Um die Geschichte der SolarImpulse – des ersten solarbetriebenen Flugzeuges der Welt – zu erzählen, müssen wir sieben Jahre zurück und in die Schweiz gehen. Dort steht die Wiege der Idee. Nach einer langen Vorbereitungszeit, im Sommer 2013, durchflogen jetzt erstmals die beiden Initiatoren des Projektes, die Piloten André Borschberg und Bernard Piccard die USA, von San Franzisco nach New York. Sie legten dabei 5.600 km zurück und kamen auch in schweres Wetter. SolarImpulse, das sowohl tags als auch nachts und nur mit Solarenergie fliegen kann, bewies dabei die Effizienz sauberer Technologien und erneuerbarer Energien.
SolarImpulse nutzt die lange Tradition der Schweiz, in der technologische Innovation, Forschung und unternehmerische Exzellenz Hand in Hand einhergehen. Im Laufe der Jahrhunderte haben die akademischen und wirtschaftlichen Gebiete dieses kleinen Landes eine starke Beziehung miteinander entwickelt. In der Schweiz ist die Zusammenarbeit zwischen den Laboratorien und Universitäten und einigen der weltweit technologisch innovativsten Start-ups und kleinen und mittleren Unternehmen leicht: die ideale Mischung, der Anstoß für ein revolutionäres Projekt. ECO123 sprach mit André Borschberg kurz nach seiner Landung am JFK Flughafen in New York.
Nur Fliegen ist schöner
Wir würden gern ein wenig mehr von Ihnen über Ihren USA-Flug erfahren. Bei der Schweitzer Luftwaffe waren Sie Pilot. Nun fliegen Sie das erste solarbetriebene Flugzeug der Welt. Worin unterscheiden sie sich?
Es gibt viele Ähnlichkeiten aber auch signifikante Unterschiede. Je länger Sie mit der SolarImpulse fliegen, desto voller werden die Batterien des Flugzeugs. Sie heben mit fast leeren Batterien ab, steigen auf eine Höhe von bis zu 10.000 Metern und gleichzeitig füllen sich die Batterien mit Sonnenenergie. Wenn es Nacht wird, haben sie zwei Möglichkeiten. Entweder sie landen und speisen den Strom ins Netz ein oder Sie bleiben in der Luft und fliegen einfach weiter. Das ist so viel anders im Gegensatz zu herkömmlichen Flugzeugen und im speziellen zu Jagdflugzeugen. Deren Flüge sind kurz, der Kerosinverbrauch enorm. Wenn sie nicht achtsam sind, geht ihnen unterwegs der Sprit aus. Das ist die eine Seite. Die andere ist, Geschwindigkeit spielt keine Rolle. Es geht nicht mehr darum, Erster zu werden. Es geht darum, das Ziel zu erreichen.
Als wir die USA überflogen, hatten wir immer sehr viel Zeit, aufgrund des enormen Flugverkehrs. Wir wurden aufgefordert, früh zu starten und spät zu landen, um anderen Flugzeugen auszuweichen. Wir hatten also viel Zeit, die wir gut genutzt haben, auch um den Moment zu genießen. Es ist schon etwas ganz Besonders SolarImpulse zu fliegen. Das ist etwas anderes im Vergleich zu unserem normalen Leben und dem täglichen Aktivitäten. Da sind wir immer in Eile. Wir beschäftigen uns immer mit dem Ziel, dem Ankommen und dem Ende unserer Tätigkeit. SolarImpulse zu fliegen bringt eine fantastische Stimmung.
Die Menschheit muß umdenken lernen. Anstatt schneller und schneller zu werden, nun auf einmal langsamer? Was bedeutet da Ausdauer für Sie?
Mit Ausdauer können wir alles erreichen. Wir überqueren den Ozean zum Beispiel oder wir fliegen idealerweise damit um die Welt ohne Nachtanken zu müssen. Das gibt einem die Freiheit. Natürlich ist das erst der Anfang, ein erster Schritt. Wir leben exakt in einem Zeitfenster wie damals Charles Lindbergh und die Gebrüder Wright. Die waren noch allein im Cockpit, doch es war der erste Schritt, der uns nachher dazu gebracht hat, zum Mond zu fliegen. Ich denke, wir sollten das wiederholen.
Können wir behaupten, Sie fliegen das erste Perpetuo Mobile wie Leonardo da Vinci es sich erträumt hatte?
Wenn sie es so ausdrücken, ja. Es ist auf jeden Fall ein bedeutender Schritt nach vorn. SolarImpulse ist das erste Flugzeug der Welt, das diese Fähigkeit besitzt. Es wird noch seine Zeit brauchen, bis Solarflugzeuge Passagiere und Cargo transportieren können. Aber wir haben bereits jetzt ein Flugzeug, das sehr energieeffizient arbeitet. Wir besitzen die Technologie, die wenig Energie benötigt, um das Flugzeug zum Abheben zu bringen. Diese umweltfreundliche Technik kann in der Navigation, Mobilität, im Hausbau und in vielen anderen Bereichen bereits eingesetzt werden. Das ist ein Schritt, der sofort getan werden kann. Und es ist bewiesen, dass wir wenig Energie benötigen, um zu fliegen. Man kann seine Batterien mit Solarenergie füllen und damit fliegen, solange sie wollen, ohne zu tanken.
