Kann das Laufen über glühende Kohlen Verbrennungen verursachen?
Ja! Wer es jedoch tut sorgt dafür, dass dies nur selten geschieht. Der Feuerlauf, bei dem die Teilnehmer barfuß über einen Laufsteg aus glühenden Holzkohlestücken gehen, wird seit Jahrhunderten von verschiedenen Kulturen praktiziert. In den letzten Jahrzehnten hat
diese Praxis immer mehr Anhänger gefunden und wird in Seminaren, Workshops oder in Unternehmen angewendet, sowohl zur Förderung
der Persönlichkeitsentwicklung, als auch zum Erreichen bestimmter Zielvorgaben. Pedro Fonseca, der den Sanyas-Namen Kalid angenommen
hat, lebt in seiner Geburtsstadt Lissabon und wurde als einer der ersten Portugiesen Feuerlauftrainer. Der 41-jährige Therapeut präsentiert
diese Technik als Metapher für die Überwindung uns einschränkender Überzeugungen und die Entwicklung persönlicher Fähigkeiten, mit dem
Ziel, dem Leben seiner Teilnehmer mehr Feuer zu geben. ECO123 sprach mit ihm in Faro.
Was ist das Besondere daran, über glühende Kohlen zu laufen??
Etwas zu tun, was uns unmöglich erscheint. Wenn wir am Strand barfuß auf einen glühenden Zigarettenstummel treten, verbrennen
wir uns. Stellen Sie sich nun vor, über einen vier Meter langen rotglühenden Teppich zu laufen, ohne Schaden zu nehmen. Feuer hilft
uns dabei einschränkende Ãœberzeugungen, ein bestimmtes Verhalten, einen erlittenen Schmerz – all das was uns manchmal belastetund wovon wir uns allein nicht befreien können zu überwinden oder zu „verbrennen“..
Feuerlaufen kann Angst machen…
Und man sollte Respekt haben vor dem Feuer. Respekt ist sozusagen eine intelligente Angst. In der Tat zeigt uns Angst oft den Weg. Und eine der Lehren des Feuers besteht darin, sich nicht von Furcht aufhalten oder zurückhalten, sondern sich den Weg zeigen zu lassen. Feuer steht für unsere Ängste und Zweifel und beim Feuerlaufen wird es als Metapher in Bezug auf uns einschränkende Überzeugungen verwendet, das heißt, wenn ich ohne mich zu verbrennen über das Feuer laufen kann, werde ich natürlich auch andere Dinge in meinem Leben, von denen ich dachte sie nicht bewältigen zu können, mit anderen Augen betrachten und diese Erkenntnis in meinem alltäglichen Leben nutzen können
Besteht die Gefahr sich zu verbrennen?
Haben wir das Feuer vor uns, spüren wir Wärme, Begeisterung, Staunen, aber auch Angst, denn das Feuer kann brennen und weh tun. Es ist
Feuer. Ich habe schon Feuerläufer gesehen, die anschließend eine medizinische Behandlung benötigten oder mehrere Brandblasen an den
Füßen hatten, aber das passiert sehr selten. Dann war mit den technischen Voraussetzungen etwas nicht in Ordnung – die Wahl des Bodens, die
Art und Weise, wie das Holz platziert wurde, oder es wurde harzfreies Holz verwendet. Die Teilnehmer werden natürlich vor dem Feuerlauf entsprechend vorbereitet. Trotzdem kann es passieren, dass 100 Menschen keinerlei Verletzungen davontragen, eine Person aber doch Verbrennungen bekommt. Es hat viel mit dem Willen und dem Glauben jedes Einzelnen zu tun.
Wie sieht die Vorbereitung aus?
Die Vorbereitung auf den Feuerlauf umfasst mehrere Phasen, was dabei hilft, selbstauferlegte Begrenzungen hinter sich zu lassen und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken. Indem wir Bretter mit der Hand durchtrennen, können wir erkennen, dass Hindernisse keine finale Barriere sind, sondern überwunden werden können. Gleichzeitig lernen wir, dass Verantwortung in unseren Händen und in unserer Haltung liegt. Betrachten Sie die Hindernisse als Teil der Entwicklung und als Hilfe sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Es gibt ver-
schiedene Techniken, die jedoch nicht immer alle Anwendung finden.
