Samstag, der 14. Dezember 2024.
Das laufende Jahr wird laut dem EU-Klimakrisendienst Copernicus das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.
Und weil ich dabei nicht wegsehen konnte, sondern genau hingeschaut habe, also dabei geblieben bin, behandele ich auch Bäume, wenn es sein muss und wenn ich darf. Als der Borkenkäfer in meine Pinien (pinheiro bravo) eindrang und diese Art des Insekts meinen schönen Mischwald zu vernichten drohte, habe ich einige Tage lang danach gesucht, wie ich den Borkenkäfer überlisten könnte, meine hundertjährigen Pinien und Korkeichen nicht aufzufressen. Ich muss vorausschicken, daß die Plage nach den Waldbränden von August 2018 ausbrach und zwar an der schwarz verbrannten Rinde der Bäume, die sich vom Boden bis in ungefähr drei Meter Höhe erstreckte. So hoch war die Feuerwalze, die durch unsere Wälder pflügte. Auf einmal hatten die Pinien kleine, runde Löcher, als wenn ein Handwerker mit dem Bohrer in den Baum Löcher durch die Rinde am Stamm gebohrt hätte. Und unter die Rinde hatten die Insekten schon die Eier abgelegt und die Larven wuchsen schneller, als man gucken konnte…
Ich nahm mein mobiles Thermometer mit nach draußen und maß eine erhöhte Temperatur, wie beim Fieber messen. Die Sonneneinstrahlung im Sommer war immens. An der angebrannten, schwarzen Rinde maß ich zwischen fünf bis sieben Grad erhöhte Temperatur, was natürlich ist, wenn man den Vergleich wagt und die Temperatur an normaler Rinde misst, die normalerweise grau-grün ist. Der Baum war nach dem Feuer nicht mehr in der Lage, sich gegen die Plage der Insekten mit der Ausschüttung von klebrigen Harzen zu wehren, in dem die Käfer verenden würden. Ich dachte nach und dann bekam ich eine Idee. Es war die Farbe SCHWARZ und die Wärme, die den Käfer triggerte.
Die Idee kam mir, weil ich einige Tage zuvor einen Bericht des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung gelesen hatte, in dem stand, dass zu Wasser geschmolzenes jahrhundertealtes Eis der Arktis die Wärme der Sonnenstrahlen statt zurückzuwerfen, aufsaugen würde und damit dem Klimawandel und der Erhitzung der Atmosphäre weitere Nahrung geben würde, ihn also verstärkte. Und einmal angebrannte, aber noch lebende, jedoch erkrankte Bäume in meinem Wald in Caldas de Monchique (Portugal) mit schwarzer Rinde saugen die Sonnenstrahlen dergestalt auf, statt sie zu absorbieren, zu reflektieren, zurück in den Weltraum zu schicken und schwächen die Bäume. Sie hatten erhöhte Temperatur…
… und es brauchte nicht viel mehr als weißen Kalk, ein Naturprodukt. Kalk reflektiert die Sonneneinstrahlung und hat so eine kühlende Wirkung auf die Baumrinde. Zudem ist Kalk desinfizierend. Ich mischte also diese weißen Klumpen aus der Drogerie mit etwas Wasser. Erschrecken Sie nicht, wenn Sie das versuchen nachzuahmen; denn die Mischung zischt, raucht und brodelt wie in einer Hexenküche … und beruhigt sich dann wieder. Ich rührte eine weiße, flüssige Mischung an, mit der ich die Bäume auf mehreren Metern hoch anstrich und wiederholte meine Malerarbeiten am nächsten Tag und siehe da, der Borkenkäfer ließ sich von mir zuerst irritieren und dann überlisten. Dort, wo der Baum weiß wurde, ging das Insekt nicht mehr in und unter die Rinde und ließ ab von seiner krankhaften Freßsucht bei den vorgeschädigten Bäumen, die jene desaströsen Waldbrände überstanden hatten, nun aber einem anderen Feind drohten, zum Opfer zu fallen. Wanderer blieben stehen und fragten mir Löcher in den Bauch, warum – um Gottes willen – ich die Bäume in meinem Wald weiß anstreichen würde? Irgendwann gab ich nur noch zur Antwort, daß Kunst im Wald auch eine schöne Alltagsbeschäftigung sei…
