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In Demut für den Frieden.

Samstag, der 14. Oktober 2023.

Zum Frieden und zum Erhalt des Friedens braucht es aktives Saatgut. Wer ein Volk jahrzehntelang unterdrückt, ihm den Boden zum Leben wegnimmt, ihm die zum Überleben nötigen Ressourcen raubt, sogar selbst das Wasser abzweigt, darf sich nicht wundern, wenn der Moment kommt, in dem es gehörig knallt. Denn die Investition in Hass und Gewalt ist eine Spirale. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem keine Geduld und keine Hoffnung mehr auf bessere Zeiten existieren. Aktives Saatgut zum Hass sind, wenn ein Mensch dem anderen die Chance zur Entwicklung, wenn ein Staat dem anderen das Existenzrecht nimmt und wenn man seine Glaubensbekenntnisse mit Füßen tritt: zum Beispiel die Religionsfreiheit. Gewalt wird dann Mittel zum Zweck. Wer sich nicht selbst immer wieder fragt, wie Gewalt entsteht, woher sie kommt und warum sie angewendet wird, der kennt den Frieden noch nicht.

Aktives Saatgut zum Frieden beginnt beispielsweise damit, daß man eine Wüste in fruchtbares Land konvertiert, auch mit konstruktiven Investitionen in das Gesundheits- und Gemeinwesen. Bäume pflanzen, die Lebensqualität garantieren: Schatten, Nahrung, Verbesserung des Bodens. Gute Schulbildung gehört ebenfalls dazu. Man tut etwas für den anderen und das aus Gründen, um den anderen zu stützen, ihn zu befähigen, selbst zu gehen. Das ist oft leichter gesagt, als getan. Aber einer muß damit beginnen. Dieses Leben basiert grundsätzlich auf Gewaltverzicht. Freundschaft und Gemeinnutz ist einzige Ziel, nicht Rache.

Fast 53 Jahre ist es jetzt her, daß Willy Brandt vor dem Warschauer Ghetto auf die Knie ging und eine halbe Minute im Schweigen an die Opfer des Nazi-Regimes dort regungslos verharrte.

Er kniete am 07. Dezember 1970 vor dem Mahnmal im einstigen jüdischen Ghetto in Warschau, das den Helden des Ghetto-Aufstandes vom April 1943 gewidmet ist. Brandts Kniefall war Eingeständnis deutscher Schuld – für die Menschheitsverbrechen des Holocausts und des Vernichtungskriegs gegen Polen. Der deutsche Kanzler verbeugte sich vor polnischem Leid und dem Mut der Jüdinnen und Juden, die 1943 den Ghetto-Aufstand gegen deutsche Besatzer wagten. Diese Geste der Demut gilt auch weiterhin in diesen Tagen.

Krieg ist keine Alternative. Deshalb zurück zum Frieden. Was wäre, wenn die Waffen morgen schwiegen? Was wäre, wenn die entführten Opfer ausgetauscht würden? Was wäre, wenn dem Feind die Hand gereicht würde und als vertrauensbildende Maßnahme ein Wald gepflanzt würde, den beide Seiten über die Grenze hinweg bewässern und gemeinsam betreuen? Häuser zerbomben ist eine simple Aktion der Rache, Raketen zünden ebenso dumm wie einfallslos, denn sie fliegen nur irgendwohin um zu explodieren und zu zerstören. Sind wir denn im Jahr 2023 nicht weiter als 1939? Haben wir uns nicht weiterentwickelt als Mensch? Es sträubt sich in mir alles, den Krieg einen gerechten zu nennen. Nur Frieden ist eine gerechte Sache. Es sträubt sich in mir alles, einer Seite beizustehen und die andere zu verdammen, obwohl natürlich eine Seite den Krieg begonnen hat. Aber was hat dazu geführt? Wie gesagt, es ist höchste Zeit, nicht immer wieder die alten Fehler zu wiederholen und als Journalisten immer wieder das Gleiche zu schreiben. Es ist höchste Zeit für Frieden auf Erden (das kann ich gar nicht oft genug schreiben) und damit muß einer beginnen. Ich plädiere dafür, daß die Waffen schweigen, bedingungslos – und wir uns Gedanken machen, wie es zwischen uns Menschen im Frieden weitergehen kann. Man kann die verbliebene Zeit auch mal zu etwas ganz anderem nutzen …

Uwe Heitkamp (62)

ausgebildeter Fernsehjournalist, Buchautor und Hobby-Botaniker, Vater zweier erwachsener Kinder, kennt sei 30 Jahren Portugal, Gründer von ECO123.Translations: Dina Adão, John Elliot, Ruth Correia, Patrícia Lara, Kathleen Becker
Photos:dpa

 

 

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