Welche anderen vorbereitenden Techniken gibt es?
Pfeile, die eigentlich zum Bogenschießen dienen, werden mit dem Nacken durchgebrochen. Dabei spielen die Stärke unserer Intention und unser Umgang mit individuellen Einschränkungen, in Bezug auf das zu erreichende persönliche oder berufliche Ziel eine Rolle. Schaffen wir es, den Pfeil zu zerbrechen oder geben wir auf? Bei einer anderen Technik sollen zwei Personen zusammen eine Eisenstange mit dem Hals verbiegen. Etwas, das in Verbindung gebracht werden kann mit den Möglichkeiten der zu erzielenden Ergebnisse eines Unternehmens, die nicht nur von einer Person, sondern von zwei oder einer ganzen Abteilung erarbeitet werden müssen. Manchmal nutze ich auch das Glaslaufen,
das heißt auf Glasscherben zu laufen und hängt mit der Fähigkeit zusammen, unser Denken und unseren Fokus auf die Gegenwart zu konzentrieren. Eine äußerst schwierige Aufgabe, die hundertprozentige Konzentration vor Ort verlangt, in einer Zeit, in der wir fast alle durch Instagram, soziale Netzwerke und Mobiltelefone einer permanenten Ablenkungunterliegen.
Was brauchen wir für einen Feuerlauf?
Wichtig ist die Auswahl des Untergrunds, der Holzart und die Art und Weise, wie das Holz aufgebaut wird, das zum Glühen gebracht werden soll. Am Ende wird ein Teppich gebildet mit einer Länge von drei bis zwölf Metern und einer Breite von ein bis zwei Metern, falls die
Teilnehmer zu zweit nebeneinander laufen möchten. Der Feuerlauf kann eher spirituell sein oder auf ein Unternehmen ausgerichtete Ziele
verfolgen. Den Tibetern beispielsweise diente er zur Meditation und als Achtsamkeitsübung.
Zu welchem Zweck verwenden Unternehmen diese Technik?
Sie hilft oft bei Motivation, Orientierung und bei der Stärkung von Teams oder des Führungspersonals. Es gibt nichts Schlimmeres für einen Teamleiter oder einen Unternehmer, der ein Ziel vor Augen hat, als einen oder mehrere Mitarbeiter zu haben, die nicht an sich oder das zu erreichende Ziel glauben und sich mehr auf die Probleme, als auf deren Lösung konzentrieren. Die Technik hilft allen Beteiligten sich einen Überblick zu verschaffen und Ziele zu erreichen, sowohl im Verkauf, als auch bei termingebundenen Projekten oder wenn es darum geht, multinationale Wettbewerbe zu gewinnen. Oft sagen die Leute, dass sie dies oder jenes nicht können und versuchen sich so aus der Verantwortung zu ziehen. Wir versuchen, die Menschen dazu zu bringen, darüber nachzudenken, was sie tun können und welche Haltung sie dazu haben. Durch dieses Vorgehen ändert sich ihre Einstellung und ihre Denkweise.
Was bedeutet es, das Feuer als Arbeitsmittel einzusetzen?
Feuer ist eines der vier Elemente und einer der Grundpfeiler des Universums und unserer Existenz. Die Alchemisten bezeichneten das Feuer als Mittel der Umwandlung, das Feststoffe in Flüssigkeiten oder Flüssigkeiten in Gase verwandeln kann. Gleichzeitig hat es die Fähigkeit, Materialien und sogar uns selbst zu transformieren, da auch wir aus diesen vier Elementen bestehen. Im Mikrokosmos Mensch spiegelt sich das Universum, mit Feuer, Luft, Wasser und Erde. Ich liebe die Natur und wir können viel von ihr lernen. Feuer ist ein Lehrer, eine Weisheit, es ist eine neutrale Kraft, die entweder kreativ oder destruktiv sein kann, wie unsere innere Kraft, die wir auch in beide Richtungen nutzen können. Es handelt sich um ein uraltes überliefertes Wissen unserer Vorfahren und ein Ritual, das seit Jahrhunderten verfolgt wird.
