Er ist leise und ziemlich schnell. Macht seine 160 km/h, soviel einmal vorweggesagt. Ich habe mich hinein geschwungen und bin einfach losgefahren, nicht ohne mir vorher noch einen langen Wortschwall von Sorgen des ängstlichen Patentbesitzers angehört zu haben. Das Geschoss habe nur eine Haftpflicht- und keine Vollkaskoversicherung. Ich solle bloß vorsichtg fahren. Das sei ein Erlkönig und in Monchique seien die Bauern doch mit ihren Treckern und so weiter und sofort. Ich habe meine Flügeltür heruntergeholt und sie fiel mit einem satten Klack ins Schloss. Schlüsseldrehen. Das Raumschiff startet leise summend seinen Weg durch den Orbit des Gebirges. João Oliveira, dieser kleine drahtige Fahrzeugbauer in spe sitzt angsterfüllt neben mir. Wie ein Häufchen Elend, denn ich hatte ihm gesagt, ich wolle dieses Elektroauto wirklich mal auf Herz und Nieren testen. Es hatte das vermutlich als Drohung verstanden, denn eigentlich denkt er, ich ließe mich damit abspeisen, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Da hat er sich gewaltig geirrt. Journalisten müssen richtig testen. Nun kommt er neben mir ins Schwitzen. Anschnallen. Wir nehmen den Weg hinauf zum Gipfel Picota. Kurvenlagen, rechts, links, Fuß aufs Gaspedal und tief durchdrücken, Beschleunigung, bremsen und ab in die nächste Kurve, Steigungen hoch bis auf siebenhundert Meter, das Ding richtig treten und dann zurück nach unten. Auf dem Weg die Wege hinab sammelt das Gefährt Bonusmeilen, ohne fossile Brennstoffe, ohne CO², die Batterie füllt sich langsam wieder. Kein Kerosiner, kein Benziner und auch kein Diesel können da mithalten.
Kein Tesla, nein und auch kein Nissan oder BMW oder sonst irgendwas. Das Raumschiff heißt VEECO. Den Namen sollten sich alle Leser merken. Es ist acht Uhr morgens an einem Sonntag. Die Feira de Monchique hat für die meisten Samstagabend spät und feucht geendet. Die Straßen sind wie leergefegt. Nur die Polizei steht hier im Dorf gelangweilt an den Straßenkreuzungen herum und bietet stehenden Geleitschutz. Ich war früh und trocken zu Bett gegangen und bin richtig fit für die Testfahrt der Nummer Zwei, einem orangen Flitzer aus dem Hause Oliveira, dem zweisitzigen Roadster, mit dem der Autobauer in diesem Jahr schon 15.000 km Fahrpraxis gewonnen hat. Auf Herz und Nieren testen: das zweite praxiserprobte portugiesische Auto, das jetzt in Serienproduktion gehen kann, weil es auch endlich vom IMT nach nun zwei Jahren voller Prüfungen die Zulassung für alle öffentlichen Straßen erhalten hat. Die gelbe „Nummer eins“ steht im Museum der zukünftigen Fabrikhalle in Entroncamento, 100 km nördlich von Lissabon. Hier stecken also die acht Jahre Arbeit und 1,8 Mio. Euro verbranntes Kapital, pardon investiertes Kapital aus Lissabon und Brüssel drin. Daran Teil hatten die Ingenieure der ISEL*¹ aus Lissabon und der ISEP*² aus Porto. Sie waren es, die den VEECO tropfenförmig und windschnittig, maß angefertigt und als Dreirad auf die Straße brachten, Antrieb hinten auf einen dicken, fetten Puschen, auf einen 245 mm Radreifen.
