Die Menschheit steckt in einer ihrer größten Krisen. Der Grund dafür ist ein kleines Molekül. Kohlendioxyd. Ein Gas, dessen Vorkommen in der Erdatmosphäre verschwindend gering ist. Aber seine Wirkung ist gewaltig. Wir heizen unseren Planeten damit auf, weil wir permanent Benzin, Diesel, Kohle, Gas und andere fossile Stoffe verbrennen und dabei CO2 ausstoßen, viel zu viel, tonnenweise. ECO123 schreibt heute seine Geschichte zur Klimakrise und betrachtet die Krise als größte Herausforderung, eine echte Lösung zu finden, zu handeln. Wie machen wir das?
Um diese Frage vorneweg zu beantworten: von 100 Teilnehmern haben sich nach acht Monaten 85 verabschiedet. Vielen fehlt das Durchhaltevermögen beim Ausfüllen. Es gibt auch Teilnehmer, die ihre Zahlen schön schreiben und wiederum andere, die keinen blassen Schimmer haben, was aus dem Auspuff ihres PKWs in die Atmosphäre gelangt. Vermutlich müsste die Autoindustrie gezwungen werden, den Auspuff mit all den Emissionen in die Fahrerkabine zu leiten, um einigen Zeitgenossen auf die Sprünge zu helfen…
Was uns angenehm überrascht, sind die verbliebenen Teilnehmer. 15 Personen halten acht Monate durch und befinden sich gegenwärtig auf ziemlich gutem Weg zum Ziel. Nach acht Monaten sind bereits zwei Drittel der Strecke durch Zeit und Raum zurückgelegt. Diesen 15 Teilnehmern gilt hier und heute unsere volle Aufmerksamkeit. Denn die Frage, die sich uns im Besonderen stellt, lautet: wie realistisch ist es im Jahr 2020, mit einem Guthaben von drei Tonnen CO2, ein ganzes Jahr auszukommen? Und was genau hieße das im Alltag? Von den 15 stellen wir sieben KYOTO Tester – mit deren Einwilligung – in dieser Geschichte vor.
Die Reise durch Zeit und Raum
In Portugal leben gegenwärtig rund 10,3 Millionen Menschen. Durch ihren Lifestyle sind sie verantwortlich für die Emission von etwa 54 Mio. Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Das sind neun Prozent weniger Emissionen verglichen mit 2017. Im Durchschnitt emittiert also einE Portugiese/IN rund fünf Tonnen CO2 im Jahr. KYOTO soll auch mithelfen zu klären, was abstrakte Zahlen ins tägliche Leben umgesetzt, bedeuten. Fünf Tonnen CO2 im Jahr, und nun sollen es auf einmal 40% weniger werden? Fünf Tonnen CO2 pro Person und Jahr sind doch mindestens zwei Tonnen zu viel, oder nicht? Bis 2030 strebt Europa einen 40% kleineren CO2 Fußabdruck aller an. Ob das auch die Politiker selbst betrifft, fragen wir uns. Für das Jahr 2050 erklären sie sogar die Emissionsneutralität. Null Emissionen? Wie soll das funktionieren, fragen wir uns? Und wie rechnet man das aus? Woher weiß ein jeder von uns, wie viel CO2 über den täglichen Konsum (Lebensmittel etc.), die Mobilität (Auto etc.) und im Haushalt (Strom etc.), über die Verbrennung fossiler Stoffe in die Atmosphäre gelangen? Deshalb und nur deshalb hat ECO123 KYOTO programmiert und zieht heute nach acht Monaten eine erste Zwischenbilanz.
Sieben von 15
José, 62 Jahre, arbeitet als Selbstständiger in der IT-Branche und verdient monatlich rund 1.000 Euro. Wie er bereits in einem vorherigen Interview mit ECO123 (Ausgabe 25) sagte, arbeitet er Teilzeit, weil er auch noch ein privates Leben in der Familie habe. Ausrufezeichen. Der Rechner KYOTO ist ihm nicht fremd. José liest seit fünf Jahren ECO123. Wir fragen, wie er sich ernährt und als Antwort kommt, in der Regel drei Mal in der Woche Fleisch und Fisch. Und wie kommt er zur Arbeit? Er fährt einen Honda Civic Hybrid, der 109 g CO2 pro gefahrenen km ausstößt, den aber benutzt er nicht immer. Er käme auf 600 km im Monat, denn immer mehr benutzt er Metro und Bus um zur Arbeit zu gelangen. Seinen Strom bezieht er von Coópernico. Wir treffen ihn erstmals in einem Hörsaal der FCUL in Lissabon, wo ECO123 den Test KYOTO am 9. Februar 2019 der Weltöffentlichkeit vorstellt. José ist der erste Teilnehmer, der sich einschreibt.