Wann sind Sie das erste Mal über das Feuer gelaufen?
Das war 2004 und ein Jahr danach habe ich mich dazu entschlossen, das Feuerlaufen zu lernen. Aber erst 2008, nachdem ich mehr Erfahrung gesammelt hatte, habe ich begonnen als Feuerlauftrainer zu arbeiten. Anfangs in Workshops, kurz darauf in kleinen bis hin zu multinationalen Unternehmen der unterschiedlichsten Sektoren, wie beispielsweise Banken, Immobilien, Pharma- und Automobilindustrie. Im Moment bin ich
als Ausbilder für Gruppen von 12 bis zu mehreren Hundert Personen in Portugal und im Ausland tätig. Der größte von mir in Portugal durchgeführte Feuerlauf war bei der Veranstaltung ‘Trata a vida por tu’ mit Daniel Sá Nogueira, im Casino von Estoril. Das waren ungefähr 600 Personen, aber in anderen Ländern habe ich bereits für noch größere Gruppen gearbeitet.
Wo hat dieses Ritual seinen Ursprung?
Schon seit Beginn der Menschheit ist das Feuer in verschiedenen schamanischen Traditionen und Zeremonien weit verbreitet. Der Ursprung ist nicht bekannt; es gibt Aufzeichnungen unterschiedlicher Kulturen auf der ganzen Welt. Erstmals schriftlich erwähnt wurde das Feuerlaufen im antiken Rom. In Indien gab es Brahmanen, die auf dem Feuer liefen; die Kahunas, ein Stamm aus Hawaii, denen viele zuschreiben, die
Weisheit der Ahnen mit sich zu tragen, gingen auf gehärteter extrem heißer Lava. Die Buschmänner der Kalahari-Wüste in Afrika werden Feuertänzer genannt und machen Unglaubliches mit dem Feuer. Für tibetische Buddhisten ist der Feuerlauf ein Beweis ihres Glaubens, in Griechenland gibt es ein jährliches Ritual, bei dem auch Christen über das Feuer laufen, Hindus laufen über das Feuer – in etlichen Religionen gibt es dieses jahrtausendealte Ritual seit vielen Generationen.
Und wie fand das Feuerlaufen seinen Weg in unsere heutige Gesellschaft?
In den 70er Jahren hat der Amerikaner Tolly Burkan in einem buddhistischen Tempel einen Feuerlauf gemacht, durch den sich sein Leben veränderte. Er hatte sich kurz danach entschlossen, das Feuerlaufen zu erlernen, begann in den USA Workshops für kleinere Gruppen anzubieten und konnte dann auch schnell in großen Unternehmen zu teambildenden Maßnahmen unterrichten. Anthony Robbins, der bei Tolly Burkan gelernt hatte, wurde später einer der angesehensten Trainer der Welt.
Bringt der Feuerlauf nur Vorteile oder kann er auch gesundheitsschädlich sein?
Die Verantwortung steht an erster Stelle, denn es handelt sich bei den Veranstaltungen um ein Angebot. Die Teilnahme erfolgt auf freiwilliger,
verantwortungsbewusster Basis, die Teilnehmer müssen auf mich und auch auf ihre innere Stimme hören und auf positive wie negative
Aspekte vorbereitet sein. Im schlimmsten Fall können sie sich Verbrennungen zuziehen und müssen bereit sein, die Verantwortung
dafür zu übernehmen. Sollten sie darauf nicht vorbereitet sein, werde ich sie nicht über den Feuerteppich gehen lassen. Wenn die Teilnehmer das Risiko, sich zu verbrennen nicht in Kauf nehmen, macht diese Übung keinen Sinn. Es hängt mit unserer Gewissheit zusammen, mit unserem Glauben und unserer Überzeugung, ob es uns gelingt, die Hürde zu überwinden. Wenn wir glauben, dass in unserem Leben etwas schief geht, dann schaffen wir auch die entsprechende Realität – und umgekehrt.
Danke