Was für eine feste Kurvenlage! Er liegt wie ein Brett auf der Straße. Gute Arbeit, keine Servolenkung, sondern direkte Übertragung. So soll es sein. Man kann ihn mit dem kleinen Motor schon als 16-jähriger wie ein etwas größeres Moped fahren oder mit dem großen Motor auch schon mal beim Autorennen in Barcelona, allerdings mit einem richtigen Führerschein. Aber hier geht es erst einmal darum, auch den zweiten Berg zu schaffen, den höchsten im südlichen Portugal, den 900 Meter hohen Foía. Rundumsicht 360 Grad bei bestem Wetter: Sicht auf des Südwestkap Europas. Die Scheibenwischer funktionieren, auch die elektrischen Fensterheber. Wir werden gegen neun Uhr von den Frühaufstehern bei bestem Wetter begrüßt. Guck mal, was ist denn das für ein schönes Auto… Wieder sammeln wir Bonusmeilen auf der Abfahrt ins acht Kilometer entfernte Monchique. Ich habe ihn fast leergefahren. Da ist nach zwei harten Stunden Fahrt nur noch Saft für etwa zehn Kilometer auf der Batterie. Als wir wieder in Monchique ankommen, sind es 20 Kilometer, die man wieder oder noch weiterfahren könnte: die wundersame Vermehrung der Aufladung einer Batterie durch Rückgewinnung von Energie. Zwei Sitze, Platz für zwei kleine Koffer oder Reisetaschen unter der aerodynamischen Motorhaube und darunter liegen die Batterien montiert, die dem Roadster mit ihrem Gewicht die sehr gute Straßenlage garantieren. Das Auto – man darf es nicht vergessen, oder verwechseln – ist ein Spielzeug und kein Trecker. Man kann wirklich damit keine 500 Kilogramm Holz transportieren und es tuckert auch nicht, liebe Bauern, es summt. Rund 25.000 Euro soll der VEECO RT mit der kleinen Batterie kosten. Mit der ersten limitierten Auflage von 50 Fahrzeugen soll dieses Jahr noch begonnen werden, handgefertigt. Der künftige Käufer hat jetzt eine Auswahl zwischen vier Batterietypen, von 16 über 20, 30 bis 48 KW/h und einer garantierten Reichweite von 160 bis 430 Kilometern. Und darauf kommt es an: auf Reichweite. Man werde auch mit Bosch in Stuttgart in Verhandlungen treten.
Wie geht es weiter?
Nach Technik und Emotionalität kommen wir zum eigentlichen Thema, der sauberen Mobilität und der Finanzierung. Wir sind ja keine Autozeitung, die jede Woche Autotypen bejubelt. Was ich mit der Testfahrt bezwecken möchte, hat sich erfüllt. Mein Urteil: der VEECO ist reif für eine Investition geworden. Nun, einige Kleinigkeiten an dem Raumschiff müssten noch hinzukommen, die Airbags und auch ABS bei Schnee und Glätte für den nordeuropäischen Markt.
Aber fangen wir erst einmal vor der eigenen Haustür, in Portugal an. Unter fiskalpolitischen Gesichtspunkten gesehen ist der VEECO RT für Portugal eine Herausforderung, wirtschaftlich gesehen allerdings eine einmalige Chance Investitionen in die stetig wachsende ökologische Mobilität zu tätigen. Niemand von den acht Millionen Erwachsenen mit dem Recht auf einen Führerschein, sollte sich eine Probefahrt mit dem VEECO RT entgehen lassen. Da er weder Benzin noch Diesel verfeuert und sehr straßentauglich geworden ist, aber keine Mineralölsteuern in die Staatskasse spült, bin ich neugierig auf die Reaktion der herrschenden Politik auf Unterstützung. Man könnte beispielsweise die Mehrwertsteuer für den VEECO streichen, um dieses umweltfreundliche nationale Fahrzeug zum Laufen zu bringen. Man könnte auch die Autobahngebühren erlassen und noch so vieles mehr.
Diese Regierung, Premierminister wie Wirtschafts- du Umweltminister könnten viel tun für den portugiesischen VEECO. Aber sie haben das Auto noch gar nicht entdeckt. Vielleicht kommt das ja noch. Sie könnten damit punkten in Europa und sogar Frau Merkel zeigen, das sie es Ernst meinten mit dem Wirtschaftswunderland Portugal. Wir haben den VEECO und ihr euren Volkswagen, BMW, Mercedes, Porsche, Audi usw. Das hört sich doch so an wie: Ihr in Deutschland habt zwar die Uhren, wir Portugiesen aber die Zeit – und die Sonne und noch so vieles Schöne mehr.
