São Bartolomeu de Messines ist die Stadt des Schriftstellers, Pädagogen und Juristen João de Deus Ramos, der hier im Jahr 1830 geboren wurde und damals landesweite Bedeutung mit seinem Bildungsprogramm für Kinder und Erwachsene erringt. Er studiert Recht in Coimbra und stirbt 1896 in Lissabon. Das lese ich bei meiner Ankunft vor dem Casa do Povo, dem Haus des Volkes. Gemeißelt in Stein. Vielleicht täusche ich mich, aber ich habe den Eindruck, daß Messines mehr als nur eine von sieben Gemeinden der alten Hauptstadt der Algarve sein möchte. Wenn ich mich also nicht täusche, wäre Messines gern eine Kreisstadt, unabhängiger von Silves. Aber vielleicht irre ich mich ja …
Bis Messines sind es jedoch noch etwas mehr als 15 km. Und so beginne ich meinen dritten Tag allein am Weg vom Picknickplatz am Ende des Funcho Stausees. Es führt ein Wirtschaftsweg, der sowohl von der Feuerwehr als auch von Jeep Safaris benutzt wird, als Wanderweg bis nach Furadouro, einem vorgelagerten Stadtteil auf der anderen Seite der Bahngleise. Denn von Porto im Norden kommend erreicht der 5 Uhr Alfa Pendula Morgenzug hier bereits gegen elf Uhr die Algarve. Noch eine halbe Stunde sind es bis Faro, wo der Schnellzug, der mitunter 220 km/h Geschwindigkeit erreicht, in seinen Bestimmungsbahnhof einfährt. Anhalten, Schauen und Hören (Pare, Escute e Olhe) soll man am Fußgängerübergang schon lange vor dem Bahnhof.
Der Tag beginnt und ich stelle eine viel größere Diversität als an den Tagen zuvor fest. Nach sechs Kilometern erreiche ich eine Wiederaufforstung mit Schirmpinien, zwar auch als Monokultur aber wenigstens eine heimische Baumart. Sowohl das Nord- als auch das Südufer sind damit bepflanzt. Korkeichen, Steineichen und jede Menge diverses Buschwerk säumen den Weg.
Der See, der in den 60er Jahren des letzten Jahhunderts mit Hilfe deutscher Ingenieurskunst erbaut wurde, erstreckt sich über eine Länge von mehr als zehn Kilometern. Der Weg schmiegt sich an die Ufer des Sees und ist bezaubernd schön. Leider hat die deutsche Ingenieurskunst die Turbinen zur Produktion von sauberer Elektrizität vergessen. Am südwestlichen Ufer des Sees leben drei Familien in schönen Häusern mit Zugang zum See. Von Westen kommend, nach Osten strebend, ist der Fußgänger nach kurzer Zeit wieder mit sich allein unterwegs. Die Stille und die kurzen Wellen die sich am Ufer brechen, sind die einzigen Geräusche, die ich erlebe. Die Wiederkehr der Vögel, fällt mir auf. Es gibt so gut wie keine Fliegen, die den Wanderer piesacken. Insekten bieten Vögeln sicherlich ungewollt eine gute Nahrungsgrundlage. Eine Region, die sich zudem selbst ernähren kann, beherbergt eine gesunde lokale Wirtschaft. Messines hat eine Olivenölmühle, sie ist eine von den noch vier existierenden Olivenölmühlen der Algarve in Monchique, Moncarapacho und Sao Bras Alportel.
Die Eichen, zumeist Korkeichen, die am Ufer stehen, bieten mir großzügig ihre Geschenke in Form von Eicheln am Boden meines Weges an. Und es sind große, dicke, pralle, lange, schlanke und dunkle Eicheln, mit und ohne Pfeife, die jene Bäume abwerfen, denn sie bekommen mit ihren Wurzeln genügend Wasser, um gesund leben zu können. Der Boden ist übersät von Eicheln. Schon nach kurzer Zeit habe ich beide Hosentaschen prall gefüllt. Die Vielzahl der wild wachsenden, unterschiedlichen Eichenarten, die hier noch stehen, überrascht, denn die Waldbrände von Monchique waren auch bis hierher vorgedrungen. Der Funcho-See ist der vermutlich schönste aller Stauseen der Algarve. Es liegt eine Ruhe über dem See, die sich auf die Besucher des Weges überträgt. Manchmal stehe ich ganz still und horche in die Natur hinein.
Der Weg führt nach acht Kilometern vom Ufer weg. Der Pfad ist jetzt breiter und wird bisweilen auch von PKWs benutzt. Irgendwann geht der Pfad in eine Teerstraße über und kommt ins Vale Bravo und über Pedreiras nach Barradas und Furadouro. Die letzten drei Kilometer führt die Via Algarviana über geteerte Straßen. Briefkästen von vielen einsamen Seelen hängen an Straßenkreuzungen und machen es den Briefträgern einfacher, die über viele km verstreuten Häuser in der Natur mit Post zu beliefern. Etwas ändert sich langsam, aber auf einmal ist es da. Die Lautstärke beginnt mit dem Autoverkehr. Motorengeräusche in seiner ganzen Vielfalt. Ich überquere die Bahnschranke für Fußgänger und erreiche das Casa do Povo und das Café Jorge gleich nebenan. Die Stadt hat sich einen spröden Charme als Zentrum für Landwirtschaft und Landmaschinen bewahrt. Händler mit Reparaturwerkstätten für Landmaschinen, ein lokaler Markt und reger Verkehr weisen dem Besucher, daß die Gemeinde mit ihren 8.000 Einwohnern noch ohne Tourismus auskommt.
Im Casa do Povo, in dem Kinder in einem Kindergarten betreut werden, Schülern Nachhilfe gegeben wird, Sportveranstaltungen stattfinden und es eine Cafétaria gibt, können auch Wanderer einkehren. Im ersten Obergeschoß gibt es fünf Zimmer mit eigenem Badezimmer. Jedes Zimmer hat vier Betten. Die Übernachtung kostet 20 Euro ohne Frühstück. Ich teste die heißen Duschen und freue mich, daß sie wirklich heißes Wasser von sich geben. Saubere Laken und frische Bettbezüge bringen den Wanderer zurück in eine Welt der Zivilisation. Das Casa do Povo von Messines ist ein wirkliches nützliches Haus für die Bürger der Gemeinde und schafft damit sogar noch 20 Arbeitsplätze. Unglaublich aber wahr, der Spirit dieses Hauses des Volkes hat an der Algarve Seltenheitswert..