Elisabete, 50 Jahre, Bankkauffrau, lebt von ihrer Pension als Frührentnerin. Sie und ihr Mann wohnen im Norden Lissabons. Bei KYOTO schreibt sie sich ein, weil sie herausfinden will, wie klein ihr CO2 Fußabdruck ist. So etwas habe sie noch nie gemacht. Als sie sich Ende Februar dafür entscheidet, ist sie die fünfte Teilnehmerin. Anmerkung: Elisabete und ihr Mann hatten sich vorgenommen, im September nach Island in den Urlaub zu fliegen. Wie wird sich dieser Flug auf ihre Klimabilanz auswirken?
Lénia, 36 Jahre, Mutter einer kleinen Tochter. Sie arbeitet und verdient monatlich rund 800 Euro plus Witwenrente. Lénia lebt in der Nähe von Porto und fährt einen Fiat, der 130g CO2 pro gefahrenen km ausstößt. Ihren Stromanschluss hat sie bei der EDP. ECO123 liest sie seit vier Jahren und schreibt sich als zehnte Teilnehmerin ein.
Karen (48) stammt aus Schottland. Seit acht Jahren leitet sie die Internationale Schule in Aljezur und ist die Nummer 14 bei KYOTO. Sie ist Vegetariarin und fährt einen neuen Renault Clio, der 83 g CO2 pro gefahrenen km ausstößt. Zwei Mal im Jahr besucht sie ihre Heimat im Norden Europas und fliegt dort mit dem Flugzeug hin. Was kann sie machen, um nicht mehr als 3.000 kyotos im Jahr zu verbrauchen?
Paul, (70) ist Deutscher und lebt in der Nähe von Viseu. Er ist der 35. Teilnehmer. Paul liest ECO123 erst seit wenigen Monaten. Paul, so lernen wir ihn kennen, scheint einer von jenen zu sein, die wissen, wie man auf kleinem Fuß leben kann. Er produziert seinen eigenen Strom aus einer Solaranlage und fährt einen Renault Kangoo ZE., den er nur an der eigenen Steckdose auflädt. Interessant?
Diana (55), portugiesische Wissenschaftlerin, lebt und arbeitet in Oslo und ist Dozentin an der dortigen Universität. Sie stammt aus Lissabon und fliegt mindestens ein Mal im Jahr nach Hause. Sie ernährt sich jeden Tag von Fisch und Fleisch, wie das so üblich ist in Norwegen. Für ihre Fahrten innerhalb der Stadt und zur Uni benutzt sie die Metro und den Bus. Ob ihr das hilft, einen kleinen Fußabdruck zu managen?
Filomena (63) ist Kunsthandwerkerin und lebt in einem kleinen Dorf in der Nähe von Lagos im Süden Portugals. Sie hat Angst, dass sie mit ihren 3.000 kyotos nicht auskommen wird, weil sie viel mit dem Auto zwischen Lagos und Lissabon hin und her pendelt. Im Laufe des Tests ändert sie ihre Strategie und wechselt vom Auto immer öfter zur Bahn. Sie erwägt auch, von einem konventionellen Stromanbieter zu einem nachhaltigen zu wechseln. Ob der Schachzug erfolgreich sein wird, um weniger CO2 zu emittieren, erfahren wir bald in dieser Geschichte …
Happy End?
