Samstag, der 13. Juli 2024.
Es ist offensichtlich, daß die Algarve und ihre Einwohner ein gravierendes Problem haben. Bisher gingen alle davon aus, daß das Volumen des Wassers auf unserm Planeten grenzenlos verfügbar ist. Nun wird mit dem Irrglauben – alle Ressourcen seien für alle Wirtschaftszweige unbegrenzt verfügbar – aufgräumt. Und so soll die Lösung sein, Meerwasser zu entsalzen. Wirklich? Meerwasser zu entsalzen ist immer die „ultima ratio“…
Der Algarve stehen harte Zeiten bevor. Der juristische Kampf von mehr als 20 Umwelt-und Berufsverbänden gegen eine Unbedenklichkeitsstudie der Agência do Ambiente, die dem Umweltministerium unterstellt ist, hat erst begonnen. Und es könnte Jahre dauern, bis das Gericht in Faro – oder eher in Lissabon – irgendwann einmal entscheiden wird, ob man eine Station zur Entsalzung von Meerwasser bei Albufeira bauen darf oder nicht. Unterdessen sollten die Bürger der Algarve sich anderweitig zu helfen wissen, denn mit der Perspektive, ohne genügend Wasser zu leben, können weder Landwirtschaft noch Tourismus wirtschaften und am wenigsten die Menschen in den 16 Landkreisen selbst, die an der Algarve leben. Wie also könnte eine nachhaltige Lösung aussehen?
ECO123 hat immer wieder darüber berichtet und die Begriffe der Genügsamkeit und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt des wirtschaflichen Handelns gestellt. Auch das Wasserversorgungsnetz ist marode und Löcher müssen geflickt werden. Es hat nichts genützt. Man wollte sich weder im Tourismus beschränken, noch bei der Pflanzung von hunderttausenden von Avocadobäumen in landwirtschaftlichen Regionen wie Silves und Lagos, in denen man vorher die traditionellen Bäume wie Feigen, Johannisbrot, Mandeln und Maulbeeren rodete, um Monokulturen in kilometerlangen Reihen maschinell zu pflanzen. Haben denn unsere Vorfahren alles verkehrt gemacht, nur weil sie nicht dem Geld hinterhergehechelt sind – nur weil sie wußten, die Algarve ist ein Trockengebiet und benötigt sensible Entscheidungsträger? Mit Wasser wußten unsere Vorfahren hauszuhalten. Das hatte man über Generationen gelernt.
Es gab immer wieder Dürreperioden und deshalb hat man Anfang des 20. Jahrhunderts eine grüne Vegetation geschaffen, die die trockenen Sommer fast ohne Wasser übersteht. Soviel wissen wir aus der Vergangenheit: in den Wintermonaten regnet es kräftig und dieses Wasser ist die einzige Reserve für die langen Sommermonate. Also sollten wir dieses Regenwasser sammeln, oder? Ob die Regenzeit auch in Zukunft Bestand haben wird, steht in den Sternen. Der menschgemachte Klimawandel könnte auch hier das Klima aus dem Gleichgewicht bringen. Regenchaos kennen wir aus den Überschwemmungen von Albufeira und Monchique zur Genüge.
Wer in den Tourismus investiert, ein Hotel bauen läßt oder ein Restaurant eröffnet, wer in eine Leihwagenfirma oder in ein Busunternehmen investiert, rechnete bisher nicht damit, dass sich die Investitionen nicht auszahlen. Man hat die Rechnung aber nicht mit der Natur gemacht und auch nicht die Hausaufgaben, daß die Algarve gar nicht soviel Wasserreserven für jährlich zwischen fünf und sieben Millionen Touristen bereitstellen kann.
Die Gesetze des Marktes sind mit den Gesetzen der Natur eben nicht in Einklang zu bringen. Ohne Wasser ist alles nichts. Und Geld kann man nicht trinken. Deshalb sollte man die Natur kennen, wissen wie sie funktioniert, und jeder menschliche Eingriff in die Natur sollte gut überlegt sein. Meerwasser zu entsalzen ist ein energieintensives Unternehmen und was machen die Verantwortlichen mit dem Salz, wenn sie nur das Wasser haben wollen?
In der Plattform PAS haben sich nun die verschiedensten Umweltorgansationen von Quercus über A Rocha bis SPEA zusammengschlossen und reagieren damit auf die Umbedenklichkeitsstudie der APA zum Bau der Entsalzungsanlage.
Daß an der Algarve das Versorgungsnetz, das Rohrleitungssystem der Wasserversorgung eigentlich eine komplette Generalüberholung und Instandhaltung bräuchte, darüber spricht nur die Verbraucherzentale DECO-PROteste in ihrem Juni-Newsletter. Sie hat eine aktuelle Recherche in allen 16 Landkreisen durchgeführt und ist darin auf großflächige Wasserverluste durch Lecks gestoßen. Unglaublich, daß dieses Thema an der Algarve nicht diskutiert wird. Man kennt die Zahlen seit mindestens einem Jahr.
Damit alle Verbraucher Zugang zu den Daten ihrer Kommunen haben, hat DECO unter www.deco.proteste.pt/sustentabilidade/fatura-agua einen Wasserrechnungssimulator eingerichtet, der auf den Daten der ERSAR-Berichte (Entidade Reguladora dos Serviços de Águas e Resíduos) basiert.
Diese Webseite, die ständig aktualisiert wird, enthält Informationen über die Wassertarife nach Landkreisen, die für die Dienstleistungen zuständigen Stellen, die Sozialtarifermäßigungen, die Wasserverluste und den Grad der Alterung und Sanierung der Versorgungsnetze.
Die Wasserverluste im Versorgunsnetz der Algarve sind enorm. DECO spricht von 15 Mio. Kubikmetern (1 Kubikmeter sind 1.000 l Wasser). An der Spitze der Verschwendung stehen sechs Landkreise: Loulé, Lagoa, Lagos, Silves, São Brás de Alportel und Castro Marim.
Im Jahr 2022 sind auf diese Weise an der Algarve mehr als 15 Millionen Kubikmeter Trinkwasser aus den lokalen Verteilungssystemen entwichen, was 49 % des Wassers entspricht, das den Haushalten in dem Jahr auch noch in Rechnung gestellt wurde. Dieser Wasserverlust im Jahr 2022 hätte ausgereicht, so Carolina Barreiros von DECO, um 49 Prozent des Bedarfs aller Familien in der Region zu decken, die durch den Tourismus stark belastet ist und in der es über einen langen Zeitraum zu Dürreperioden kommt, die zu einer Reihe von Sofort-Sparmaßnahmen führten.
Dachrinnen und Zisternen, in die das Regenwasser des Winters flösse, wäre ein Ansatz der Lösung. Es liesse sich kein Geld damit verdienen, aber es garanttiert dem Bürger Unabhängigkeit. Megaforst- und Landwirtschaftsprojekte, in denen intensive Bewässerungstechniken notwendig sind, sollten grundsätzlich von der APA verboten werden. Baumarten, die wasserintensiv sind, Eukalyptus und Akazien, sollten gerodet werden und durch heimische Baumarten ersetzt werden. Und Wasser sparen, sparen und noch einmal sparen. Ich stelle mir abschließend zwei Fragen: Was bringt ein langwieriger Gerichtsprozeß und was kostet das? Warum eigentlich setzen sich Umweltverbände und Regierungsbürokratie (APA) nicht an einen Tisch und finden in konstruktiven Gesprächen einen nachhaligen, gemensamen Lösungsweg.