Samstag, der 1. Juli 2023.
Diese Geschichte beginnt mit dem Verlust von Wäldern. Der Fehler, der (nicht nur) in Monchique gemacht wird ist vermutlich der, daß der Wald, also die Natur, immer nur als gewerbliche Nutzfläche betrachtet wird. Eine Investition in den Wald also muß Gewinn, muß Profit abwerfen, denn sonst lohnt sich diese Investition nicht. Das bezieht sich nicht nur auf finanzielle Interessen, sondern auch auf Arbeit, die physische Investition in Stunden, Tagen und Wochen nach sich zieht. Ist der Wald denn wirklich nur eine gewerbliche Fläche, so etwas eine Wurstfabrik? Hat Wald nicht auch etwas grundsätzlich Ehrenwertes in sich: Naturschutz, Naturerbe, Schönheit? Betrachten wir den Wald heute doch mal von dieser Seite.
Seit vielen Jahren mache ich mir Gedanken was meine Arbeit als Journalist mit Bäume pflanzen gemein hat? Gibt es Berührungspunkte? Zeitung wird auf Papier gedruckt. Dafür wurden über hunderte von Jahren immer wieder Bäume gefällt und Holz zu Papier verarbeitet. Daraus entstand eine Geschäftsidee und aus der Geschäftsidee die Monokultur. So entstand die Forstwirtschaft mit in Reihen gepflanzter Bäume…
Ich erinnere mich, daß ich mal einem Freund half, Beeren zu pflücken. Daraus machte er den Medronho-Schnaps. Dem gleichen Freund half ich, einen LKW voller Strohballen zu entladen, die er für seine Kühe brauchte, um sie durch den trockenen und heißen Sommer zu bringen. Nie wollte ich dafür entlohnt werden. Und nach dem großen Waldbrand von 2003 pflanzte ich mit LeserInnen rund 5.000 Bäume im Winter des Jahres 2004. Das war freiwillige Arbeit. Da wurde ich zum ersten Mal gefragt, was ich dafür bekomme. Damals war mir nicht gleich klar, worauf sich die Frage bezieht, denn ich bin ja von Beruf Journalist und stamme nicht aus Monchique. Ich werde pro „geschriebenes Wort“ und „veröffentlichtes Foto“ bezahlt. Arglos entgegnete ich, daß ich die Bäume pflanze, weil es mir eine Freude ist. Ich erntete ein Lachen. Dieses Lachen war kein sauberes Lachen. Es war dreckig, denn ich merkte schnell, daß ich mit meiner Antwort der Dumme war. Wer also etwas aus Freude macht, ist nicht ganz normal. Viellecht bin ich nicht ganz normal, richtig.
Nach jedem Waldbrand machte ich mich auf, den Verlust des Waldes durch neue Baumpflanzungen heimischer Baumarten zu kompensieren. Dabei stellte ich fest, daß die Wiederaufforstung in Monchique selbst kein Thema ist, denn Wald ist ja „business“. Da wurden verbrannte Korkeichen einfach mit Eukalyptus ersetzt. Und nach jedem Waldbrand entstanden zuerst Lücken, dann Brachland und irgendwann blieben Felsen zurück, denn die Erde wurde vom Wind verweht, weil keine Wurzeln von Bäumen mehr das Wasser speicherten und die Erde festhielten. Und dann kamen die Invasoren. Stellen Sie sich vor, sie fällen einen invasiven Baum, eine Pflanze, die aus Australien Mitte des 19. Jahrhunderts nach Portugal geholt wurde, eine Akazie oder Mimose. Eine Linde, eine Kiefer, ein anderer heimischer Baum wäre nach dem einem Waldbrand und dem Fällen weg, die Akazie, die Mimose aber erweckt das Fällen erst zum Leben. Es wachsen auf einmal zehn neue Bäume und aus den zehn neuen Akazien und Mimosen in ganz kurzer Zeit wieder zehn neue und immer so weiter. Sie sind Flach- und Tiefwurzler und entwickeln in der Erde ihr System an Kommunikation. Diese Baumart ist dem Menschen bei weitem überlegen. Die meisten einheimischen Baumfäller haben die Lebensweise der Invasoren bis heute nicht begriffen. Sie denken, mit der Benutzung einer Motorsäge wäre das Problem gelöst. Wer eine Akazie jedoch mit einer Motorsäge fällt, muß sich darauf gefasst machen, dass er im nächsten Jahr zehn oder noch mehr Akazien auf seinem Grundstück wachsen hat. Und die Vervielfältigung ist nicht linear …
Würden wir einen heimischen Baum und damit den Wald als etwas Wertvolles betrachten, als etwas, was von unschätzbarem Wert ist, einzigartig und was nicht in Geld konvertierbar wäre, sondern als Lebensversicherung – gingen wir mit dem Wald eine Beziehung ein, eine Freundschaft, einen Bund fürs Leben, dann würden wir schnell erkennen, daß er uns die Luft zum Atmen gibt, denn er wandelt CO2 in Sauerstoff um, den wir Menschen ihm geben und dafür gibt er uns den Sauerstoff im Tausch zurück. Bäume geben uns Schatten, sie geben uns Früchte, sie geben Orientierung. Das Leben ist ein ewiges Nehmen und Geben. So sehe ich darin einen tieferen Sinn, für mein bedrucktes Papier im Tausch einen neuen Wald zu pflanzen, den neuen Botanischen Garten von Caldas de Monchique. Er soll einmal das sein, was Monchique über viele Jahrhunderte einmal war, die grüne Lunge der Algarve, zumindest ein kleiner Teil davon, ein Andenken an diese besseren Tage. Und es ist noch gar nicht so lange her, da wurden Bäume von Vätern für ihre Kinder oder von Großvätern für ihre Enkel gepflanzt. Es war eine Investitiuon in die Zukunft.
Zu Beginn des Klimawandels einen diversen Wald pflanzen? Genau das. Nicht ganz einfach, wenn das Wasser immer weniger wird. Also jeden Tropfen Regen auffangen und speichern. Regenwasser nutzen, zur Bewässerung junger Bäume. Regenwasser nutzen, um ein Schutzsystem gegen Waldbrände zu installieren: Sprinkler. Viele heimische Bäume pflanzen, die keinen gewerblichen Wert haben, aber einen hohen symbolischen Wert: zum Beispiel die Monchique Eiche (lat.: Quercus Canariensis) Das ist eine der schönsten Baumarten: ein Baum, der mit sehr wenig Wasser auskommt und wenn er dann größer wird, ein starker Freund wird aus Hartholz, in den Insekten kaum eindringen können. Das Ziel des neuen Botanische Gartens von Caldas de Monchique ist, viele unterschiedliche alte Baumarten zu erhalten; zum Beispiel die Ulme, (lat.: Ulmaceae) die in unserem Ort seit Jahrhunderten ein Zuhause hat. Aber auch die Schirmpinie, Casuarina, der Johannisbrot-, Walnuss- und Mandelbaum, die Erle und Esche u.v.m. Diese Geschichte endet mit dem Gewinn von Wäldern. Es ist die einzige natürliche Antwort auf den Klimawandel. Pflanzt Bäume aus Freude – und – schützt diese Freunde vor Waldbränden! Seid vorsichtig und spielt nicht mit dem Feuer!