Wie soll man Vertraulichkeit einerseits und Transparenz andererseits wahren, zwei so gegensätzliche Werte in der Politik, die sich für gewöhnlich ausschließen? Im Brüssel der EU geht das. Das politische Leben dort funktioniert wie im Märchen von Schilda, einem Dorf, das einst neu gebaut wurde. Allerdings erst bei der Einweihung ihrer Häuser bemerkten die Dorfbewohner, dass die Architekten die Fenster vergessen hatten. Und so lebten sie fortan im Dunkeln. Da kam der Dorfvorsteher auf eine Idee. Man könne das Licht doch in Eimern von draußen in die Häuser tragen…
… und als der Kommissionspräsident Jean Claude Juncker seiner Handelskommissarin, der Schwedin Cecilia Malmström, seinen Missionsbrief aushändigte, schrieb er ihr darin auf Seite 4 : „Sie haben gesehen, dass die politischen Leitlinien eine neue Verpflichtung zur Transparenz vorsehen. Transparenz sollte eine neue Priorität für die neue Kommission sein und ich erwarte von uns allen, dass wir auf unseren Webseiten alle Kontakte und Sitzungen mit professionellen Organisationen und Einzelpersonen (Lobbyisten?) zu allen mit der EU Politik aufwerfenden Fragen veröffentlichen…“*¹
Das Licht, das Juncker Malmström ins dunkle europäische Haus tragen lassen will, lässt sie wirklich in Eimern heranschaffen. Da TTIP (Transatlantik Trade and Investment Partnership) getreu den Widersprüchen der EU am Volk vorbeiverhandelt wird, herrscht weitgehend Dunkelheit im Europäischen Haus. Denn wo kein Licht sein soll, darf auch keines sein. Soll das Volk für dumm verkauft werden und sich auf keinen Fall mündig werden? Die Verhandlungen zwischen der EU und den USA sind so geheim, dass bestimmte Details nicht einmal unsere Parlamentarier kennen, die über den Vertrag abstimmen sollen. Die Ergebnisse der 10. Verhandlungsrunde dürfen nur im Lesezimmer der EU in Brüssel selbst oder in der amerikanischen Botschaft in Lissabon, montags, mittwochs und freitags von neun bis zwölf Uhr mittags eingesehen werden. Mobiltelefone müssen beim Pförtner abgegeben werden. Die Frage, die im Raum steht lautet, wann endlich wird wirklich Licht unser Europäisches Haus durchfluten?
Unser Europa muss anders gebaut werden. Geheimniskrämerei und Transparenz gehen einfach nicht zusammen, wie auch freier Welthandel und lokale Produktion mit regionalem Handel sich ausschließen. Die Gegensätze könnten nicht größer sein. Die Mentalität alter Männer von gestern trifft auf junge Mentalität nachhaltiger Vorstellungen. Immer mehr unnützer Transport von Waren auf den Weltmeeren zwischen den USA und Europa (Lesen Sie dazu auch unsere Bestandsaufnahme über die Ozeane) schafft auch immer mehr globalen Treibhauseffekt im Klimawandel. Der freie Markt hat seit der Finanzkrise immer wieder gezeigt, dass unser weltweites Wirtschaftssystem auf einem faulen Fundament fußt.
Die Ressourcen unserer Erde reichen nicht für unbegrenztes Wirtschaftswachstum. Die Müllberge wachsen, das CO² in der Atmosphäre erwärmt auf unerträgliche Weise unser Klima. Die Art wie wir wirtschaften, wie wir leben und konsumieren, wie wir reisen und transportieren steht zur Diskussion. Wer schon reich ist wird immer reicher und wer arm immer ärmer. Europa muss seine lokale und traditionelle Wirtschaft stärken und zukunftsfähig machen. Es ist die Diskussion um die Werte einer neuen Ethik. Deshalb stellt ECO123 die Werte, die lokale Produktion und regionaler Handel schaffen, in den Mittelpunkt seiner journalistischen Arbeit. Dieses Mal berichtet uns die Kollegin Daniela Guerreiro über die lokale Herstellung von Käse, Honig und Medronho aus Monchique und der Algarve für die Regionen Portugals.