Fernando Pessoa hat es beschrieben, und das Salzmuseum erweckt es nun zu neuem Leben…
Noch bis vor wenigen Jahren war Portugal eines der Länder mit der höchsten Rate an handwerklich hergestelltem, unraffiniertem Meersalz. Schon zu Zeiten des Römischen Reiches erlangte das in den Salinen der Atlantikküste der Iberischen Halbinsel (die später zur Küste Portugals wurde) gewonnene Meersalz großes Ansehen, da es zur Herstellung von „Garum Ibérico“, dem berühmte Standardgewürz der antiken römischen Küche, verwandt wurde.
Seit Mitte der 70er Jahre erleben wir einen Rückgang der nationalen Salzproduktion, ganz besonders forciert in den 90er Jahren, was im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt nicht wundert…
Zwar wurde die Wiederbelebung der Salinen mit EU-Mitteln unterstützt, in den meisten Fällen ist jedoch trotzdem eine starker Rückgang der inländischen Salzproduktion zu beobachten, hervorgerufen durch eine Vielzahl von verschiedenen Ursachen. Zum einen wurde die bis dahin übliche Konservierung mittels Salz durch Gefrierverfahren ersetzt, zum anderen trug auch die fortschreitende Verkleinerung der Kabeljau-Fangflotte maßgeblich zu den Absatzschwierigkeiten der inländischen Salzproduktion bei. Wenn wir dann noch die zunehmende Verbreitung der Verwendung raffinierten Salzes und die Umwandlung stillgelegter Salinen in Reisfelder mit berücksichtigen, haben wir alle Faktoren beisammen, die zu Aufgabe und Verlassen der Salzgewinnungsanlagen in Portugal führten. Da es heute nur noch wenige Orte in diesem Lande gibt, an denen noch auf traditionelle Weise Meersalz gewonnen wird, möchten wir Ihnen einen vorstellen, wo in den letzten Jahren hart dafür gearbeitet wurde, dieses Gewerbe als Kulturgut von historischem und touristischem Wert wiederzubeleben.
Im August 2007 wurde in Lavos (Figueira da Foz) das Zentrum zur Geschichte der Salzgewinnung eingeweiht. Geführt von der Archäologin Sonia Pinto dient es dem Ziel, nicht nur frühzeitliche portugiesische Salinen wieder in Stand zu setzen, sondern auch die Bedeutung des Meersalzes für die historische, ethnische, landschaftliche, ökologische und ökonomische Entwicklung des Landes auf umfassende Weise hervorzuheben. Auch sei es wichtig, wie Sónia erklärt, die Bevölkerung aufzuklären über den Erhalt der traditionellen Handwerkskunst und die Verwendung des Meersalzes in seinen verschiedenen Formen.
Anfänglich erwarb das Salzmuseum eine der Salinen von Figueira da Foz im Rahmen des „Alas“ genannten EU-Projektes (griechisch: Salz), welches Salzproduzenten auch in anderen EU-Ländern unterstützt wie z.B. in Pomore in Bulgarien, Lesbos in Griechenland und Piran in Slowenien. Dann jedoch entwickelte das Projekt eine unerwartete Dynamik.
Im ersten Schritt wurde in Zusammenarbeit mit einem der ältesten Tischlermeister der Region, dem inzwischen verstorbenen Carlos Mendes, die alte Lagerhalle mit Kiefernholz aus dem noch persönlich von D.Dinis angelegten königlichen Wald restauriert. Das Museumsgebäude wurde ebenfalls im Stil des Salzspeichers gebaut, angepasst an dessen Architektur mit Ausnahme vielleicht der einladenden Terrasse, von der aus man das ganze Ausmaß der Saline überblicken und auch und auch die biologische Vielfalt einschließlich Kormorane, Reiher und Flamingos erleben kann. Ebenfalls von Grund auf neu errichtet wurde ein Anlegeplatz für das seit den 40er Jahren für mehr als 30 Jahre zum Transport des Salzes genutzten Bootes, welches in den 70ern sogar bis zur Ilha da Morraceira fuhr. Ab 1975 wurde jedoch ein Damm dorthin gebaut mit der Folge, dass Morraceira keine Insel mehr und das Boot überflüssig war. Ungeachtet dessen übernahm das Museum die Wiederherstellung des Bootes mit dem Ziel, eines Tages damit wieder Salz zu transportieren, wie Sónia ausführte.
Diese Vorgehensweise ist jedoch eher selten für ein Museum, welches sich üblicherweise mit der Vergangenheit beschäftigt, sich hier darüber hinaus jedoch auch für die Zukunft des Salzes in Portugal engagiert.
