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Was muß noch passieren, damit die Regierungen Europas endlich handeln?

Auf dem Weg in die Hölle.
Was muß noch passieren, damit die Regierungen Europas endlich handeln?

Samstag, der 7. Oktober 2023.

Die Welt steuert auf einen Scheidepunkt zu – langsam und fast wie in Zeitlupe. Jedes Jahr wird’s ein wenig heißer, jedes Jahr regnet es ein bißchen weniger. Dann endlich gibt es mal wieder Regen und das auf einmal und in riesigen Mengen. Fruchtbarer Boden, wichtig für die Landwirtschaft, wird weggeschwemmt. Was bleiben sind Trümmer, Steine, Felsen, Müll. Zwischen den seltenen Regenperioden brennen die Industrieforste aus Eukalyptus u.a. Spezies und entzünden dabei native Wälder, Häuser, Autos usw. zum Teil fordern die Waldbrände und Ãœberschwemmungen auch viele Tote. Dann Stürme, Tornados und Hurrikane. 45% der Emissionen weltweit oder 1,65 Gigatonnen CO2 wurden in der EU im Jahr 2021 in die Atmosphäre geblasen. Soweit die Fakten…

Es geht um sechs Jugendliche aus dem Landkreis Leiria in Portugal. Dieses Mal nicht um die Feuerwehren zu Land und die Retter in ihren gelben Wasserflugzeugen am Himmel, die in Extraschichten arbeiten, um das Land bewohnbar zu halten: Häuser, Menschen und Tiere, die gerettet werden. Nach den Waldbränden stehen die Häuser oft da als Inseln in einem Meer von schwarzer Asche. Die Piloten sind die Helden auf dem Weg in die Klimakatastrophe. Der Mensch wehrt sich, hier und da – und doch ist er nur Teil der Natur, die er meint, sich untertan zu machen. Da – und auf einmal – treten sechs Jugendliche in den Fokus der Öffentlichkeit.

Jede Dürre hat der Mensch selbst zu verantworten. Ausgetrocknete Flußbetten, versiegende Quellen sind dem Klimawanel geschuldet, hervorgerufen durch das Verbrennen von Kohle, Benzin, Diesel, Gas usw. Und es geht munter weiter mit den Emissionen. Fast jeder zweite Mensch fährt weiter sein KFZ mit Benzin- und Dieselmotor. In der Zwischenzeit sind es knapp fünf Milliarden Autos weltwelt. Wahnsinn? Es steigert die Konzentration von CO2 in unserer Atmosphäre. Diese heizt sich langsam immer weiter auf. Das Wetter, ein hochsensibles Gebilde im Gleichgewicht aus Wärme und Kälte, regelmäßigen Winden, aus Meeresströmungen wie dem Golf- und dem Labradorstrom (u.a.) erlebt jetzt Temperatursteigerungen der Gewässer in den Ozeanen und in der Luft. Die Atmosphäre funktioniert ab jetzt immer mehr nach dem Chaos-Prinzip.

In dieser prekärem Situation begeben sich sechs Jugendliche im Alter von 11 bis 24 Jahren aus Leria (Portugal) mit ihren Anwälten aus London auf den Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nach Strassburg (Frankreich) und verklagen 33 europäische Staaten, u.a Portugal, Deutschland, Großbritannien u.v.a. auf Klimagerechtigkeit. Am Mittwoch, dem 27. September kommt es zur ersten Anhörung der Klage durch GLAN, einer britisch-irischen Anwaltskanzlei (https://glanlaw.org), die die Mädchen und Jungen pro bono vertritt und einer ersten Reaktion der beklagten Staaten mit ihren Justiziaren, die die Klage versuchen abzuweisen. Jetzt wird erst einmal verhandelt. Wer knapp fünf Stunden Zeit hat, verfolge den gesamten ersten Gerichtstag online, denn das Hohe Gericht für Menschenrechte tagt immer transparent und hat die Verhandlung aufgezeichnet:

https://vodmanager.coe.int/cedh/webcast/cedh/2023-09-27-1/en)

Es geht ganz konkret um extreme Wettersituationen mit Hitzewellen, Stürmen, Dürren, Regen und Überschwemmungen und natürlich um Waldbrände, die bereits seit 2017 überall Realität (nicht nur) in Portugal geworden sind. „Wir können nicht mehr so leben wie wir es möchten, wir fühlen uns in unseren Menschenrechten beschnitten,“ sagen André, Sófia, Martim, Mariana, Claudia und Marina. Dem Verfahren liegt ein 42-seitiges Gutachten des renommierten Wissenschaftlers Prof. Dr. Carl-Friedrich Schleussner und Kolleginnen vom Internationalen Institut „Climate Analytics“ (https://climateanalytics.org/) mit Sitz in Berlin und Büros in New York, Lomé und Perth zugrunde, das eine Welt am Abgrund skizziert.

Das Gerichtsverfahren, das bereits 2020 eingereicht wurde, ist letztlich von der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte akzeptiert worden. Das überrascht. Damit gibt die Vorsitzende Richterin, die Irin Siofra O’Leary (2015 bis 2024) und die 18 weiteren Richterinnen dem Thema Klimawandel den Rang und die Wichtigkeit, den die Kläger brauchen und damit maximale Aufmerksamkeit.

Sollte dem Klimawandel das gesteigerte journalistische und politische Interesse entgegengebracht werden, wie anderen Themen, siehe Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie u.v.a. – vielleicht könnte die Welt dadurch ein wenig besser, zumindest weniger heiß und das Pariser Klimaabkommen von 2015 endlich Realität werden. ECO123 bleibt dran am Thema und wird weiter über diesen Fall berichten. Bleiben auch Sie dran.

 

+info: https://www.crowdjustice.com/case/youth4climatejustice/

Uwe Heitkamp (62)

ausgebildeter Fernsehjournalist, Buchautor und Hobby-Botaniker, Vater zweier erwachsener Kinder, kennt sei 30 Jahren Portugal, Gründer von ECO123.Translations: Dina Adão, John Elliot, Ruth Correia, Patrícia Lara, Kathleen Becker
Photos:dpa

 

 

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