne spritzen? Wieviel Liter Wasser verpulverst Du in einer Stunde, brauchst du 25 oder 30 Meter Distanz,  die dich und andere vor dem Feuer schützen? Oder brauchst du mehr Distanz zum Feuer? Du kalkulierst Winde von rund 80 bis 120 Stundenkilometer ein, die das Feuer und die Funken antreiben und du baust dir dein eigenes Resilienz-Antifeuer-System. Es geht eine eineinhalb Zoll Wasserleitung von der Zisterne ab bis zu deinem Kommando, so nennen wir den Bunker, in dem du bequem in einem Sessel sitzt und Wasserhähne öffnest und wieder schließt. Denn der Bunker ist die Zentrale von der die 1 ¼ Zoll Wasserleitungen abgehen. Zu jedem einzelnen Sprinkler geht eine eigene Wasserleitung ab, die unter der Erde verlegt wird. Das ist fast alles, was du während des Waldbrandes tun musst. Aufmerksam sein, eine Gasmaske tragen und feuerfeste Kleidung. Und mache diese Arbeit niemals allein. Vier Augen sehen mehr als zwei! Mach sie zusammen mit einem Freund, mit dem Nachbarn, mit dem Partner gemeinsam. Der Gartenschlauch bleibt nur zur Reserve in der Nähe des Wasserhahns und wird nur dann benutzt, wenn das Feuer eine Fläche erreichen sollte, die die Sprinkler nicht abdecken.

Die Wiederbegrünung der Welt

Die Installation des Anti-Feuer-Systems, das wir WetNet genannt haben, rettet neben Leben besonders die Grundlage des Lebens, den Wald. Es geht darum, ein lange gewachsenes Stück Natur voller Leben zu schützen. Bäume transformieren Kohlendioxyd zu Sauerstoff, unser Lebenselexier zum Atmen. Bäume spenden Schatten und sind bemüht, das Klima auszugleichen. Natur ist immer bemüht, Manien des Menschen auszugleichen, bei den Höhen und Tiefen einen Mittelweg zu finden, wenn man ihn läßt, wenn man den Wald dabei unterstützt, Lebensraum zu bleiben. Wald spendet Lebensmittel: Nüsse, Mandeln, Feigen usw.

Menschen, die in der Stadt leben und Wald nicht kennen, können einem Baum kaum einen Wert zuordnen. Viele versuchen es mit Geld. Aber wir merken recht bald, das man Geld nicht essen kann. Wir müssen den Wald und wir wollen den Wald nicht nur erhalten, sondern die Vielfalt des Waldes garantieren. Wir als Genossenschaft wollten ein System erfinden, mit dem wir unseren Wald vor dem Feuer bewahren können und das nach so vielen Waldbränden in Monchique. Das gab es noch nicht zu kaufen. Also haben wir es uns selbst gemacht. Wir kauften mehr als einen Kilometer Wasserleitungen, biegsame PVC-Wasserleitungen, die einen Druck bis 10 bar aushalten.

Und das haben wir nun und es ist alles fertig installiert. Wir besinnen uns darauf, was unsere Vorfahren im 12. Jahrhundert im Alentejo gemacht haben, im Convento de São Paulo in der Serra da Ossa in der Nähe von Redondo, als die Mönche das Regenwasser des Winters in den Kellerzisternen des heutigen Fünfsternehotels gesammelt haben und auf diese Weise in den heißen und trockenen Sommer-Monaten immer kühles Nass zur Verfügung hatten, auch und insbesondere, um die Gärten in der Trockenzeit zu bewässern. Von irgendwas muss der Mensch ja leben: Kartoffeln, Salate, Tomaten und Zwiebeln und dann Zucchini, Paprika und so vieles andere Gemüse und vor allem Früchte von Fruchtbäumen: Aprikosen, Pfirsiche, Orangen und Zitronen und so weiter: zum Beispiel auch die berühmten Weintrauben für sden Wein.

Wir in Portugal sind so reich, besonders an Geschichte. Wir sollten uns dem nur bewußt sein und uns erinnern. Denn Wasser ist alles und ohne Wasser ist alles nichts. Und mit Wasser löscht man Waldbrände, besonders nässt man Wälder mit Wasser ein, die knochentrocken sind, so daß sich Feuer gar nicht erst ausbreiten können. Und was noch wichtiger ist, das ist die Vielfalt im Wald. Nicht der Eukalyptus bringt uns wirklichen Reichtum, die Vielfalt unterschiedlicher autoktoner Baumarten (z.B. Korkeichen, Kastanien, Johannisbrot-, Mandel- und Feigenbäume u.v.a.) sichert dem Wald die Feuchtigkeit, die er braucht, um nicht immer wieder lichterloh zu brennen. Denn nur Eukalyptus und andere invasive Baumarten saugen die letzten Reserven an Wasser aus den Böden, Bäche trocknen aus und Quellen versiegen. Man muss schon die Zusammenhänge kennen, wenn man in Lissabon Gesetze verabschiedet. Und man sollte sich genau in Feldstudien anschauen, welche Schäden Monokulturen in Portugal und Europa anrichten. Denn Waldbrände haben eine Ursache in dem vom Menschen verursachten Klimawandel. Nächste Woche geht es weiter an dieser Stelle mit dieser Geschichte. Sie hat drei Teile und erzählt die Geschichte des Sprinklers, einer Technik, mit der man Waldbrände löschen kann, wenn man sie richtig installiert und dann vorsichtig anwendet …

Uwe Heitkamp (65)

ausgebildeter Fernsehjournalist, Buchautor und Hobby-Botaniker, Vater zweier erwachsener Kinder, kennt sei 30 Jahren Portugal, Gründer von ECO123.Translations: Dina Adão, John Elliot,  Patrícia Lara

Photos:Titel – Associated Press (AP), Uwe Heitkamp

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