… ist ein geflügeltes Wort aus dem alten Portugiesisch der traditionellen Landwirtschaft. Ein Bauer nimmt niemals Insektizide, Pestizide oder Fungizide aus dem Giftschrank, um Insekten, Kräuter oder Pilze abzutöten. Er lebt mit ihnen, denn jedes Lebewesen hat seinen Platz auf dem Acker und im Wald, in den das Wasser des Regens hineingeleitet wird, um den Boden fruchtbarer zu machen und gut zu halten. Der Regen, wird vom Bauern so verlangsamt, dass er nicht die Hügel herunter zum nächsten Bach rinnt, sondern im Boden selbst versickert, auch im Boden bleibt und ihn dadurch mit seinem Gemüse zum Wachsen und zum Leben erweckt.
ECO123 besucht Carlos Fernandes (46), einen der jüngeren Bauern in den Bergen von Monchique. Er
arbeitete lange in der Fremde, in Frankreich und in der Schweiz, gehörte für Jahre zu den Emigranten Portugals, die es zuhause nicht aushielten, weil das Leben im Dorf sehr oft auch einfach zu eng und zu kleinkariert über einen kommt und die Löhne für ehrliche Arbeit erbärmlich sind.
Über den Tellerrand blicken.
Carlos Fernandes erinnerte sich auch, in all den Jahren in der Fremde, was er in der Stadt neben dem Stress der Arbeit immer mehr vermisste. Es war die Stille seiner Heimat, die Musik des plätschernden Baches, die Ruhe in sich bei einer bäuerlichen Arbeit, die selbstbestimmt ist. So folgte er dem Ruf seines Herzens und wurde Bauer.
Die Arbeit wurde ihm nicht in die Wiege gelegt, aber er erinnerte sich in der Fremde, dass da noch ein kleines Grundstück auf ihn zuhause wartete mit dem Platz von einem Hektar und 200 Quadratmetern. Und so begann er vor drei Jahren die inzwischen von Brombeeren überwucherte Erde wieder instand zu setzen und fortan instand zu halten. Dornenbüsche herauszuschneiden ist eine mühevolle Arbeit. Um seine Erde auf die kommende Landwirtschaft vorzubereiten, pflügte er die Terrassen um, mischte die Erde mit natürlichem Dünger. Er hält sich ein Schwein, dass er wie seine Vorfahren nur mit Essensresten und mit überreifen Früchten und Gemüse füttert, auch mit nicht zu verkaufenden Tomaten und Auberginen, mit Kohl und Mais. In einem Zeitraum von mehreren Jahren bereitet er seinen Garten Eden so weit vor, wie er es haben möchte, um seine Produkte lokal zu kommerzialisieren.
Zu den ersten Projekten zählte beispielsweise der Bau einer großen Zisterne, von Überlaufbecken auf den Terrassen und der Installation eines umfassenden Bewässerungssystems. „Die Leute wollen immer gleich ein Gehalt verdienen. Als Bauer musst du erst einmal den Boden bestellen, dann säen, den Boden pflegen und mit altem Wissen arbeiten, bevor du ernten kannst. Wollen die Leute das? Wissen sie, was Wasser säen bedeutet?“ Er zeigt uns einen Käfer, der den Kohl anfrisst und nimmt ihn per Hand von den Blättern, normalerweise gleich morgens bei Sonnenaufgang, wenn seine Arbeit beginnt.
Es gibt Alternativen zu Monokulturen. Er führt uns über enge Pfade über die Terrassen seines vielfältigen Gartens, auf denen keine Plastik-Gewächshäuser stehen. Alles wird unter freiem Himmel angebaut: verschiedene Tomatensorten, von Kirschtomaten bis zur knolligen Sorte Rosa, den Auberginen, dem Brokkoli, der Roten Beete, den Bohnen und Kräutern, Zwiebeln, Knoblauch und Kartoffeln. Er spricht mit uns über die Klimakrise und der extremen Hitze der Sommer, die ihm bestimmte Anbaumöglichkeiten verbieten. Er könne keine Salate mehr pflanzen, weil entweder die Pflänzchen innerhalb weniger Stunden verbrennen oder bei Springler-Bewässerung austreiben. Also beschränkt er sich bei Salat auf das Zeitfenster des Frühlings und frühen Sommers. Im nächsten Jahr möchte er sich auch an Maracuja ausprobieren. Es sei enorm wichtig, immer genug Wasser im Boden zu haben. Wasser speichern sei das oberste Gebot. „Versetzen wir uns einmal 50 Jahre zurück“, sagt Carlos Fernandes, „als in Monchique sowohl am Fóia als auch am Picota alle Menschen in der Landwirtschaft gearbeitet haben. Sie haben das Land bestellt und mit ihren Pflanzungen den Regen und das Wasser im Boden gehalten. Das muss man erst einmal wissen und wie das gemacht wird. Und das geschieht nur durch Beobachtung und Erfahrungen vor Ort sammeln. Erst als die Alten starben und als die Jungen in die Städte wegzogen und ihre Terrassen und Äcker aufgaben, vertrockneten langsam über die Jahre hinweg die Böden, weil mit ihnen nichts Konstruktives mehr gemacht wurde. Wenn wir die Felder und die Landwirtschaft aufgeben, lassen wir auch das Wasser säen und das Wasser verschwindet. Nichts hält den Regen auf. Wenn es regnet, läuft das Wasser direkt in die Bäche und ab ins Meer.“
Das Wasser verstehen lernen.