Hat von den Politikern jemand wirkliches ökologisches Interesse, diesem schönen kleinen Raumschiff die Türen ins Leben zu öffnen? Wenn man in Portugal gewohnt wäre, schnell zu handeln – wie in den USA – könnte man den VEECO wie an der Warenterminbörse mit einem Future sofort bestellen. Anzahlen und darauf wetten, ihn nach 180 Tagen „chave na mão“ vor die Haustür geliefert zu bekommen. Auch die Regierung könnte einige ihrer Mercedes, Volvo, BMW und Audis ausrangieren und den VEECO als sportliche Staatskarosse für den Herrn Premierminister dazukaufen. Ehrensache, ein Portugiese sollte doch ein portugiesisches Auto fahren oder nicht? Da er ein Zweisitzer ist, könnten sogar Chauffeure mit von der Partie sein. Der Portugiesische Tourismusverband sollte ihn auch kaufen und somit das ECO Car Sharing erweitern. Vor jeder E-Ladestelle der Algarve könnte so ein VEECO RT parken, damit man sich an dieser wunderbaren Form eines windschnittigen E-Autos erfreut wie an der Sonne, die bei uns gewöhnlich an 300 Tagen scheint. Mietwagenfirmen, Rathäuser, der ICNF usw. Den VEECO wird es in fast allen sonnigen Farben geben, auch weil der zukünftige portugiesische Automobilhersteller mit der Fibrauto SA einen hervorragenden Geschäftspartner in der Nähe von Porto gefunden hat. Er baut die Fahrerkabine und die Kotflügel in einem Guss und die Türen und anderen Verkleidungsteile. Damit ist auch sichergestellt, dass bei einem eventuellen Unfall sofort Ersatzteile zur Verfügung stehen.
Apropos Sonne. Eine autarke Solartankstelle, eine Ladestelle mit Solarpaneelen für zuhause, stellte die in Aljezur beheimatete Firma FF Solar auf der Feira de Monchique vor. Dort wurden viele Interessenten darüber beraten, wie E-Mobilität umweltfreundlich von der Theorie in die Praxis umgesetzt werden kann. Mit dem solaren Powersystem kann einerseits das Elektrofahrzeug aufgeladen, aber auch das Haus oder die Wohnung mit Strom versorgt werden. Denn während man mit dem VEECO RT unterwegs ist, wird der Solarstrom einfach an den Kreislauf des Hauses angeschlossen, für Kühlschrank, Waschmaschine usw. Mit der Sonne auf seiner Seite, kann Portugal nur gewinnen.
ECO123 fragte João Oliveira, mit welchem ökonomischen Konzept für dieses ökofreundliche Nischenfahrzeug er die Vermarktung umsetzen möchte? Um eine erste limitierte Edition zu produzieren, benötigt der Fahrzeugbauer rund 1,5 Mio. Euro Startkapital für Wareneinkäufe. ECO123 liegt der fünfjährige Geschäftsplan vor. Transparenz steht an erster Stelle. Als vertrauensbildende Maßnahme wird der VEECO RT während dieses Sommers eine dreimonatige Roadshow durch Portugal absolvieren. Man kann ihn also zu sich nach Hause einladen: nach Lissabon, Porto, an die Algarve, in die entferntesten Winkel des Landes. Dort kann die interessierte Öffentlichkeit den VEECO anfassen, riechen, gucken, hören und schmecken und auch mal Probefahren. Wer ihn nach eingehender Prüfung sofort kaufen möchte, wird ihn dann direkt bestellen können oder aber etwas später über das ab September 2015 stattfindende dreimonatige Crowdfunding. Mit einer Anzahlung von rund € 1.000 kann jeder interessierte Bürger den VEECO für sich reservieren. Erste Vorgespräche fanden bereits statt.
Mit einer Anzahlung garantiert die neugegründete Veeco – Fabrico de Veículos Electricos e Ecológicos Lda. (Grundkapital € 350.000) in Entroncamento dem Crowdfunder und zukünftigen VEECO Kunden die Auslieferung seines Elektrofahrzeugs innerhalb von 180 Tagen, in seiner Lieblingsfarbe, mit dem Elektromotor seiner Wahl und der individuellen Größe der Batterie. Startschuss in eine umweltfreundliche Zukunft: es kann also losgehen mit den ersten 50 alltagstauglichen Elektroautos – Made in Portugal.
Zona Industrial do Entroncamento Lote 3 – Casal Marcos Ferreira 2330-210 Entroncamento
Gerente: João Manuel Marques da Silva de Oliveira
joliveira.ve@gmail.com
TM 968 034 638