Samstag der 24. April 2021
Die schlechte Nachricht. Die EU zählt zu den größten Treibern von Waldzerstörung. Das zeigt ein gerade veröffentlichter WWF-Report, der die Auswirkungen von Handelsbeziehungen auf die Entwaldung und Naturzerstörung von 2005 bis 2017 untersucht. 16 Prozent der globalen Tropenabholzung im Zusammenhang mit dem internationalen Handel gehen demnach auf das Konto der EU. Sie liegt damit auf Platz zwei der „Weltrangliste der Waldzerstörer“, hinter China (24 Prozent) und vor Indien (9 Prozent) und den USA (7 Prozent). Der WWF fordert die EU-Kommission auf, Verantwortung zu übernehmen und als Konsequenz aus dem Report für bessere und verbindliche Umwelt- und Sozialstandards in den internationalen Handelsbeziehungen zu sorgen. Als ersten Schritt fordert der WWF die EU-Kommission auf, ein starkes EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten zu verabschieden. Es muss verhindern, dass für unseren Konsum weiter intakte Natur wie Wälder, Savannen und Feuchtgebiete in Ackerflächen umgewandelt werden.
Am meisten tropischen Wald zerstörten im Untersuchungszeitraum die Importe von Soja, Palmöl und Rindfleisch, gefolgt von Holzprodukten, Kakao und Kaffee. In Brasilien, Indonesien und Paraguay vernichtete der EU-Konsum am meisten Waldfläche. Durch die importierte Entwaldung verursachte die EU 2017 indirekt 116 Millionen Tonnen CO2-Emissionen. Das entspricht mehr als einem Viertel der EU-Emissionen aus dem Sektor Landwirtschaft im selben Jahr. Diese indirekten Emissionen werden in den offiziellen Statistiken zu Treibhausgas-Emissionen nicht erfasst.
(https://www.wwf.de/2021/april/die-waldzerstoerungs-weltrangliste)
Die gute Nachricht. Eine Erfolgsgeschichte beim Thema Klimakrise ist die Pflanzung von Bäumen, schreiben Klimafolgenforscher vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung diese Woche im Wissenschaftsmagazin Nature. Bäume kompensieren und reduzieren unsere Emissionen durch Nutzung von fossilen Brennstoffen. Sie transformieren CO2 zu Sauerstoff. Und damit wir uns anfangs gleich richtig verstehen, es ist die Pflanzung einer großen Breite von Baumarten gemeint. Mischwälder mit allem, was es an Baumarten gibt, um nicht wieder in die Sackgasse der industriellen Monokulturen zu gelangen. Generell sind Bäume gemeint, die nicht wieder nur dem wirtschaftlichen Nutzen unterworfen werden, sondern Bäume, die langfristig dem Klima, der Flora und Fauna dienen, solche Bäume kommen auch dem Menschen zugute.
(https://www.nature.com/articles/s41467-021-22211-2 )
Hier könnte diese Nachricht enden, aber …
… ECO123 befasst sich selbst aktiv mit der Reduzierung von CO2. LeserInnen, die ECO123 schon länger kennen und abonnieren, wissen Bescheid, daß wir auf einem in 2018 abgebrannten Gebirgs-Grundstück bei Monchique einen Botanischen Waldgarten mit mehr als 1.001 Baum- und Buscharten pflanzen, wieder aufforsten..
Es ist die Industrie, es ist die Menschheit, die massenhaft CO2 produziert und die dafür in den kommenden Jahren kräftig zur Kasse gebeten wird. Die Emission von CO2 wird einen Preis bekommen, der stetig steigen wird, bis Produkte (wie Benzin, Kohle und Gas etc.) so teuer werden, daß es sich lohnt z.B. CO2-freien Strom zu produzieren und CO2 frei zu leben. Und so wird Bäume pflanzen auch zu einem politischen Thema. Denn Umweltpolitik muß absoluten Vorrang vor unregulierter Industriepolitik bekommen. 2030 ist das alles entscheidende Jahr. Die EU hat sich vorgenommen, bis dahin 55% weniger CO2 (im Vergleich zu 1990) zu emittieren. Die Industrie wird lernen und verstehen, daß sie den Gesetzen der Natur, der Ökologie, folgen muß und nicht umgekehrt. Denn nur dann hat sie Zukunft. Wirtschaft darf nicht mehr einfach Ressourcen aus dem Boden holen und das Meer ausbeuten, um daraus ein Produkt herzustellen und dabei Abfälle aus diesem Prozeß in Gewässer, Böden oder die Atmosphäre einleiten. Wirtschaft braucht Regulierung, braucht auch eine neue Rechtsform von Eigentum. Die Bürger und Steuerzahler benötigen die Aufnahme neuer Grundrechte in die Verfassung, am besten gleich in einer Verfassung auf europäischer Ebene. Es geht dabei zum Beispiel um das Grundrecht auf intakte Natur und gesunde Lebensbedingungen. Die Initiative “wemove” hat daran großen Anteil. Sie hat einen Vorschlag zu einer neuen Verfassung vorgelegt, in dem u.a. steht:
Artikel 1 – Umwelt. Jeder Mensch hat das Recht, in einer gesunden und geschützten Umwelt zu leben. (https://you.wemove.eu/campaigns/fur-neue-grundrechte-in-europa) Bäume dürfen nicht einfach nur gepflanzt werden, um sie nach einigen Jahren des Wachstum wieder zu fällen, nur um daraus Papier zu machen, oder Möbel, Baumaterial, oder auch Feuerholz zum Kochen und Heizen.