Ein Stadtbewohner sät kein Wasser, er verbrauchen es nur, immer dann, wenn er den Wasserhahn aufdreht. Solange wie eine Gesellschaft es nicht schaffen würde, den jungen Menschen die traditionelle Landwirtschaft mit ihrem überlieferten altem nachhaltigen Wissen um den Wasserhaushalt zu erklären, werden sie die Klimakrise nicht ansatzweise lösen, betont Fernandes. Falls wir kein Wasser mehr in den Boden säen, werden wir keine Wasserreserven mehr zum Leben besitzen oder positiv ausgedrückt: Nur wenn wir Wasser säen, investieren wir damit in unsere Lebensgrundlage. Wir dürfen nicht darauf warten, dass andere den Job für uns machen.
Wasserreserven anlegen ist die Basis für das Leben auf dem Land. Wie können wir junge Menschen interessieren, sensibilisieren, motivieren und aktivieren, aus der Stadt zurück aufs Land zu ziehen, fragt ECO123 den Bauern? Das sei eigentlich ziemlich leicht. Stichwort Anreize. Zum Beispiel mit Steuererleichterungen. Passiert auch in anderen Ländern, der Schweiz und in Frankreich. Habe er mit eigenen Augen gesehen. Das Thema traditionelle Landwirtschaft solle in die Schulbildung integriert werden. Praktischer Unterricht solle auf dem Feld stattfinden. Jedem Schüler soll ein Beet gegeben und das Handwerk des Bauern helfen verstehen lernen. Interessierte Kandidaten nach Ende der Schulausbildung sollten nicht neun oder zehn Monate hinsichtlich einer Entscheidung auf Förderung warten müssen. Abbau von zu viel Bürokratie. Portugal brauche schnelle Entscheidungen.
Monchique sei übrigens einer der Orte, um erfolgreich Landwirtschaft zu betreiben. Die Basis dafür sei jedoch nicht ein Landwirtschaftsministerium und ihre Ingenieure mit theoretischer Ausbildung, die zum großen Teil keine Ahnung von der Praxis hätten. Die können mir meine Arbeit nicht abnehmen… Die Basis für eine gute Landwirtschaft sei die Natur selbst und die ländliche Beschaffenheit vor Ort, das tägliche Leben mit der Erde, der Sonne, dem Wasser – den Elementen. Die Erkenntnis, feuchte Böden verhindern Waldbrände, scheine noch nicht bis zum Landwirtschaftsminister Luis Capoula Santos vorgedrungen zu sein, auch nicht bis zu seinem Staatssekretär Miguel Freitas, verantwortlich für die portugiesischen Wälder. Wenn man das alte Wissen um das „Wasser säen“ im Landwirtschaftsministerium verstünde, könnten daraus die richtigen Schlüsse gezogen werden. Portugal würde mit einer nachhaltigen und vielfältigen Landwirtschaft, die uns gesund ernährte, auch viel weniger brennen. Und: kurze Wege vom Erzeuger zum Verbraucher.
Abschließende Frage. Sie arbeiten legal, zahlen Steuern, sind bei der Sozialversicherung angemeldet und können von ihrer Arbeit leben?
Legal ja. Leben erst in zwei Jahren, da bin ich mir sicher, dass ich dann davon leben kann. Ich verkaufe bereits jetzt, im dritten Jahr, mit einigem Erfolg Gemüse und Früchte an mehrere gute Restaurants. Und demnächst verkaufe ich dienstags und freitags in Monchique meine Produkte auf dem Markt.
Danke für das Gespräch.