ECO123 berichtet über Kleinproduzenten, die der Algarve im lukullischen Sinne ein Sahnehäubchen aufsetzen. Dank ihrer Handwerkskunst werden regionale Erzeugnisse in kulinarische Köstlichkeiten verwandelt, die die verschiedensten Geschmacksrichtungen verwöhnen. Kleine Frischkäse-Laibchen, Honig und Medronho sind nur einige der landestypischen und traditionellen Produkte und authentische Aushängeschilder für die vielfältigen Aromen der Algarve.
Der traditionelle Frischkäse
Die Käserei Martins in Portela da Nave der Gemeinde Salir öffnete seine Pforten bereits 2009 und stellt täglich frischen Ziegenkäse her. Der kleine Betrieb von Idálio Martins, 33 Jahre, vermarktet seine Produkte in Salir, Messines und Loulé. Der Ziegenhirte und Schäfer kam durch seine Liebe zu Tieren auf die Idee, sich eine Herde von 150 Algarve-Ziegen anzuschaffen, um mit deren Milch Frischkäse zu produzieren.
Das Unternehmen hat mittlerweile vier MitarbeiterInnen. Zwei von ihnen sind für den Viehtrieb zuständig, die anderen beiden kümmern sich um Herstellung und Vertrieb des Käse. Für alle vier Mitarbeiter ergibt sich so ein jährliches Lohnsummen-Volumen von 28.000 Euro.
In der Käserei bricht der Tag schon vor der Morgendämmerung an. Bereits um halb vier Uhr beginnt für Idálio Martins und seinen Vater die Arbeit mit der Vorbereitung der Herde zum Melken. Die Ziegen werden mit Mais in einzelne kleine Boxen gelockt. Dort werden sie automatisch einen Moment lang am Hals fixiert und mit dem Hinterteil an die rückwärtige Begrenzung geschoben, wo Idálio und sein Vater mit den Melkmaschinen auf sie warten. An die Routine gewöhnt registrieren die Ziegen jede kleine Abweichung und starren eine fremde Person erst einmal eine Zeitlang aufmerksam an, bevor sie sich ihrem Futtertrog zuwenden. Sie wechseln mechanisch in den Melkstand, weil es so schneller geht. Die Ziegen haben sich auf den Ablauf eingestellt und werden zweimal täglich gemolken.
Die Milch fließt in einen Inox-Tank, in dem sie auf zwei Grad Celsius heruntergekühlt wird, bevor sie einige Meter weiter zur Käserei geleitet wird. Nach dem Kühlvorgang wird sie in einem großen Kochtopf mit Salz versetzt und bei 90 Grad pasteurisiert. Danach wird ihr Artischocken-Lab hinzugefügt, damit die Flüssigkeit gerinnt. Die dickgelegte Milch wird gepresst, um die Molke abzutrennen, und in kleine Ringe geschöpft. Am Ende ergibt das kleine runde Käschen ungefähr 180 Gramm Gewicht. Zwei Stunden später werden sie aus der Kühlkammer geholt und ordnungsgemäß etikettiert.
Idálio Martins hütet sorgfältig das überlieferte Frischkäserezept, das dafür sorgt, dass sein Unternehmen seit Jahren gut läuft.
Frischkäse mit Aroma
An der Algarve-Ostüste (Sotavento) in Olhão gibt es eine weitere Käserei, die ihren täglich hergestellten Frischkäse mit verschiedenen Aromen zubereitet. Die Eigentümerin Ana Gancho, 34, gründete ihren Betrieb erst im vergangenen Juni. Die in Tierzucht sowie Lebensmittelhygiene und -sicherheit ausgebildete Ingenieurin absolvierte mehrere Praktika bei Betrieben für handwerklich produzierte Lebensmittel.
Mit ihren gesammelten Erfahrungen auf diesem Sektor entschloss sich Ana Gancho, eine eigene Käserei zu gründen: “Es gab in Olhão keine Käsemanufaktur, und die Mehrzahl der Molkereien ist verständlicherweise im Inland zu finden.” So entschied sich die junge Frau dafür, gegen den Strom zu schwimmen und bietet nun in ihrem Laden verschiedenste, auf Ziegenmilch basierende Erzeugnisse an.
Außerdem kann man dort auch Produkte bekommen, die gut mit Frischkäse kombiniert werden können. Die Käsesorten in der Auslage des Geschäftes sind aus der Milch mehrerer Ziegenbauern der Region hergestellt. So finden sich dort an die 100 kleinen Käselaibchen, einige nach überlieferten Rezepturen hergestellt, andere mit verschiedenen Kräutern und Gewürzen aromatisiert, eine von den Kunden gern angenommene Innovation.