Diese Geschichte ist keine Fiktion sondern eine Kurzgeschichte, wie sie bisher noch nie geschrieben wurde: ein lang vorbereitetes Projekt, eine Dokumentation. Wir erinnern uns an Truman Capote? Er hat uns bei ECO123 inspiriert. Denn alle seine Manuskripte basieren auf Dokumenten der Zeitgeschichte: sowohl die Werke Frühstück bei Tiffany als auch Kaltblütig. Deshalb vorweg: alle sieben TeilnehmerInnen haben ECO123 erlaubt, über sie zu schreiben, sie beim Vornamen zu nennen und autorisieren uns, die über die Monate hinweg gewonnenen Kenntnisse zu publizieren. Der Test beginnt in der ersten Woche des März 2019 und jeder Teilnehmer erhält einen personalisierten Zugang zu seinem neuen KYOTO OnlineKonto, auf dem sich jeweils das Guthaben von 3.000 kyotos befindet. Wir haben uns natürlich Gedanken gemacht, ob klimafreundliches Verhalten auch eine Frage des Geldes ist, betont der Klimaforscher Dr. João Camargo bei der Vorstellung des Tests in Lissabon. Ist es? Es ist eine grundsätzliche Frage. Formt das Bewusstsein das Sein oder das Sein das Bewusstsein? Wir vertagen die Beantwortung. Die Frage soll später, zum Abschluss des Tests diskutiert werden. Interessant ist auch, dass alle sieben Probanden aussagen, sie verfügten bereits über eine grundsätzliche Sensibilität auf den Klimawandel bezogen. Denn am Anfang steht eine Frage beim Ausfüllen des KYOTO Profils, die vor Testbeginn von jedem Teilnehmer beantwortet werden muss: bist du bereit, deine Welt zu verändern? Was müssen die Kyototeilnehmer also machen, um das Protokoll von Kyoto 22 Jahre später auf sich selbst anzuwenden? Alle sieben Teilnehmer bezeichnen sich als neugierig, umweltbewusst und lernwillig. Sie wissen am Anfang des Tests, dass Autofahren, Fliegen und Fleisch essen einen hohen Fußabdruck hinterlassen. Schauen wir einmal, wie sich diese Geschichte über diese ersten acht Monate hinweg entwickelt – und wie sie dann nach einem Jahr endet, falls sie keine Fortsetzung erfährt.
Wissen ist alles, ohne Wissen ist alles nichts
KYOTO wäre nicht KYOTO, hielte es nicht auch spielerische Elemente für die Probanden bereit. Denn alle wissen, ein Langzeittest wird mit jeder Woche ein wenig langweiliger und verführt dazu, die eine oder andere Woche auch mal auszulassen. KYOTO fragt seine Teilnehmer immer wieder: Wie geht es Dir? Bist Du glücklich? Fühlst Du dich gut? Bist du ein Optimist? Findest du Lösungen für deine Probleme? Und ECO123 präsentiert monatlich ein Quiz, das mit neun Fragen zum Thema Klima seine Teilnehmer befragt. Mit jeder korrekt beantworteten Frage, können zehn bereits verlorene kyotos wieder zurückgewonnen werden. Im Alltag gibt es so ein Quiz natürlich nicht. Das wissen Miguel Almeida, Vorstandsmitglied der ersten Energiekooperative Portugals Coópernico, und Alfredo Cunhal-Sendim von der Herdade Freixo do Meio aus Montemor-O-Novo auch. Sie sind zwei von mehreren Beratern im KYOTO-Beirat und schreiben in ihren Fachgebieten Erneuerbare Energien und Biologische Landwirtschaft am monatlichen Quiz mit. So können auf diese Weise während eines vollen Jahres bis zu 1.080 verlorene kyotos zurückgewonnen werden, ein Anreiz, der einen Mittelstreckenflug bereits kompensiert und die Klimabilanz verbessert. Und es kommt noch besser.
Im KYOTO Test gibt es auch den Knopf für das Klima-Offset. Wer ihn drückt, hat gute Nachrichten für sich und seinen Planeten. Denn wer mehr erneuerbare Energie erzeugt als er verbraucht und sie ins Netz einspeist, wird dafür extra belohnt. Für jede überschüssige Kilowattstunde aus der sauberen Energieproduktion wird ein halber kyoto im Test gutgeschrieben. Und wie viele Bäume hast du diesen Monat gepflanzt, steht im Online-Fragenbogen? Für jeden verifizierbaren Baum erhält ein KYOTO-Teilnehmer zehn Kyotos zurücküberwiesen. Auf diese Weise lernen die Teilnehmer alsbald, daß ihr Guthaben schrumpfen aber auch wieder anwachsen kann. Es hängt von ihnen selbst ab, welchen aktuellen Kontostand sie anpeilen. Paul, der Chico Esperto im Teilnehmerteam, pflanzt im April 49 und im Oktober 32 Bäume und gewinnt auf diese Weise einmal 490 und ein zweites Mal 320 kyotos zurück. Am Ende des ersten Jahres werden wir ihn fragen, wie viele seiner im April und Oktober gepflanzten Bäume im folgenden Frühling das zweite Lebensjahr erreicht haben. Denn Bäume pflanzen kann jeder, sie aber zu erhalten, bedarf der kontinuierlichen Pflege.
