Monchique ist eine der am stärksten von der Landflucht betroffenen Gemeinden im Portugal. In den letzten vierzig Jahren hat sich die Einwohnerzahl halbiert und liegt derzeit bei etwa fünftausend Menschen. Um diesem Trend etwas entgegenzusetzen und mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung der Algarve-Gemeinde in den kommenden Jahrzehnten, schafft die Stadtverwaltung Anreize für Bindung und Zuwachs der Bevölkerung. Sie vergibt Fördermittel zum Bau und zur Renovierung von Immobilien, ermöglicht eine Befreiung von kommunalen Steuern und Abgaben und, neben weiteren Initiativen, spendiert den Architektenplan und weitere technische Unterstützung für diejenigen, die sich in Monchique niederlassen möchten. Aber werden diese Maßnahmen ausreichen, um diese stetige, in den letzten Jahrzehnten sich beschleunigende Entwicklung umzukehren? ECO123 sprach mit dem Bürgermeister Rui André.
Monchique ist eine der am meisten gealterten und entvölkerten Gemeinden Portugals. Wie versuchen die Entscheidungsträger, dem entgegenzuwirken?
Der starke Rückgang der Einwohnerzahl stagniert im Moment, weil die Gemeinde es geschafft hat, Monchique als lebenswerten Ort bekannt zu machen, wodurch viele Menschen von außerhalb angezogen werden, nicht nur Ausländer, sondern auch Portugiesen. Mit Schwerpunkt auf die Bindung unserer Jugendlichen gestalten wir Voraussetzungen, damit sie nicht fortziehen müssen. Durch die Krise haben die Menschen erkannt, dass auch ihre Heimat großes Potenzial bietet. Viele junge Leute steigen in das Geschäft ihrer Eltern ein und bleiben auf dem Land, das sie von der Familie geerbt haben. Früher sah alles verlassen aus, aber nun sieht man schon wieder bewirtschaftete Felder und neue Läden. Allein in den letzten zwei Monaten wurden in Monchique an die zehn neue Geschäfte eröffnet.
Immer noch bevorzugen es viele Menschen, die in Monchique arbeiten, in benachbarten Gemeinden wie Portimão zu wohnen.
Es ist schon nicht mehr ganz so extrem wie früher. Die Zahl der Geburten ist zwar immer noch geringer als die Zahl der Todesfälle, wird aber bald im Gleichgewicht sein. Sie hat zugenommen, seit wir uns entschlossen haben, Geburten finanziell zu unterstützen, aber nicht nur dadurch. Als ich Bürgermeister wurde, befand sich ein Drittel der Angestellten der Stadtverwaltung in ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen. Im Moment haben alle feste Arbeitsplätze. Viele der Neugeborenen sind Kinder dieser Angestellten, weil die Arbeitsplatzsicherheit ein wichtiger Faktor bei der Geburtenrate ist. Wir offerieren zum Beispiel auch Hilfen wie die Vergabe des “Baby-Schecks” im Wert von 500 € für Einkäufe in hiesigen Läden, Unterstützung bei der Tagesbetreuung und kostenlose Schulbücher bis zur 9. Klasse.
Und welche Schritte werden unternommen, um junge Menschen in der Gemeinde zu halten?
Wir haben eine Reihe von Programmen entworfen, die dazu dienen sollen, dass Jugendliche im Landkreis bleiben. Das Programm “Habita Jovem’, voll finanziert durch die Stadtverwaltung, bietet jedem jungen Menschen, der in Monchique ein Haus kaufen oder ein Haus bewohnen will, eine direkte Beihilfe von 5.000 Euro, die bis auf 15.000 Euro angehoben werden kann, wenn es sich um eine sogenannte Ruine handelt. Wenn ein junger Mensch oder ein Paar ein Haus bauen möchte, offeriert die Stadtverwaltung den Bauantrag. Wir haben bereits ausgearbeitete Projekte für T2- oder T3-Wohnungen (2 bzw. 3 Schlafzimmer). Wenn jemand seine eigenen Vorstellungen verwirklichen möchte, stellen wir ihm einen Architekten, der mit ihm zusammen einen Plan entwickelt und das gesamte Projekt begleitet. Wir offerieren auch andere Hilfen, Gebührenbefreiungen, sogenannte Ruine. Die Gemeinde bemüht sich wirklich sehr darum, dass die jungen Menschen in der Gemeinde bleiben.