Jeder kann sich heute bereits beteiligen, in naher Zukunft klimaneutral zu leben. Bäume richtig zu pflanzen, müssen viele Menschen erst wieder lernen. Bäume achtsam zu pflanzen, bedarf eines großen Lernprozesses für das 21. Jahrhundert. Kinder in der Schule lernen (noch) nicht, Bäume zu pflanzen, Leute in den Städten auch nicht. Warum eigentlich (noch) nicht? Was steht dem im Wege? Fächerübergreifend, also Biologie zusammen mit Chemie, Mathematik, Philosophie und Physik usw. – in einem Fach wie NATUR zu vereinen: das könnten wir alle – Kinder wie Erwachsene – lernen, und dazu die besten Orte für eine Baum- und Pflanzenart zu bestimmen. Wo beginnen wir, Bäume zu pflanzen? Wo und Wie? Wir brauchen Verständnis-Wissen. Denn nicht jeder Baum kann irgendwo und zu jeder Jahreszeit gepflanzt werden. Hinzu kommt, daß jeder gepflanzte Baum jahrelange Nachbetreuung benötigt. Deshalb hat ECO123 die Baum-Patenschaft eingerichtet. Im Botanichen Waldgarten können Interessierte alles über Bäume, Flora und Fauna lernen. Denn einen Baum zu pflanzen braucht neben rationalem auch emotionales Wissen.
In wasserreichen Regionen pflanzen wir zum Beispiel Eschen, Erlen, Weiden und in wasserarmen Klimazonen pflanzen wir Johannisbrot, Schirmpinien und Zedern. Das sind schon mal sechs Baumarten. Immerhin ein Einstieg, den wir mit den Jahren mit immer mehr Wissen anreichern könnten. Wer sich heute für den Wald interessiert kann morgen 1.000 Baumarten bestimmen und weiß genau, wo ein Baum bestimmt gut anwächst, wo ein Baum hingehört. Es gibt sehr viele unterschiedliche Mikro-Klimazonen. Manchmal liegen diese nur wenige Meter voneinander entfernt. In den kühleren, der Sonne abgewanndten pflanzen Paten (Voluntäre) zum Beispiel Ulmen, Eichen und Buchen. Die brauchen eher nährstoffreiche Böden. Auch der ph-Wert ist wichtig und die Pilze in ihrer Nähe, denn sie transportieren die wasserlösliche Nahrung zu den Wurzeln. In einem nährstoffarmen Boden und bei großer Trockenheit pflanzen wir Casuarina, Pinie und Zypresse nicht aber Linde, Kastanie und Birke. Die Wissenschaft der Baumpflanzung ist fächerübergreifend. Schulen sind eingeladen, hier ihre Projekte in die Praxis umzusetzen. Sie müssen sich mit Nährstoffen beschäftigen, mit Böden, mit Wasserqualität und Quantität, mit den vier Elementen unserer Erde und mit einem fünften, das wir wissenschaftlich keiner einzelnen Disziplin zuorden können, mit Liebe und Gefühl und daß wir Bäume als unsere besten Freunde betrachten müssen, die uns das Leben retten, mit jedem Atemzug und gleichzeitig Schatten spenden.