Und nicht alle Menschen belasten das Klima gleichermaßen. Daraus stellt sich politisch die Frage, wie sieht ein sozial gerechter Wandel zu mehr Klimafreundlichkeit in Portugal und in Europa aus? Zu einer Antwort an die Politik kommt ECO123, wenn wir Journalisten genau in die Formulare der sieben ausgewählten Teilnehmer schauen und es nicht nur bei der Analyse belassen, sondern Auswege aus der Sackgasse Klimakrise diskutieren. Acht Monate KYOTO geben uns erste wichtige Hinweise darauf, wie wir bei uns selbst beginnen könnten, mehrere Tonnen CO2 im Jahr einzusparen, ohne sofort Systemrelevante Änderungen vornehmen zu müssen. Wir wissen, dass Kohlekraftwerke abgeschaltet werden müssen und noch viel mehr in Portugal und Europa passieren muss. Aber in diesem Test geht es nicht nur um Politik, sondern um den Einzelnen, der etwas in sich selbst verändern kann. Wir wollen unseren jährlichen CO2 Fußabdruck auf drei Tonnen CO2 absenken. Nun, wie machen wir das? Womit beginnen wir?
KYOTO: die 1+1+1=3 Strategie
Vorweg gesagt, die Mathematik kann helfen, zu verstehen, wohin wir uns bewegen wollen. Das setzt voraus, dass eineR sich nicht nur aktiv am gesellschaftlichen Leben beteiligt, sondern sich auch ökologische Ziele setzt, um diese Schritt für Schritt zu erreichen. Wenn ich mir selbst für mein Konsumverhalten eine Tonne CO2 Emissionen genehmige und bei der Mobilität ebenso und auch auf dem Energiesektor im eigenen Haus, bin ich – leicht gesagt – schon bei drei Tonnen CO2 Emissionen im Jahr angekommen. Wie aber setzt einer diese Theorie in die tägliche Praxis um? Karen, wir erinnern uns, die schottische Lehrerin aus Aljezur, ist auf einem guten Weg, wenn sie sich vegetarisch ernährt und ihre Einkäufe lokal unternimmt. 52 Wochen machen den Unterschied. Fleisch- und Fischesser verursachen allein durch ihre Ernährung einen CO2 Fußabdruck zwischen 1,7 und 4,6 Tonnen CO2 im Jahr, Vegetarier liegen bei 1,1 Tonnen. Und kaufen wir unsere Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln und Gemüse überwiegend lokal und nicht prozessiert, tiefgekühlt und eingeschweißt verpackt, verringert sich unser jährlicher Fußabdruck noch um weitere 500 kg CO2. Beispiel: wer 1kg Pommes Frites aus der Tiefkühltruhe eines Supermarktes einkauft, ist verantwortlich für die Emissionen von rund fünf kg/CO2, die beim Transformationsprozess, dem Transport und der Kühlkette eines kg Kartoffeln entstanden sind. Wer hingegen sein kg Kartoffeln auf dem Markt beim Bauern kauft, ist laut Informationen der AEA* für nur 200 Gramm CO2 Emission verantwortlich. Was für ein Unterschied. Ein Vegetarier verursacht also einen wesentlich geringeren Fußabdruck, als ein Fleisch- und Fischesser.