Welche anderen Ideen, abgesehen von der Unterstützung junger Menschen, hat die Stadtverwaltung, um das Problem der leer stehenden Häusern zu lösen?
Es gibt Kontrollmechanismen, insbesondere die Kommunale Grundsteuer (IMI), bei der unbewohnte Gebäude einer höheren Steuer unterliegen. In Monchique ist es kurioserweise so, dass die Leute es vorziehen, ihre Sachen zu behalten, anstatt sie zu verkaufen, wenn sie sie nicht mehr benutzen. Seit die Grundsteuer angehoben wurde, überlegen es sich die Leute zweimal. Es lässt sich bereits eine Veränderung in der Mentalität feststellen, und mehr und mehr Menschen setzen die Häuser wieder instand. Vor ein paar Jahren ging der Trend dahin, ein Haus in einer abgelegenen Gegend zu kaufen. Aber heute denken die Menschen urbaner und ich sehe, dass junge Paare am liebsten mitten in der Stadt wohnen, damit ihre Kinder zu Fuß zur Schule gehen können. In Monchique ist die Lage nicht besonders gravierend, aber zwischen den Häusern liegen einzelne Gebäude, die saniert werden sollten.
Nach dem Nationalen Plan zur Stadterneuerung und Wohnungspolitik gibt es auch verschiedene Fördermaßnahmen von Seiten der Regierung.
Im Moment gibt es bei der CRESC Algarve 2020 (Regionales Nachhaltigkeitsprogramm für die Algarve) ein Budget zur Stadterneuerung, aber vier Algarve-Gemeinden – Monchique, Aljezur, Vila do Bispo und Alcoutim – sind aus diesem Projekt ausgeschlossen, weil sie nach der CCDR (Kommission für Koordinierung und regionale Entwicklung der Algarve) nicht die entsprechenden Merkmale erfüllen. Das behindert in gewisser Weise die Ausarbeitung eines Aktionsplans zur Stadterneuerung (PARU). Und es wirkt sich sowohl in der Stadtverwaltung wie auch für private Investitionen bremsend aus. Wir unternehmen mit der Unterstützung von AMAL (Verband der Algarve-Gemeinden) Schritte, um diese Situation zu verändern, und werden uns verstärkt bemühen, Projekte in diesem Bereich zu entwickeln.
Gibt es Richtlinien für die Stadterneuerung, um die traditionelle Architekturlinie im Stadtbild zu erhalten?
Wir raten dazu, aber auch die Bauherren achten bei der Restaurierung immer mehr selbst auch darauf, das Alte zu erhalten. Nach den Richtlinien ist es für die Erteilung einer Genehmigung erforderlich, die Fassade zu erhalten. Manchmal nutzen wir natürlich die Gelegenheit, einige Dinge zu korrigieren, wie z.B. Aluminiumtüren mit Türen aus anderen Materialien zu ersetzen. In der Frage der Klassifikationen, sei es in Bezug auf Kamine oder manche historischen Gebäude, haben wir die Einstufungen bereits vorgenommen.
Weist die Baubehörde in Bezug auf die Baumaterialien darauf hin, möglichst örtlichen Rohstoffen den Vorzug zu geben?
In unseren Vorschriften regen wir zu Verwendung der beiden folgenden Baustoffe an: Holz oder unser Granit. Das Bauen unterliegt einer Menge Beschränkungen, da der Kreis fast vollständig als Landwirtschafts- bzw. Naturschutzgebiet ausgewiesen ist und jeder, der ein Haus wieder aufbauen möchte, davon betroffen ist. Wenn Sie zum Beispiel eine Ruine kaufen, ist eine Erweiterung der Wohnfläche auf maximal das Doppelte begrenzt. Da wir diese Regeln nicht ändern können, würden wir zumindest gern erreichen, dass Konstruktionen aus Stampflehm oder anderen hiesigen Materialien nicht auf die zulassungspflichtige Fläche angerechnet werden. Das wäre ein sehr wichtiger Punkt, den ich für Monchique klären möchte, damit man zu einer gesunden Bauweise mit einem natürlichen Baustoff zurückkehren kann, nämlich Lehm, und nicht Ziegelsteine und Zement.