Mit verschiedenen Projekten wird dieses Ziel verfolgt: Einerseits sollen die Besucher dafür sensibilisiert werden, dass „Salz nicht gleich Salz ist“, wie uns Sónia versicherte. Auf traditionelle Art gewonnenes Meersalz kann als vollwertig bezeichnet werden, da es von Natur aus mehr als 80 verschiedene Mineralien, darunter Magnesium und Kalzium sowie einen geringeren Gehalt an Natrium enthält im Vergleich zu raffiniertem Salz, welches auch als Tafelsalz bekannt ist und bei dem während der Produktion ein Großteil der Mineralstoffe verloren geht und nachträglich wieder ergänzt wird, wie z.B. Jod. Andererseits werden, um das Vermächtnis der Meersalzgeschichte in Portugal wiederzubeleben, prominente Gastköche für Koch-Workshops in den Einrichtungen der Anlage eingeladen, die dazu im Museum hergestellte Produkte verwenden, wie das Flor de Sal oder den Salicorn, eine am Strand wachsende, einheimische Delikatesse (auch als Queller oder Meeresspargel bekannt), die durch ihren hohen Salzgehalt vielseitig zum Zubereiten und Würzen von Speisen eingesetzt werden kann.
Auch der der Salz-Wanderweg kommt bei den Besuchern gut an. Auf circa 4 Kilometern kann man die Salzarbeiter, Marnotos genannt, bei ihrer Arbeit beobachten. Da die Mehrheit dieser über 70 Jahre alt ist, ist der Beruf zwangsläufig vom Aussterben betroffen und das Wissen im Begriff, verloren zu gehen. Damit das nicht passiert, entwickelte das Museum einen Lehrgang zum Erhalt des Marnoto-Berufes, der aktuell von zwei Lehrlingen wahrgenommen und bei dem den Älteren die Gelegenheit gegeben wird, ihre Kenntnisse an die nächste Generation weiterzureichen.
Laut Sónia scheint auch der Erfahrungsaustausch der eingesessenen Salzproduzenten der Region unter der Schirmherrschaft des Museums entscheidend zur Stärkung des Gewerbes beigetragen zu haben, bei dem vereinbart wurde, mit einer Stimme zu sprechen, gemeinsame Vertriebswege aufzubauen und Ziele zu definieren. Weiterhin wurde sich auf die Zertifizierung von Salz und Flor de Sal durch SATIVA geeinigt, eine Organisation, die für Kontrolle und Zertifizierung von Lebensmitteln aus biologischer, integrierter und traditioneller Produktion zuständig ist.
Neben all diesen Aspekten scheint immer mehr Gewicht auf der Symbiose mit der Tourismusbranche zu liegen, sei es durch den Salz-Wanderweg, der die Salinen der verschiedenen Anrainerstaaten des Atlantischen Ozeans mit einander verbindet, sei es durch die Vogelbeobachtungsplätze und -routen. Speziell diese Aktivitäten profitieren von dem Beitrag der Salinen durch die Förderung der Biodiversität, der Ökosysteme und Artenvielfalt.
Neben der Tourismusbranche wird auch Forschung betrieben, sei es durch die Erstellung eines Dokumentarfilmes, sei es durch durch die Untersuchungen der Wissenschaftler des Institutes der „Regiao de Coimbra“, deren Interesse sich über essbare Pflanzen bis hin zu spezifischen Ökosystemen erstreckt.
Und nicht zuletzt ist es auch möglich, einfach nur reines oder mit Kräutern und Gewürzen verfeinertes Meersalz aus heimischen Salinen zu erwerben, seien sie nun zertifiziert oder nicht. Und sollte jemand Zweifel an der Qualität des Salzes haben, möchten wir darauf aufmerksam machen, dass es für die Produzenten der „Oliven aus Mealhada“ wie auch des „Käses aus der Serra da Lousã” eine Frage der Ehre ist, diese mit dem Salz der Museums-Saline zuzubereiten.
Am Ende unseres Besuches bot uns Sónia noch einen Ausblick auf die Entwicklungsmöglichkeiten des Museums, für das sie sich ein Pedarium vorstellen kann, eine Einrichtung, in der die Sole aus den Salinen auch als Erfrischungstherapie für müde Füße weitere Verwendung findet.
Armazéns de Lavos Lavos – 3090-451 Figueira da Foz, Portugal
museu@cm-figfoz.pt
sonia.pinto@cm-figfoz.pt
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