Ihr Partner, der Pilot und Heißluftballon-Weltumflieger Bertrand Piccard sagte, jede Schwierigkeit sei eine potenzielle Chance”. Was denken sie ist die größte Herausforderung der Menschheit: saubere Mobilität, den Hunger bannen oder der Mensch selbst?
Ich denke, wir haben noch eine ganze Menge Herausforderungen vor uns. Energie ist überlebenswichtig um Zugang zu so wichtigen Ressourcen wie Nahrungsmitteln und Wasser zu bekommen. Energie ist eine wesentliche Notwendigkeit. Wir stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Entweder produziert die Menschheit mehr und mehr Energie und wir arbeiten an einer effizienteren Versorgung. Oder wir machen genau das Gegenteil davon. Das ist das, was wir mit dem Flugzeug getan haben: wir versuchen den Energiebedarf zu verringern. Um den Bedarf zu verringern, müssen wir existierende Technologien anwenden, die Einsparungen garantieren: bessere Isolierung, ein Lichtsystem, das Wärme vermeidet, superleichtes Baumaterial. Da gibt es so viele Erfindungen, über die wir bereits heute verfügen und die wir sofort umsetzen können. Im Übrigen macht das den Zugang zur Energie billiger.
Wie könnte SolarImpulse eine wirkliche Lösung für die zivile Luftfahrt werden?
Das ist wirklich nur der erste Schritt. Wirklich wichtig für Menschen, die es nicht glauben wollen, dass die Luftfahrt ins solare Zeitalter vorstößt, ist ein Gespräch, das ich mit dem Enkel der Gebrüder Whright in Ohio führen konnte, mit Steve Wright. Er erzählte mir, was er von seinen Großeltern immer hörte war, dass sie sich nicht vorstellen konnten, dass eines Tages die ersten Passagierflugzeuge viele Reisende in weniger als einem Tag über den Atlantik fliegen würden. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass das eines Tages mal möglich sein würde. Wir sind in derselben Situation wie damals, nur 100 Jahre später. Es ist für Laien sehr schwierig einzuschätzen, wie die Technologie sich entwickeln wird. Aber wenn wir heute nicht den ersten Schritt wagen, wird das morgen nie Wirklichkeit werden.
Wie sehen Sie sich selbst, als Luftfahrt-Pionier?
Nun, ich sehe mich selbst als Unternehmer. Das ist das, was ich mein ganzes Leben lang getan habe, an neuen Ideen zu basteln und an neuen Projekten. Ich denke, was wir können ist, viele Menschen gleichzeitig zu inspirieren. Das wäre jedenfalls gut. Wir hatten die Möglichkeit, viele junge Menschen, Schulkinder und Studenten einzuladen, SolarImpulse in San Francisco, Phoenix, Dallas, Saint Louis und Washington zu besuchen. Und na klar, wenn du Kinder und ihre leuchtenden Augen siehst, wenn sie auf so ein Flugzeug gucken, wenn sie begeistert un d beflügelt sind, wie wir auch. Das ist dieses einzigartige, wichtige und wundervolle Gefühl.
Warum tun sie das, was sie machen? Vedienen sie Geld mit ihrer Arbeit?
Da steht ganz sicher kein wirtschaftliches Interesse im Vordergrund. Es ist pure Selbstverwirklichung! Ich kann mir das erlauben, weil ich die Erfahrung und den Hintergrund habe: meine Kindheit, meine Studentenzeit, meine Erfolge als Unternehmer. Das könnte jeder andere auch machen, der Begeisterung mitbrächte und diese vermitteln könnte. Wir feiern heute den 70. Geburtstag des „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry, der dieses Buch in New York geschrieben hat. Es wurde 1943 publiziert. Ich habe gerade eben den Botschafter der Saint-Exupéry-Stiftung hier getroffen. Saint-Exupéry begeisterte so viele Menschen zu seiner Zeit. Er war Pilot und Schriftsteller. Wenn wir es schaffen würden, die Botschaft zu vermitteln, dass unser SolarImpulse Projekt ein humanistisches wäre – und nicht nur eine technologische Entwicklung – würde das eine sehr positive Dimension erreichen. Betrand Piccard und ich wären sehr glücklich.
Sie planen die Weltumrundung mit Ihrem Solarflugzeug. Wann möchten sie das verwirklichen und welche Länder werden sie anfliegen?
Die Weltumrundung mit SolarImpulse kommt definitiv in 2015. Das nächste Jahr geht für Tests mit dem neuen Flugzeug SolarImpulse2 drauf. Wir beabsichtigen, viele Länder miteinander zu verbinden. Wir konzentrieren uns auf die nächste Generation, auf junge Menschen in verschiedenen Ländern: Indien, China, die USA, den Mittleren Osten in verschiedenen Schritten.
Portugal ist das erste Land nach einer Atlantiküberquerung. Sie könnten uns in Lissabon, in Faro, Porto oder Beja mit SolarImpulse besuchen…
Natürlich. Ja. Wenn das Wetter es uns erlaubt. Klar doch.
Dürfen wir sie auf ihrer Weltumrundung mit SolarImpulse in 2015 nach Portugal einladen?
Ja klar, warum nicht. Das ist ein schönes Ziel vor Augen. Wir können sehr gern darüber sprechen, wenn ich zurück in der Schweiz bin.