Frischkäse mit Honig
Die Imkerei “Melaria do Monte” in Montes de Cima am Fuße des Monchique-Gebirges produziert dagegen Honig. Die Firma wurde 2003 eröffnet und wird von Manuel Jesus und seiner Frau Celia geführt. Schon seit frühester Jugend arbeitet Manuel Jesus gemeinsam mit seinem Vater mit den Bienen. Er lernte alle Techniken der Honigproduktion und entschloss sich letztendlich, sein eigenes Geschäft zu eröffnen.
Die “Melaria do Monte” ist Herrin über tausende von Bienenstöcken in verschiedenen Regionen der Ostalgarve und im südlichen Alentejo. Jeder Bienenstock erbringt im Jahr durchschnittlich 12-15 kg Honig. Die Ernte beginnt Mitte Mai und endet Mitte August. Die Qualität des Honigs variiert je nach Standort der Bienenstöcke und von Ernte zu Ernte, wie Manuel Jesus erläutert.
Die Honiggewinnung beginnt damit, dass die Bienenstöcke auf althergebrachte Art eingeräuchert werden. Durch die Verbrennung von Blättern der örtlichen Bodenvegetation wie Zistrose oder Hauhecheln wird Rauch erzeugt, der auf die Bienen eine kurzfristig betäubende Wirkung hat. Dieser Eingriff in ihren Tagesablauf muss so schonend wie möglich durchgeführt werden, um den Bienen nicht zu schaden.
Der nächste Schritt wird bereits in der Produktionshalle durchgeführt. Die Bienenstöcke werden schnell dorthin gebracht, damit so wenig Bienen wie möglich während des Aufenthalts in der Halle aus ihren Stöcken kommen.
Im darauffolgenden Schritt werden die Waben in einer großen, mit Windkraft betriebenen Zentrifuge geschleudert, damit der kostbare Honig herausfließt.
Nach dem Schleudern wird er filtriert, um mögliche, darin befindliche Verunreinigungen zu entfernen und zum Schluss in Fässer abgefüllt, die ausschließlich für Honig verwendet werden und von denen es dann ein jedes auf 300 kg bringt.
Vom Honig zum Likör
Zu einer der für die Algarve typischen Spezialitäten gehört der “Melosa”, der aus Medronho und Honig hergestellt wird. Diese Verbindung ergibt einen süß-milden Likör, der nicht nur von den Einheimischen der Algarve, sondern auch von Besuchern, Reisenden und Bewohnern anderer Gegenden Portugals geschätzt wird.
Frischkäse mit Honig und Medronho
Der 77-jährige Monchiquenser António de Encarnação begann mit der Medronho-Herstellung schon im frühen Alter von 13. Er leistete seinem Vater in der Destille Gesellschaft und lernte dabei alle Finessen seiner Vorfahren, um einen vorzüglichen Medronho zu brennen.
Die Medronho(“Erdbeerbaum”)-Ernte beginnt Mitte Oktober. “Die Früchte müssen beim Sammeln sehr sorgfältig ausgewählt werden,” erklärt António de Encarnação. “Heutzutage gibt es nicht mehr viele Menschen, die der Beere ansehen können, ob man mit ihr am Ende einen Medronho herstellt – oder Gift!”
Rote Früchte sind reif und bereit, geerntet zu werden. Auch Beeren mit gelblichen Tönen können je nach Zustand ihrer Samen gepflückt werden. “Dazu bricht man die Frucht in zwei Hälften. Wenn sie schwarze Samen enthält, ist sie gut. Aber wenn der Samen noch sehr grün ist, kann man sie nicht verwenden”, erläutert António de Encarnação.
Im nächsten Schritt werden die Früchte zum Fermentieren an einem kühlen Ort in Behältnissen gelagert und fein säuberlich abgedeckt. Die Temperatur muss ständig kontrolliert werden, damit keine Säure entsteht. Sollte die Maische doch zu warm werden, muss sie mit Wasser besprüht wieder auf Umgebungstemperatur heruntergekühlt werden, um sicherzustellen, dass die Gärung ordentlich abläuft.
Durch die fortschreitende Fermentation bildet sich ein roter Brei, an dem man den Grad der Fermentation ablesen kann. Anschließend werden die Früchte zerkleinert, mit Kunststofffolie abgedeckt und mit feuchtem Sand beschwert, um das Ganze bis zum nächsten Verarbeitungsschritt frisch zu halten.
Nach ungefähr 60 bis 70 Tagen ist die Maische fertig zur Destillation. Sie wird dazu in einem Kupferkessel bei schwacher Hitze zum Sieden gebracht. Dann wird der Deckel aufgelegt. Die erste destillierte Flüssigkeit, der sogenannte “Vorlauf”, wird aus dem Vorstoß (“bocal”) abgelassen, um eventuelle Verunreinigen abzuscheiden. Nach langem, langem Kochen schließlich erhält man einen wunderbaren Medronho von ausgezeichneter Qualität.
