Ein Pendler ist jemand, der das Fahrrad zum täglichen Pendeln verwendet, im Gegensatz zu einem Radfahrer, der das Fahrrad zu Sport oder Erholung nutzt. In Wirklichkeit ist dieses Schubladendenken irreführend, da ich – wie viele andere auch – beides verbinde, und das häufig während der gleichen Fahrt. Es kommt nicht selten vor, dass ich eine längere Strecke zur Arbeit wähle, einfach wegen des Vergnügens, beim Treten den kühlen Wind im Gesicht zu spüren und die Schönheit der von der Morgensonne angestrahlten Stadt zu genießen.
Das Fahrrad als Transportmittel einzusetzen wurde für mich innerhalb kürzester Zeit zu einer (ich würde nicht sagen: Besessenheit, so aber doch zu einer) Sucht. Und wenn das Radfahren nun immer mehr in Mode kommt, so ist es eine Modeerscheinung zum Guten, denn dadurch zirkulieren glücklicherweise immer mehr Zweiräder auf portugiesischen Straßen. Dies führt nicht nur zu weniger Autoverkehr und damit zu mehr Gesundheit, sondern – warum auch nicht? – verschönert darüber hinaus auch das Stadtbild. Nur wurde dieses exponentielle Wachstum der zum Pendeln benutzten Fahrräder leider nicht bei der portugiesischen Städteplanung berücksichtigt. Und so kommt es immer wieder zu Höflichkeit vermissendem Verhalten auf allen Seiten, sei es bei den Autofahrern, den Radlern oder den Fußgängern.
Es gibt zwar in Lissabon immer mehr Radwege, und selbst wenn sie oft nicht besonders gut gemacht sind, so bedeuten sie doch einen Mehrwert für die Stadt. Aber es gibt auch Radbenutzer, die, wie in meinem Fall, das Fahren auf der Straße vorziehen, weil dort höhere Geschwindigkeiten erreicht werden können. Das hat nicht zwangsläufig mit Eile zu tun, sondern eher mit Freude am zügigen Fahren. Bei Gelegenheiten, wo es mir mehr auf Komfort und Ruhe ankommt, bevorzuge ich den Radweg.
Aber unabhängig von dieser Entscheidung ist das Fahrrad seit Jahren mein Lieblingstransportmittel, vor allem, weil mir die Fortbewegung damit Spaß macht, weil ich mich dabei gleichzeitig an der lissabonner Szenerie erfreuen kann. Und auch wenn sich Lissabon in diesem Sinn zunehmend an Amsterdam annähert, bleibt noch viel zu verbessern. Schon mit ein paar einfachen Änderungen könnte man die Stadt einladender für Fahrradfahrer machen.
Eine der einfachsten und wirksamen Maßnahmen wäre es, die Autofahrer zu einer Nachschulung aufzufordern, ähnlich wie es bei schweren Fahrverstößen gemacht wird. Man bräuchte mit ihnen nur eine kleine Fahrradtour auf den Hauptstraßen der Stadt zu unternehmen, damit sie begriffen, wie sich das anfühlt: auf von Autos stark frequentierten Straßen mit dem Rad unterwegs zu sein.
Eine weitere wirksame, jedoch weitaus aufwendigere Aktion wäre es, ein Verkehrsleitsystem für Radfahrer wie in Paris oder in den Niederlanden einzuführen. Diese Zeichen gibt es für Fußgänger und Autofahrer, warum nicht auch für Radler?
Trotz des Mangels an Perfektion vermengt mit einer gewissen Gefährlichkeit ist Lissabon als Fahrradstadt, bzw. Gesamtportugal, weit davon entfernt, gänzlich ungeeignet für die Schaffung einer Radfahrerkultur zu sein. Es liegt an uns, die wir das Rad schon benutzen und an denen, die das auch gern tun möchten. Halten wir es mit Ghandi: „Sei du selbst die Veränderung, die du in der Welt sehen möchtest!“