*Agência Europeia do Ambiente, Copenhagen
HALT, schreibt uns Júlia aus Silves im Süden Portugals, die das nicht akzeptiert und empört den KYOTO Test beendet und ihr Abo nach sechs Jahren abbestellt. Ihr verallgemeinert und diskreditiert Fleischesser! Was ist, wenn ich mein Fleisch selbst nachhaltig produziere oder als Jäger Wild schieße? ECO123 könne seine Probanden nicht derart bestrafen. ECO123 antwortet Julia daraufhin, dass sowohl nachhaltige Tierhaltung als auch durch die Jagd getötetes Wildtier nicht einmal drei Prozent des Konsums Portugals ausmachen. Dieser Wert wurde bei der Programmierung von KYOTO bereits berücksichtigt: und fragt, wie wird die Kommerzialisierung von totem Tier, von Fleisch heute gehandhabt? Ist die Aufzucht in der Massentierhaltung keine Tierquälerei? Noch besser als Vegetarier schneiden übrigens nur noch Veganer beim KYOTO Test ab. Von 100 Teilnehmern ernährten sich vier Probanden vegan. Sie gehören zu denjenigen, die neben Julia den Test bereits nach sechs Wochen aufgeben.
José, der mit seiner Familie in Lissabon in einer 50m2 Wohnung lebt, fliegt grundsätzlich nicht und innerhalb Lissabons benutzt er meist den Bus und die Metro. Im Monat Mai verursacht er mit seinem Mobilitätsverhalten nur 39,5k (kyotos), im Juni sind es 73,9k und im August 34,9k. Insgesamt kommt José in den ersten acht Monaten mit seiner gelebten Strategie, nicht zu fliegen und sich neben seinem Honda Civic Hybrid, hauptsächlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen auf ein Ergebnis von 442,3k. Setzt er diese Mobilitätsstrategie konsequent fort, wird er weit unter einer Tonne Emissionen im Jahr liegen und sein Gesamtziel vermutlich erreichen. Ende Oktober besitzt er ein Restguthaben von 1.399,2k.
Lénia aus dem Großraum Porto, lebt einfach so weiter, wie bisher. Obwohl sie mit ihrem KYOTO-Guthaben auskommen möchte, verändert sie ihren Lebensstil nicht, jedenfalls nicht sofort. Sie gibt an, dass sie 75% ihres Mülls recycelt. Das sind Glasflaschen ebenso wie Papier und Holz. Der meiste Müll jedoch ist Verpackungsplastik. Dann aber bleiben jede Woche zwischen drei und sechs Liter Restmüll übrig, mit denen sie nicht weiß, was sie machen soll. Der Restmüll summiert sich in acht Monaten auf 160k, wobei sie die dritte Woche im Juli und die zweite Woche in September vergaß, auszufüllen. Das wird im letzten Monat des Jahres dann nachgeholt, versichert sie. Den Fußabdruck wöchentlich zu messen ist Fleißarbeit und selbst der Newsletter, der regelmäßig Woche für Woche auf das Ausfüllen hinweist, kann quälend werden. Also stellten wir unsere Probanden mal auf die Probe und schickten ihnen ein Mal einen Newsletter ohne jeglichen Text. Wir wollten testen, wie wach sie noch sind. Nur einer einzigen Teilnehmerin schien das aufzufallen. Sie fragte, ob sie den Newsletter zukünftig immer ohne Worte erhalten könne. Die Bilanz des CO2 Fußabdrucks bei Lénias Konsum liegt nach acht Monaten schon bei 1.425 Kyotos. Sie überschreitet also ihr Guthaben auf diesem Gebiet bereits um fast 50% und könnte, falls sie keinen Restmüll mehr hätte, an dieser Stelle ansetzen, ihren Fußabdruck zu verringern. Das bedeutete, weniger im Supermarkt einzukaufen und dafür vermehrt auf dem Markt bei lokalen Bauern – und ohne jegliche Verpackung. Statt drei Mal Fleisch und Fisch in der Woche, würde eine Reduktion auf einmal Fleisch/Fisch ihren Emissionswert verringern. Denn auch die Gewohnheit, vermehrt lokale Produkte der Saison einzukaufen und weniger Fleisch zu essen, verringert den Fußabdruck um mehr als die Hälfte. Ende Oktober hat sie noch Guthaben von 1.290,4k.
