Auch wenn der Klimawandel globale Dimensionen besitzt, sind die lokalen Auswirkungen äußerst unterschiedlich. ECO123 spricht mit Marcelo Afonso, Stadtrat und Berater des Bürgermeisters im Rathaus von Ansião und begeisterter Nutzer der Wanderwege, die durch den riesigen Eichenwald seiner Gemeinde führen.
Welche Probleme verursacht der Klimawandel in Ansião?
Unsere Bevölkerung ist leider über das ganze Gemeindegebiet verstreut und das Durchschnittsalter nimmt stetig zu, was die notwendige Anpassung an den Klimawandel für uns zu einer noch größeren Herausforderung macht. Wir müssen Verhaltensweisen von Menschen ändern, die bestimmte, über lange Zeiträume entstandene Gewohnheiten nur widerwillig aufgeben. Es fehlt oft an Verständnis, oder die Realität des Klimawandels und die mit ihm verbundene Problematik wird angezweifelt. Viele Leute sind nicht mehr bereit, ihre Lebensweise zu ändern.
Welche Gewohnheiten sind das?
Zum Beispiel befinden sich unsere Häuser in einer ländlichen Umgebung und werden weder beheizt noch sind sie richtig thermisch isoliert. Es wären aber nur geringfügige Änderungen nötig, um die Energieeffizienz zu verbessern. Die Menschen entscheiden sich oft für technologisch veraltete Elektroheizgeräte von geringer Effizienz. Sie verfügen aber auch nicht über die nötige Kaufkraft, um zu investieren. Solarmodule sind zum Beispiel erst ab einer Laufzeit von elf bis fünfzehn Jahren rentabel. Ein 70-jähriger wird also kaum in ein Solarpanel investieren.
Bei den Bränden im Jahr 2017 wurden acht Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Welche Lehren hat Ansião daraus gezogen?
Unsere Erfahrung zeigt, dass die Monokultur von Eukalyptus schädlich, ja sogar gefährlich ist. Sie allein stellt an sich schon eine große Gefahr für Waldbrände dar. Es sind Bäume, die bei der Ausbreitung eines Feuers fast wie ein aktiver Brennstoff wirken. In Pedrógão, das bis nach Figueiró an die Grenze des Landkreises zu Ansião reicht, wurde im ehemaligen Pinienwald deutlich sichtbar, was eine Monokultur, der fast alle Pinien zu Opfer fielen, anrichten kann. Als die Brände Ansião erreichten, trafen sie auf einen Kahlschlaggürtel in Form der A13, die als Puffer für das Feuer dient. Vor allem aber haben wir einen artenvielfältigen Wald und brandresistente Baumarten. Es handelt sich um den größten Zenneichenwald (quercus faginea) des Landes. Es gibt auch Steineichen (quercus ilex), die auf Grund ihrer Nichtbrennbarkeit optimal als Brandbremse wirken.
Wir tun viel auf diesem Gebiet mit unseren Programmen, die die Menschen bei der Anpflanzung von Erdbeerbäumen, Zenneichen und Schirmpinien unterstützen, gerade weil diese Bäume widerstandsfähiger gegen Feuer sind und zu unserem heimischen Wald gehören. Man ist immer gut beraten, heimische Arten anzupflanzen, anstatt andere von irgendwoher zu importieren.
Haben Sie in Ansião bezüglich der Eindämmung des Klimawandels Erfahrungen gemacht, die auch andernorts von Nutzen sein könnten?
Derzeit implementieren wir ein LED-System. Im Gegensatz zu den meisten Systemen, bei denen die Leuchten nur auf LED-Lampen umgestellt wurden, haben wir uns dazu entschieden, ein wenig weiterzugehen und uns die Tatsache zu Nutze zu machen, dass die LEDs Spannungs- und Leuchtdichtevariationen zulassen. Da unser Bezirk sehr weitläufig ist und es Bereiche gibt, die nicht so viel Beleuchtung erfordern, möchten wir durch unsere IOT-Systeme, dem interaktiven “Internet der Dinge”, ein Überwachungssystem implementieren, das es uns ermöglicht, die erforderliche Mindestbeleuchtung zu gewährleisten. Beispielsweise braucht unser Industriegebiet von drei bis sechs Uhr nicht so viel Beleuchtung. Durch die Reduzierung der Leuchtdichte um 40% können wir auch 40% Energie in diesem Gebiet sparen. Dies alles wird durch eine Zentralstelle gesteuert, die wir noch einrichten werden.
Welche Veränderungen wünschen Sie sich in Ansião?
Ein System, das es den Menschen ermöglicht, die Wege zwischen Wohnort und Arbeitsplatz mit Elektroautos zurückzulegen. Dabei geht es um Distanzen von nicht mehr als 40 km pro Tag. Elektromobilität ist für Regionen wie Ansião die perfekte Lösung. Ich wünsche mir, dass sich Menschen auf lange Sicht der grünen Mobilitätsbewegung anschließen und allmählich ihre Fahrzeuge ersetzen. Dadurch würde unser CO2-Fußabdruck reduziert werden. Mit unserem Wald haben wir bereits eine riesige Kohlenstoffsenke. Zusammen mit dem verringerten CO2-Fussabdruck hätten wir eine Bilanz vorzuweisen, die uns in Bezug auf die Klimaschutzziele in eine Spitzenposition bringen würde.
Könnte es Innovationen im Öffentlichen Personennahverkehr geben?
Das ist eine knifflige Frage. In Ansião haben wir keine öffentlichen Verkehrsmittel. Der größte Teil des Landesinneren hat keine öffentlichen Nahverkehrssysteme! Einmal abgesehen vom Schultransport, den wir für die Kinder durchführen und für den zum Großteil schon die Lizenzen vergeben wurden. Unseren Bus würden wir gerne gegen einen elektrischen tauschen, aber bei der sehr geringen Nutzung ist das kaum zu rechtfertigen. Sinnvoller wäre es zum Beispiel bei der Müllabfuhr, die immer noch von uns durchgeführt wird und auf festgelegten Routen erfolgt.
Wäre neben den Schultransporten öffentlicher Personennahverkehr für Ansião wünschenswert und wie wäre das machbar?Das ist natürlich wünschenswert. Das Angebot müsste ausgebaut werden, die Anzahl der Fahrzeuge die – auch auf der IC8 – unterwegs sind, würde abnehmen. Aber die Bevölkerungsdichte ist zu gering. Unser Budget ist so klein, dass wir nicht einmal in einen Bus für den örtlichen Transport der Einwohner investieren können. Der Bevölkerungsschwund ist eine Realität und es ist sehr schwierig, etwas dagegen zu unternehmen, weil es keine Arbeitsplätze gibt.
In Gebieten wie Ansião scheint die dezentrale Energieerzeugung wichtiger zu sein …
Eine Biomasseanlage benötigt aufgrund der Kühlsysteme sehr viel Wasser, das wir leider nicht haben und somit ist das, trotz des großen Potenzials, unmöglich. Es ist, als hätte man viel Kraftstoff im Tank aber keine Benzinpumpe. Deshalb liegt die Lösung für uns in Photovoltaik-Modulen und Windenergie.
Danke.