In Coruche wird auf kommunaler Ebene eine Strategie zur Senkung des Verbrauchs und zur besseren Wiederverwendung von Ressourcen auf den Weg gebracht. In einer Gemeinde, die sich mit Problemen wie der Versteppung, einer alternden Bevölkerung und dem Verschwinden der landwirtschaftlichen Familienbetriebe auseinandersetzen muss, gibt es bei der Einführung grundlegender Veränderungen so manche Startschwierigkeiten. Ein Gespräch mit Patrícia Moreira, die sich mit Raumordnung und Flächennutzungsplanung beschäftigt und Rosa Lopes, zuständig für Abfallwirtschaft sowie Energie- und Wassereffizienz.
In Coruche begann das vergangene Jahr mit Überschwemmungen und später wurden Rekordtemperaturen mit bis zu 46º an manchen Tagen gemessen. Was denken Sie in Anbetracht dessen über den Klimawandel?
Rosa Lopes: Der ist unbestreitbar Realität und kein Mythos. Die Kommunen müssen sich anpassen und öffentliche Gebäude sowie städtischen Raum widerstandsfähiger gegen den Klimawandel machen. Das ist offensichtlich.
Patrícia Moreira: Bereits 2017 gab es eine Dürre, in der Viseu mit Hilfe öffentlicher Wasservorräte versorgt werden musste. Es war erschreckend, weil einer der größten Stauseen in der Region, der Stausee Monte da Barca, ausgetrocknet war! Das trieb uns Tränen in die Augen.
Sehr viele Korkeichen sind abgestorben. Im letzten Jahr wurde wegen der starken Hitzewelle, die auch nachts keine Abkühlung brachte, mehrere Tage über uns im Fernsehen berichtet. Die Medien spielen eine sehr wichtige Rolle. Coruche ist die Gemeinde mit der höchsten Alterungsrate in der Region; ich möchte hierzu ein persönliches Beispiel schildern: meine Schwiegermutter, eine sehr starke und widerstandsfähige Frau vom Land, sagte zum ersten Mal in ihrem Leben, dass sie wegen der Hitze in Panik gerate. Wir hatten auch einen Tornado und andere ex-
treme Ereignisse zu verzeichnen. Diese neue Situation verändert die Lebensbedingungen der Bevölkerung. Ältere Mitmenschen haben darunter am meisten zu leiden. Das müssen wir natürlich berücksichtigen und die entsprechenden Maßnahmen einleiten.
Sie sind eine der 26 Gemeinden, die sich am Climate-ADAPT-Programm beteiligen und gerade eine kommunale Strategie zur Anpassung an den Klimawandel ausgearbeitet haben …
Patrícia Moreira: Ja, unser Ziel ist es, die ausgearbeitete Strategie in interkommunaler Zusammenarbeit dann auch in der Region Lezíria do Tejo anzuwenden.
Worin bestehen die wesentlichen Schritte?
Rosa Lopes: Es gibt 47 Einzelmaßnahmen…! Diese sind auf die drei Pfeiler – Wald, Energie und Gesundheit – verteilt. Zum Bereich Wald gehören Raumplanung und Bewirtschaftungspläne, im Bereich Energie geht es um die Emission von Treibhausgasen und auf dem Gebiet der Gesundheit stehen die besonderen Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung im Fokus.
Wir hatten einige Projekte im Bereich der Energieeffizienz. Die öffentliche Beleuchtung haben wir bereits komplett auf LEDs umgestellt, öffentliche Gebäude verfügen über Solar- und Photovoltaikmodule zur Energieerzeugung, und wir haben jetzt Arbeiten zur Umstrukturierung und Sanierung öffentlicher Gebäude in Bezug auf Effizienz und Verbrauchsreduzierung ausgeschrieben.
Patrícia Moreira: Derzeit überarbeiten wir den PDM (Flächennutzungsplan) auf der Grundlage neuer Kompetenzen der Rathäuser bei der Raumplanung von Landwirtschafts – und Waldgebieten. In der Landwirtschaft haben wir das Thema Wassermanagement – Wasser ist eine zunehmend knappe Ressource. In Coruche befindet sich einer der größten Grundwasserleiter, der jedoch durch unsachgemäße Inanspruchnahme im Bereich Landwirtschaft und durch Veränderungen der Wassereinzugsgebiete in Gefahr geraten könnte.
In Bezug auf die Waldbewirtschaftung gibt es Dörfer, die zu einem gewissen Grad unter Versteppung zu leiden haben und eine zunehmende Ausbreitung leicht brennbarer Arten – im Wesentlichen Eukalyptus und Pinien – bis in die unmittelbare Nähe ländlicher Siedlungen. Mit signifikantem Temperaturanstieg und starker Abnahme der Niederschläge wird die Häufigkeit der Brände zunehmen.
Gibt es schon Ideen, was man dagegen tun kann?