Kommen wir noch einmal zurück zu Paul aus dem Distrikt Viseu. Er hat immer einen Taschenrechner zur Hand, wenn es darum geht, sein KYOTO Guthaben zu verwalten. Kyoto Teilnehmer 35 kauft sich ein Elektroauto, einen Kangoo Z.E., den er an seiner eigenen Solaranlage gratis auflädt. Wenn Paul also für sein Haus, in dem seine Frau und er gemeinsam leben, mit einer Solaranlage den überschüssigen Strom von monatlich durchschnittlich 435 kW/h selbst produziert und ins Netz einspeist und noch zusätzlich seinen PKW über Solarenergie gratis auflädt, verringert sich sein Guthaben kaum, es wächst sogar. Paul gewinnt mit seiner Solarstromproduktion in acht Monaten 868,7k über das offset hinzu. Aber leider hat Paul eine Schwäche fürs Fliegen. Er besucht zwei Mal im Jahr seine Familie in Nordeuropa; im Sommer und zu Weihnachten. Seine Emissionen schießen dafür auf dem Gebiet der Mobilität wieder ins Minus. Bisher wurden für den ersten Flug hin und zurück 1.040k vom Guthaben abgezogen und alles was Paul bei der Mobilität mit seinem Elektroauto in acht Monaten einspart, verliert er in zwei Wochen wieder, weil er fliegt.
Und der Flug zu Weihnachten ist da noch gar nicht bilanziert. Ob er sich dieses Mal durchringen kann, ab Coimbra B mit dem Nachtzug (Sud-Expresso) über Spanien und Frankreich nach Deutschland zu fahren? Die Emissionen würden sich auf ein Fünftel im Vergleich zum Flieger reduzieren. Zum Ende des Monats Oktober besitzt Paul noch ein Guthaben von 1.648,4k.
Betrachten wir nun auch Karen aus Aljezur. Sie hat sich genau informiert und beabsichtigt, nicht mehr als 250 kyotos pro Monat von ihrem Guthaben auszugeben. Eine interessante Strategie, auf diese Weise in den Test einzusteigen, denn wer 3.000 kyotos im Jahr zur Verfügung hat, kann sich sein monatliches Guthaben über zwölf Monate gut einteilen. Mal schauen, wie die ersten acht Monate verliefen. Als Lehrerin gehört Karen eher zur besser informierten Gruppe der Teilnehmer und sie gewinnt im April und Mai jeweils 80 kyotos beim Quiz (von 90 möglichen). Sie ernährt sich hauptsächlich vegetarisch und isst manchmal Fisch. Im Juni kommt sie in der dritten und vierten Woche und auch im Juli in der ersten Woche nicht dazu, die Fragebögen vollständig auszufüllen. Sie wird im kommenden Jahr März und April mehrere Wochen „nachsitzen“ müssen, denn auch in den Folgemonaten August, September und Oktober lässt sie hier und da eine Woche, insgesamt fünf Wochen, ausfallen. Trotzdem macht sie tapfer weiter. Ihre Quizergebnisse in diesen Monaten werden schlechter. Von den neun Fragen kann sie durchschnittlich nur noch vier korrekt beantworten. Und zwei Flüge im April und Mai mit dem Verlust von 1.048k kratzen an ihren Hoffnungen, mit dem Guthaben doch noch auszukommen. Im August fliegt sie wieder und verliert dabei weitere 780k. Von dem Augenblick an verliert sich ihre Spur, denn eigentlich weilt sie seit August immer noch in Glasgow, denn einen Rückflug können wir in ihrer Bilanz nicht finden. Den Oktober schließt sie mit einem Saldo von 353,1k ab. Sie hat nach den ersten acht Monaten bereits knapp 2.753 kyotos verfeuert und braucht einen Dispositionskredit. Die einzige Chance, die Karen noch hat, ihr CO2-Emissionsergebnis auf energiearme Weise zu verbessern wäre, wenn sie 200 neue junge Bäume im kommenden Winter in Monchique pflanzen würde. Sie verabschiedet sich nach dem achten Monat aus dem Oktober mit einem kleinen Guthaben von noch 247k.