Abgesehen von den traditionellen Wirtschaftssektoren von Monchique, welche anderen Unternehmen entstehen im Landkreis?
Monchique hat ein großes Potenzial, aber das kann nicht nur in Wurstwaren, Medronho und der damit verbundenen intensiven Schweinemast und industriellem Eukalyptus liegen. Wir haben eine Reihe von Strategien und Programmen entwickelt, die auf vier Bereiche des Tourismus abzielen: Natur, Wellness bzw. Gesundheit, Gastronomie und Kultur. Wir beziehen die lokalen Akteure, die Einwohner, die Wirtschaft und Verbände mit ein, und heute ist Monchique eine Gemeinde mit einem qualifizierten touristischen Angebot, das die Region bereichert, als Alternative zu Sonne & Strand der Küstenregion.
Und hat sich das irgendwie auf die Situation ausgewirkt?
Monchique ist jetzt nicht mehr nur ein Ort, wo man einmal auf den Fóia (902 m Höhe) fährt und dann wieder weg, wie es in der Vergangenheit der Fall war, weil es nichts weiter zu tun oder zu sehen gab. In den Bergen gibt es jetzt eine ganze Reihe von markierten, beschilderten oder geführten Wanderwegen. Im Bereich Gesundheit und Wellness sind wir die einzige Gemeinde im Süden von Portugal und Spanien mit heißen Quellen, die schon seit der Römerzeit diesen Ort berühmt gemacht haben. Wir setzen auch auf die Erhöhung der Bettenzahl in der Region, auf lokale Fremdenverkehrsangebote, auf Urlaub auf dem Bauernhof und Unterkünfte im Ort, von denen es in der Gemeinde derzeit an die 70 gibt und die hauptsächlich in den letzten Jahren geschaffen wurden. Dadurch, dass unser Ausländeranteil bei fast 20% liegt, gibt es eine Menge Leute, die Angebote im Bereich Klangtherapie, Kunsttherapie und Ähnliches entwickelt haben. Und wir haben das tibetanische Buddhismuszentrum Karuna für spirituelles Wohlbefinden.
Hat der Zuzug von mehr jungen Leuten und von Menschen anderer Nationalitäten in Monchique zu einer Belebung des Landkreises beigetragen?
Einige Ideen entwickelten sich aus dem Kontakt mit Händlern, zum Beispiel die Idee mit den Blumen. Ein Kaufmann erzählte mir, dass die Leute auch auf uns zukommen und uns Anregungen geben. Deshalb bin ich sehr froh, neue Bürger begrüßen zu können, die Geschäfte eröffnen, junge Paare, die sich hier ein Haus kaufen und sich niederlassen und auch hier arbeiten. Gerade das ist sehr wichtig für mich. Wir müssen unsere Pläne mit ihnen gemeinsam machen, damit sie ihre Ideen umsetzen können. In nächsten Sommer möchten wir an Samstagabenden die Türen geöffnet halten. Also organisieren wir Straßenfeste. Endlich erscheinen hier mehr und mehr Leute mit dieser Mentalität.
Diese neue Entwicklung erfordert auch mehr kulturelle Veranstaltungen. Wird das alte Gemeindschaftshaus dabei nicht ein wenig vernachlässigt?
Das dörfliche Gemeinschaftshaus von Monchique wird nach wie vor benutzt. Dort sind unter anderem die Segurança Social (Sozialversicherungsamt) und das Jornal de Monchique (eine lokale Zeitung) untergebracht. Wir verhandeln gerade mit der Segurança Social, um das Gebäude in den Besitz der Gemeinde zu überführen, um es dann neu zu gestalten. Wir haben vor, den Ort wieder in einen Saal für hauptsächlich kulturelle Veranstaltungen umzuwandeln. Dann muss auch das Jornal de Monchique einen anderen Platz finden. Wir hoffen, dass es im nächsten Jahr soweit sein wird.