Patrícia Moreira: Gesetzlich vorgeschrieben sind 100 Meter breite Brandschutzstreifen. In den Medien wird auch immer wieder gerne darauf hingewiesen, dass die Leute die Bereiche rund um ihre Häuser von brennbarem Material befreien müssen. Aber wenn diese Maßnahmen nicht mit anderen, wie zum Beispiel der Unterbrechung von Waldflächen und der Wiedernutzbarmachung der Flusstäler verbunden wird… Früher wurden diese Flusstäler landwirtschaftlich genutzt und bepflanzt, heute jedoch sind sie verwahrlost bilden mit ihrem Gestrüpp perfekte Autobahnen für die Ausbreitung der Brände. Das Problem besteht darin, dass auch bestens ausgearbeitete Pläne wertlos sind, wenn Privatpersonen nicht sensibilisiert werden und die entsprechenden Verfahrensweisen keine Anwendung finden. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Wald ein wichtiges, nicht zu vernachlässigendes Einkommen für Familien ist. Früher wurde Landwirtschaft und Weinbau betrieben, heute kann die schwere Arbeit von den Älteren nicht mehr geleistet werden und die Kinder sind nicht mehr da … Also werden Bäume gepflanzt, die schon nach ein paar Jahren wirtschaftlichen Ertrag bringen
Gibt es Unterstützung für landwirtschaftliche Familienbetriebe?
Patrícia Moreira: In unserer Gemeinde gibt es das nicht. Die älteren Menschen haben immer noch ihre Landwirtschaft, von der sich die Jüngeren zunehmend abwenden – zum einen, weil in ihrer Vorstellung Gemüseanbau mit finanziellen Schwierigkeiten verbunden ist und sie das Stadtleben bevorzugen. Wir haben städtische Gemüsegärten, aber nur in sehr kleinem Umfang.
Die “foros” sind typische Siedlungen des Ribatejo, die in den weniger fruchtbaren Gebieten großer Ländereien zu finden sind. Das sind unsere Dörfer. Jedes “foro” hatte etwa fünf Hektar, jede Familie ein bisschen Land und es wurde Landwirtschaft zur Selbstversorgung von der älteren Bevölkerung betrieben und später nach und nach aufgegeben. Jetzt haben wir das Problem, dass diese verlassenen ehemaligen landwirtschaftlichen Gebiete zur Eukalyptuspflanzung genutzt werden.
Was kann getan werden, um diese Abwanderung zu stoppen und die Ansiedlung landwirtschaftlicher Betriebe zu fördern?
Patrícia Moreira: Das ist schwierig. Die Landflucht ist von enormem Ausmaß. Es wird zunehmend wichtiger, die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren.
Können Sie uns konkrete Beispiele für Maßnahmen nennen, die von der Gemeinde ergriffen werden?
Rosa Lopes: An den Gebäuden beispielsweise: Austausch von Glasfenstern, Einbau von Fenstern mit Thermoschnitt, Austausch von Dächern, Anbringen einer Außendämmung. In Schwimmbädern werden wir die Pumpen gegen neue austauschen, die viel weniger verbrauchen als die zurzeit Genutzten. Die Wasserfläche wird nachts abgedeckt, um Temperaturverluste zu vermeiden. Das Abwasser aus den Bädern wird zur Bewässerung und zur Versorgung der Feuerwehrfahrzeuge wiederverwendet.
Die bestehende Gebäudebeleuchtung wird durch LEDs ersetzt. Effizientere elektrische Geräte mit Zeitschaltuhren kommen zum Einsatz. Unsachgemäßer Umgang mit Energie und speziell deren Verschwendung müssen vermieden werden.
Sollen kleinere und lokale Unternehmen bevorzugt werden, um weniger auf große multinationale Konzerne angewiesen zu sein?
Rosa Lopes: Das hat mit dem Wettbewerb zu tun, dem wir keine Einschränkungen auferlegen dürfen. In einigen Bereichen ist dies zwar möglich, aber es gibt ein Gesetz für öffentliche Ausschreibungen, das sehr schwer zu umgehen ist.
In Bezug auf die Abfallbeseitigung herrscht im größten Teil unseres Landes die Praxis vor, organische und nicht organische Abfälle zu mischen und auf der Mülldeponie zu entsorgen. Es ist geplant in Coruche mit der Mülltrennung zu beginnen.
Ein interkommunales Unternehmen in den zwei Gemeinden, Coruche und Almeirim, wird die Abfallsammlung mit einem ganzheitlichen System übernehmen und den getrennten Müll vor der Haustür abholen. Es ist erwiesen, dass auf diese Weise gesammelte Abfälle sowohl für die biologische Nutzung als auch für das Recycling von höherer Qualität sind. Das Projekt soll Anfang 2019 als Pilotprojekt starten und dann erweitert werden. Die ersten Monate sind für Aufklärung, Information und zur Klärung von Fragen vorgesehen, und in der zweiten Hälfte dieses Jahres können wir dann loslegen.
Wie wird der Abfall verwertet?
Rosa Lopes: Organischer Abfall dient der Herstellung von Kompost, der andere wird recycelt. Diese Aufgabe übernimmt nicht das Rathaus, sondern erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Resitejo (Vereinigung zur Entsorgung und Verwertung von Abfall), die für die Verwertung organischer Abfälle zuständig ist.
Und sie wollen auch die Kompostierung in Privathaushalten fördern.
Rosa Lopes: Ja, dieses Kompostierungsprojekt wird gestartet. Es beginnt in einem Wohngebiet, vor allem in Einzelhäusern, wo es leicht ist, Kompost anzulegen.
Danke.