Der Beruf des Försters ist in Portugal ausgestorben. Es gibt das Berufsbild nicht mehr. Das Arbeitsamt (IEFP) führt keinerlei Berufsangebote für Förster. Mit diese Defiziten müssen wir uns auseinandersetzen, denn das Klima gerät mit jedem Jahr mehr aus dem Gleichgewicht. Manche Baumarten kommen mit den klimatischen Veränderungen nicht gut klar. Der Süden Portugals ist allgemein bekannt als heiß und trocken. Aber es gibt darin Feuchtgebiete. Auf den Nordseiten seiner Mittelbegirge wachsen Kirschbäume, auf der Südseite an Bachläufen die Bananen, sogar Guaven und andere tropische Früchte.
Existenzielle Gefahren schafft der Klimawandel für viele Baum und Tierarten. Bei jedem Waldbrand verbrennen Millionen Bäume und Tiere. Das Artensterben beschränkt sich nicht auf lokale Waldbrände. Bei den Bäumen schießen Akazien und Eukalyptus nach jedem Waldbrand wild aus dem Boden und verdrängen viele anderen Baumarten. Deshalb zieht ECO123 seit dem Waldbrand von 2018 jedes Jahr tausende von jungen invasiven Akazien aus dem nahrungsreichen Boden in Bachnähe einerseits, aber unsere Voluntäre haben andererseits mit einer Baumschule begonnen, um Eichen, Kastanien, Schirmpinien und viele andere heimische Baumarten zum Leben zu erwecken. ECO123 tauscht auch Bäume, der Vielfalt willen. Die Erfindung eines kleinen natürlichen Schattenspenders für jung gepflanzte Bäume besteht aus dem Naturmaterial Kork und mehreren Schilfstöckchen. Denn junge Bäume sind sehr sensibel, je näher der Sommer rückt und je länger dauern. Mehr Hitze, längere Trockenheitsperioden, chaotische Regenfälle. Mit jeder Stunde höherer intensiver Sonneneinstrahlung wächst die Gefahr, in den ersten Jahren nach der Pflanzung eines Baums, daß dieser von einem Tag zum anderen wieder abstirbt, vertrocknet.
Selbst mit 50-jährigen Korkeichen wurde die Erfahrung gemacht, daß bei südöstlichen, warmen und trockenen Saharawinden (weniger als 30% Luftfeuchtigkeit, mehr als 30 km/h Windgeschwindigkeit, mehr als 30 Grad C Temperatur) ein Tag und eine Nacht bereits ausreichen, um einen Baum zu zerstören. Mit vielen tausend Litern Wasser wurden Versuche unternommen, offensichrlich abgestorbene Korkeichen wiederzubeleben. Große Zisternen anzulegen, um das winterliche Regenwasser im Sommer beim Bewässern eines neuen Waldes von jungen Bäumen nutzen zu können, ist das Ziel.
ECO123 hat vor drei Jahren begonnen, einen Botanichen Waldgarten anzulegen. Es ist eine herausfordernde Arbeit, mit veränderten Klimabedingungen arbeiten zu müssen. Es wird heißer und trockener und bei jeder Pflanzung muß man sich auch auf mögliche Überschwemmungen vorbereiten. Als erste Initiative nach dem Waldbrand wurden Terrassen angelegt, damit Regenwasser in den Boden eindringen kann. Bis vor kurzem konnte das Wasser eines Baches ganzjährig genutzt werden, um die jungen Bäumchen auch im Sommer zu bewässern. Jetzt fällt er im Hochsommr trocken. ECO123 bereitet sich darauf vor, ein Bewässerungssystem aus galvanisierten Eisenrohren unter der Erde zu installieren, und an strategischen Punkten Springler anzubringen, die mindestens einen weiteren Waldbrand überdauern. Denn es wurde in 2003 und 2018 die Erfahrung gemacht, daß PVC Rohre zu Sondermüll verschmoren und sich mit der Erde vermischen.
Jeden Samstag von 10 bis 13 Uhr treffen sich Freunde des Waldes auf dem Waldgrundstück in Esgravatadouro, Cooperativa do Ambiente CRL. bei Monchique, besonders, um den Wald besser verstehen zu lernen und um mitzuhelfen, einen Mischwald zu pflanzen. Anmeldungen bitte über www.eco123.info per Email. Falls Sie Interesse haben sollten, einen Baum zu sponsern oder sogar selbst zu pflanzen, können Sie Baumpate oder sogar Mitglied in der Genossenschaft werden. Mit jedem gepflanzten Baum verringern Sie ihren Fußabdruck im ersten Jahr um zehn kg CO2, im zweiten Jahr um 15 kg CO2, im dritten Jahr um 22,5 kg CO2 usw.