Wird nach Abschluss der Arbeiten die Segurança Social dort bleiben können?
Ja. Vereinbart wurde eine horizontale Teilung des Gebäudes: Die Gemeinde benutzt den oberen Teil, während die Segurança Social im Erdgeschoss bleibt.
In Bezug auf Stimuli sagten Sie, dass diese zur Förderung von Geschäftsideen bereits existieren. Aber wie genau wollen Sie neue Investoren anziehen?
Wir haben einen Wettbewerb für neue Geschäftsideen ausgerufen mit dem Namen „Monchique – kreativ und unternehmerfreundlich”. Auf den Gewinner wartet eine Geldprämie, die zum einen Teil für die Idee, zum anderen Teil für die praktische Umsetzung vergeben wird. Aber wir geben Geschäften keine direkte Unterstützung mit Geld, zum Beispiel für die Eröffnung eines Ladens. Das Büro der Initiative „Monchique Investiert“, das seit drei Jahren tätig ist, hat sich in erster Linie mit Beratungen als nützlich erwiesen, für Handeltreibende, für Unternehmer und auch für Anleger, also Menschen, die in unserem Landkreis investieren wollen.
Und welche Anstrengungen sind im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen unternommen worden?
Wir konzentrieren uns sehr auf Arbeitsplatzbeschaffung, die auf den hier ortstypischen Produkten basiert. Das beginnt mit unseren hochwertigen landwirtschaftlichen Rohstoffen und der Herstellung von Agrarprodukten, wie Wurstwaren, Medronho u.ä. in kleinen Betriebseinheiten. Des Weiteren möchten wir die Weiterverarbeitung von Holz und Stein fördern. Wir haben hier im Landkreis die Möglichkeit, kleine Werkstätten dafür zu installieren. Deshalb sind wir dabei, in Monchique ein sogenanntes Industriegebiet auszuweisen und ein „Start-Up“, eine Art “Business-Center”, das junge Unternehmen anziehen soll. Junge Menschen, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben, können hier ihren Betrieb zur Verarbeitung und Wertsteigerung der lokalen Ressourcen errichten.
Monchique ist auch berühmt für sein Wasser und gewann damit sogar ein neues Image. Ist dieser Sektor weiterhin im Wachsen begriffen?
Früher wurde von Monchique immer im Zusammenhang mit Wurst und Medronho gesprochen. Heute kennt jeder sein Wasser, nicht nur in Bezug auf seine Thermen, sondern auf das in Flaschen überall erhältliche Mineralwasser. Unser Wasser ist besonders gesund, wird sogar von Ärzten empfohlen und das Geschäft damit wird weiter expandieren. Voraussichtlich soll wegen des weltweiten Erfolgs eine weitere Abfüllanlage gebaut werden. Zurzeit gehen 30% der Produktion nach Macau.
Ein weiteres wichtiges Ausgangsprodukt ist der Granit von Monchique.
Auch durch den Nephelinsyenit (Granit) ist der Name Monchique über die Landesgrenzen hinweg bekannt. Ich erinnere mich noch, wie in den 80er Jahren der als Vorläufer des Brutalismus-Stils bekannte Architekt Kenzo begann, Granit in Monchique einzukaufen. Die Bank von Japan wurde mit ihm gebaut. Und ab diesem Zeitpunkt nahmen die Käufe aus Japan und China immens zu; derzeit sind 90% der Produktion für China bestimmt.
Wir können dieses Gespräch auf keinen Fall beenden, ohne auch über den Medronho zu sprechen.
Wir haben zur Zeit 85 Destillen im Landkreis. Die Kommune entbürokratisierte den Prozess der Legalisierung von kleinen Brennereien, die vom Vater auf den Sohn übergehen. Heute kümmern sich junge Leute um das Land, pflanzen neue Medronhosträucher und verkaufen weiterhin unter ihrer Bezeichnung, der Marke ihrer Familie, Medronho.
Câmara de Monchique
www.cm-monchique.pt