Denn ich war Anstreicher geworden, weil ich einen Baum weinen gesehen hatte und ich mir Gedanken gemacht habe, warum ein Baum weint. Dabei ist es nur natürlich, nach einem Waldbrand bitterlich zu weinen und die Wunden bei meinen Bäumen brauchten unbedingt Linderung. So brachte mich ein Freund auf die Idee, noch ein wenig mehr als nur Kalk aus der Drogerie zu kaufen, sondern auch ein paar tausend Euro (im Crowdfunding) zu sammeln, um eine Sprinkleranlage für den neuen Wald zu bauen. Denn in der Zwischenzeit hatte ich eine Entscheidung getroffen, die für die letzten Jahre meines Lebens von allergrößter Wichtigkeit sind: einen botanischen Garten zu pflanzen, mit heimischen, also mit nativen Bäumen und dazu gehören die majestätischen, wunderschönen Schirmpinien des Monchique Gebirges ebenso wie die Monchique Eiche (quercus canariensis), die Ulmen, Linden, Erlen und Eschen, wie auch Buchen und viele andere einheimische Baumarten, besonders auch Fruchtbäume wie Johannisbrot-, Pfirsich- Feigen- und Aprikosenbäume, Anona-und Apfelbäume, Oliven- und Pfefferbäume, (ja, Sie lesen richtig: Pfefferbäume) auch Lorbeerbäume und Zitruskulturen… Zitronen, Orangen, Clementinen, Pampelmusen und Grapefrucht – Walnussbäume, dann Mispeln und Kaki und noch vieles mehr… Ich lebe ja in einem Paradies auf Erden.
Niemals aufgeben.
Die Fruchtfolge des Jahres inspirierte mich dazu, in meinem Garten alle heimischen Bäume anzupflanzen, die es in Monchique früher gab und heute noch immer – wenn auch durch die Waldbrände sehr dezimiert – gibt. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, die traditionellen Baumarten Portugals zu bewahren, denn bedroht sind sie durch Feuer und andere Umweltgefahren wie Dürren, Klimakrise, Invasoren etc. mehr als genug. Als mir im Jahr 2017 ein halbes Tal im Gebirge zum Kauf angeboten wurde, hatte ich mich zu entscheiden, entweder kaufen oder die Finger davon lassen…
Und so stehe ich zu meinen Bäumen und setze mich, falls notwendig, für sie bedingungslos ein. Denn nicht Bäume sind eine Gefahr, nicht der Wald, sondern unsere menschliche, moderne Technologie mit dem kommerziellen Anspruch an den Wald, er möge für hohe Renditen sorgen: von schädlichem Eukalyptus der Papierindustrie bis zu Elektrizität durch Hochspannungsleitungen. Diesen Anspruch an Rendite hege ich nicht. Ich erfreue mich an einem möglichst gesunden Wald und freue mich über seine Geschenke, die Früchte, die Nüsse, die Pinienkerne und Kastanien und natürlich über das Lebens-Elexier, den Sauerstoff. Denn gute Luft nehmen wir als eine Selbstverständlichkeit mit durch das Leben. Gute Luft jedoch befindet sich nur im Wald und im Gebirge, gepaart mit Quellen und sauberem Wasser in Bächen. Und so wurde aus einem Naturfreund mit seinem Segelschiff, der aus Deutschland nach Portugal segelte – der Journalist – der sein Herz und seine Seele in der damals noch intakten Natur des Gebirges von Monchique verlor und hier an Land ging und ein neues Zuhause suchte und auch fand.
Und dann installierten wir eine starke Sprinkleranlage für diesen neuen und alten Wald, auf dass zukünftige Waldbrände meinen Bäumen nicht mehr zu nahe kommen. Auf rund drei Hektar Waldland sind neun Sprinkler installiert und schießen 5.000 Liter Regenwasser pro Stunde durch den Wald (falls ein Waldbrand naht) und nässen ihn ein. Wie eine Kanone sprüht der Sprinkler 25 Meter weit das kühle Nass bis zu zehn Meter hoch gegen die Winde, die das Feuer der Waldbrände vor sich hertreiben. Und während ich das schreibe, stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn alle Nachbarn so eine Sprinkleranlage auf ihrem Grundstück installiert hätten. Waldbrände des heißen und trockenen Sommers im Keim ersticken: mit Regenwasser aus den regenreichen Wintern, gespeichert in Zisternen.
Dann könnte der Klimadienst Copernicus vermerken, dass wir in Monchique das Ei des Columbus erfunden hätten und das Problem der Waldbrände sei damit gelöst, denn wenn jeder Baumfreund eine Sprinkleranlage sein eigen nennen könnte, könnte er damit Waldbrände ganz bequem löschen…