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Die Neue Bank oder nur eine neue Bank?

In den letzten Monaten verfolgte ich staunend die Entwicklungen der Banco Espírito Santo. Für einen typischen Portugiesen gehört die BES zu seinem Leben. Fast niemand entkam diesem Universum, welches selbst weit über eine bloße Bank hinausging. Die Versicherungsgesellschaft Tranquilidade zum Beispiel: wer kennt sie nicht?
Seit vielen Jahren bin ich Kunde der BES, zum einem direkt bei der Bank, aber auch indirekt durch die in Inanspruchnahme der mit ihr verbundenen Dienstleistungen.
Warum hatte ich die BES gewählt? In erster Linie nicht nur, weil sie groß war. In meinem Fall eröffnete ich bei der BES von Saldanha in Lissabon einige Konten, weil mein Vater mit dem Filialleiter bekannt war, nicht aus beruflichen Gründen, sondern weil sie sich bei einem Mittagessen für Absolventen ihrer ehemaligen Schule kennengelernt und sich trotz Altersunterschiedes sehr sympathisch fanden. Es gab in meinem Umfeld immer jemanden, der mit dieser Bank oder mit dem diese Bank zu tun hatte.
Vor 27 Jahren hatte die BES in Saldanha ein richtiggehendes Heer von Angestellten. Schon beim Betreten der Bank blickte man auf ungefähr dreißig Beschäftigte, die alle zusammen in einem großen Raum arbeiteten. Wie sich das gewandelt hat… Heutzutage hat jede Filiale seine vier Festangestellten, ein jeder sitzt in seinem kleinen Abteil. Ein Job in einer Bank war gleichbedeutend mit einer sicheren und glücklichen Zukunft.

Der abrupte Sturz solch einer angesehenen, über 140 Jahre alten Einrichtung gibt uns zu denken.

BES gehörte zu den großen Banken, Symbol von Stabilität und Macht. Der abrupte Sturz solch einer angesehenen, über 140 Jahre alten Einrichtung gibt uns zu denken. Könnte es sein, dass auch scheinbar sichere Unternehmen von der Krise betroffen sind? Ich bin kein Experte in Bankenfragen, aber ich wusste eigentlich Bescheid oder sollte es zumindest. Ich dachte jedenfalls, ich „wüsste“, und zu meiner Verteidigung besaß ich sogar einen Lehrstuhl an der Universität „Moeda e Crédito“ (“Geld und Kredit”), wo die Grundsätze der Bankensysteme von einem Professor gelehrt wurden, an den ich mich noch immer mit Bewunderung erinnere: John Costa Pinto, nicht nur ein hervorragender Lehrmeister, sondern auch ein Mann, der wichtige Positionen unter anderem in der Banco de Portugal und der Caixa de Crédito Agrícola innegehabt hatte. Der Punkt ist, dass er mir die Vorstellung von der Seriosität des Bankensystems vermittelt hatte und damit auch das Vertrauen in dasselbe gerechtfertigte.
Finanzierungspläne für Betriebe und Privatpersonen werden rationell erstellt, und auch wenn sie nicht ganz frei von einem gewissen Risiko sind, so haben die Banken damit doch positiven Einfluss auf die Gesellschaft. In den letzten Jahrzehnten jedoch hat sich das Bild gewandelt: von angesehenen Einrichtungen zu Unternehmen, denen man nicht mehr vertrauen kann. Die gleiche Logik, nach der diesen Finanzsystemen zumindest eine gewisse Ehrlichkeit und Verlässlichkeit dem Kunden gegenüber nachgesagt wurde, führt nun zum Eindruck, die Banken hätten die Selbstbedienung falsch verstanden. Anders ausgedrückt, die Komplexität der angeblich nötigen bürokratischen, unternehmerischen, räumlichen, steuerlichen Vorbedingungen gehen inzwischen oftmals weit über das normale wirtschaftliche Maß hinaus. Das gipfelt darin, dass einige Personen und Institutionen damit mehr Gewinne (oder Verluste) machen, oft jedoch letztendlich viele, sehr viele normale Menschen ihr Geld verlieren.
Wir leben heute inmitten von Entwicklungen, hier und dort, mit diesem und jenem, die kaum noch zu kontrollieren sind. Nun hat die Stunde für die BES geschlagen. Und auch für uns ist der Moment gekommen zu erkennen, wie weit wir uns schon von einem gesunden Finanzsystem entfernt haben. Und es wird nicht einfach werden zurückzukehren, da wir uns schon sehr weit entfernt haben. Heute brauchen wir in dieser Beziehung eine Lösung, die nicht immer einfach ist. Wir dürfen als Gläubiger (oder Schuldner) des Bankensystems nicht den bestmöglichen Zinssatz erwarten, ohne uns auch damit zu beschäftigen, wie dieser zustande kommt. Als eventuell indirekter Nutznießer von Betrug und Spekulationsgewinnen muss es uns bewusst sein, wo das endet.
Zur Bürgerpflicht gehört es, sich auch mit der Handlungsweise des Bankensystems auseinanderzusetzen, da sich diese auch auf unsere persönliche Finanzkraft auswirken kann, wie wir gesehen haben. Heute gibt es bereits in einigen Ländern neue Bankeninitiativen im Finanzsystem, die vor allem anderen auf Transparenz, Nachhaltigkeit und auf Ehrlichkeit setzen. Auf diesem Wege sollten wir voranschreiten und mit vereinten Kräften diesen Initiativen auch in Portugal den Weg ebnen.

About the author

Antonio Veiga: Geboren in Lissabon, studierter Ökonom. Arbeitet als Steuerberater und ist seit mehr als 20 Jahren Mitglied des Vorstandes der Vereinigung der Auslandsresidenten Guinea-Bissaus. Lebt in Lissabon.

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