Medronho sollte mindestens zwei Jahre reifen und dann bei Raumtemperatur serviert werden. Ein guter Medronho riecht und schmeckt nach der Frucht, ist mild im Geschmack, enthält wenig Säure und nur geringe Mengen der gesundheitsschädlichen Stoffe Methylalkohol und Acetat.
António de Encarnação erinnert sich mit Wehmut an die Zeit, als in einer kleinen Adega noch richtig große Mengen produziert wurden. Damals destillierte er bis zu zwölftausend Liter aus der Ernte von Erdbeerbäumen aus einem 175 Hektar großen Gebiet… – die heute nicht mehr bewirtschaftet werden. Er selbst gab die Medronho-Herstellung vor sechs Jahren aus gesundheitlichen Gründen auf. Sein Resümee: “Heute wird der Medronho einfach nicht mehr so wie früher gemacht.”
Der APAGARBE (Verband der Medronho-Hersteller der westlichen Algarve), gegründet im Jahr 1985 mit Hauptsitz in Monchique, wird von José Nunes geführt, der sich zu einem Gespräch mit ECO123 verabredete. Gemeinsam mit seinem Berater Américo Telo vertritt José Nunes seinen Verband gegenüber den regionalen Institutionen.
ECO123: Welche Ziele verfolgt APAGARBE? Seit wann gibt es den Verein?
José Nunes: Der Verein wurde 1985 gegründet und hat rund 90 aktive Mitglieder. Er kümmert sich um Entwicklung und Standorte der Medronho produzierenden Betriebe in Monchique und auch um die Verbesserung der Qualität. Wir sind bestrebt, den Erfahrungsschatz der Erzeuger mit wissenschaftlichen Kenntnissen zu ergänzen. So werden alle Spirituosen der dem Verband angeschlossenen Läden einer Analyse unterzogen. Auf unsere Veranlassung hin werden mindestens 50 Untersuchungen pro Jahr durchgeführt, was dafür spricht, dass die Produzenten daran interessiert sind, einen hochwertigen, die Parameter für exzellenten Medronho einhaltenden Obstlers herzustellen. Medronho ist ein vergleichsweise teures Produkt. Das ist darauf zurückzuführen, dass es zu großem Teil in traditioneller Handarbeit hergestellt wird, was sich dann natürlich im Preis niederschlägt. Aber das relativiert sich wieder durch die hervorragende Güte der Ware. Eine der Aufgaben des Verbandes ist die Qualitätssicherung.
Auf welche Weise unterstützt APAGARBE die Produzenten?
Der Verein unterstützt Produzenten durch Informationen und durch Hilfe bei administrativen oder anderen auftretenden Problemen.
Welche Vorteile hat ein Erzeuger, wenn er sich Ihrem Verein anschließt?
Die Gemeinde Monchique stellte uns einen Raum zur Verfügung. Dort haben wir den Laden “Mel e Medronho” eingerichtet, der uns als Ausstellungsfläche für Medronho, Honig und darüber hinaus auch für lokale Süßwaren und Liköre dient. Ich denke, dass dieser Schritt erfolgreich war, wie man auch an dem seit 2011 stetig wachsenden Umsatz erkennen kann. Während der Woche ist er mit einer Verkäuferin und einem täglich wechselnden Hersteller besetzt. Wenn ein Schnapsbrenner das Geschäft auch in der Ferienzeit öffnet, erhält er natürlich eine höhere Umsatzbeteiligung.
Welchen Einfluss hat eine Organisation wie die Ihre?
Bis jetzt sind wir die einzige Vereinigung von Medronho-Produzenten und haben bisher 50 Herstellerbetriebe in Monchique legalisiert. Dies ist zum Teil der Verdienst der Organisation, die sich um die Verbesserung der Herstellungspraxis bemüht.
Erfährt der Verein eine gewisse finanzielle Unterstützung? Woher kommt diese?
Wir werden finanziell nicht unterstützt, sondern arbeiten mit den Einnahmen aus den Vereinsbeiträgen und unserem Geschäft.
Queijaria Martins
Proprietário: Idálio Martins Portela da Nave, Salir
(+351) 918 554 566
idalioramos@gmail.com
Fábrica do Queijo
Proprietária: Ana Gancho
Avenida da República, 100 Olhão
(+351) 965 116 368
Colmeia do Monte
(+351) 282 471 155
manuel_furtado@sapo.pt
APAGARBE
Sítio do Pé da Cruz, 8550-328 Monchique
www.facebook.com/apagarbe