Und was macht die Kunsthandwerkin Filomena? Unser Augenmerk gilt ihrer Mobilität. Sie fährt einen Suzuki FJ Jimny welcher 162 Gramm CO/km emittiert. Von ihren 1.000 Euro im Monat investiert sie 200 Euro in den fossilen Kraftstoff Benzin. Ob sie mit ihren Befürchtungen Recht hatte? Im März verpulvert sie mit ihrem PKW genau 122,4k (950 km) eine der Fahrten teilt sie sich mit einem Mitfahrer. Mit Zugreisen emittiert sie 53,5k (1.215 km). Und auch U-Bahn, Bus und als Anhalterin fährt sie über kurze Strecken und emittiert weitere 10,6 k. Von den möglichen 250 auszugebenden kyotos raubt ihr die Mobilität bereits 186,4. Blicken wir auf die Seite des Konsums und ihres Energiehaushalts. In beiden Gebieten emittiert sie 188,3k. Beim Quiz gewinnt sie 50k hinzu und am Ende ihres ersten Monats steht sie bei verbrauchten 328k und einem Guthaben von 2.672k. Eine erste Analyse ihres Mobilitätsbudgets ergibt nach acht Monaten eine Emission von genau 1.306,1k. Das sind mehr als doppelt so viele Emissionen im Bereich der Mobilität wie von ihr gewünscht. Nach acht Monaten beträgt ihr Guthaben noch 415,7k und die müssen noch für weitere vier Monate reichen. Aber vielleicht kann Filomena 100 Bäume im neuen Botanischen Garten in Caldas de Monchique im Winter pflanzen und damit ihr Budget wieder auffüllen?
Diana stammt aus Lissabon und lebt berufsbedingt in Oslo. Sie verdient rund 3.000 Euro im Monat und gesellt sich zu der Gruppe portugiesischer Leser, die wie viele emigriert sind. Ins attraktive Luxemburg, in die Schweiz, nach Frankreich und Deutschland. Außerhalb Portugals leben noch einmal genau so viele Portugiesen wie in Portugal selbst. Wer für den gleichen Job in Portugal nur 900 Euro verdient, hat eine Niete gezogen. Merken Sie, was in Portugal fehlt, António Costa? In ihrem ersten Monat, im März 2019, verheizt Diana 480,4k, im April fliegt sie von Oslo nach Lissabon (1.404k) und wieder zurück und verpulvert damit 1.538k, mehr als die Hälfte ihres gesamten Jahresbudgets. Im Monat darauf fährt sie viel Fahrrad, benutzt öffentliche Verkehrsmittel und geht zu Fuß. Sie schafft es, ihre Emissionen in der Mobilität radikal auf 7,1k zu verringern. In diesem Monat emittiert sie nur 116,6k. In den darauffolgenden Monaten bemüht sich Diana, ihre Emissionen stetig zu verkleinern und schafft es, ihren Urlaub in Norwegen mit 42k zu verbringen. Trotzdem landet sie Ende Oktober bei nur 174,0k Guthaben. Mit welcher Strategie will sie ihr Testjahr abschließen? Vielleicht könnten Lénia oder José ihr etwas von ihrem Guthaben leihen, verkaufen oder schenken?
Bleibt Elisabete. Sie wollte unbedingt die Gletscher schmelzen sehen und fuhr mit ihrem Mann nach Island. Und was sie sah, beunruhigte sie noch mehr. Gletscher aus Süßwasser schmelzen und fließen als sinnlose Rinnsale ins Meer. Dort werden sie zu Salzwasser. Ob Island oder Nepal, Sibirien oder Grönland. Der Klimawandel ist in vollem Gang. Elisabete fährt einen VW Golf und mit einer Betrugssoftware an Bord (oder auch nicht) emittiert er immerhin noch 114 Gramm CO2/km in die Atmosphäre. In Sachen Mobilität erreicht Elisabete in den meisten Monaten einen stabilen Wert von 100k. Beim Konsum liegt sie drüber. Im Durchschnitt emittiert sie 300k pro Monat. Aber mit dem Quiz und vielen richtigen Antworten holt sie sich einen Teil zurück, was sie zuvor bereits verpulvert hat. Wäre da nicht der Flug nach Island und zurück gewesen, der schönste Urlaub seit Jahren. Er verhagelt ihr die schöne Bilanz mit minus 2.019,2k. Ende Oktober hat Elisabete ihr gesamtes Pulver (3.000k) bereits verschossen und steht nun mit -1.463,0k im Minus. Und, wie soll es weitergehen?
…wie überzeugt man einen Menschen davon, sein Verhalten zu ändern?
Die beste Möglichkeit ist: Alles, was der Umwelt schadet, muss teurer werden und alles, was ihr hilft zu regenerieren, billiger. Im Fokus steht zurzeit vor allem ein Preis auf CO2, zum Beispiel als Steuer. Das ist der Weg, den Europa langfristig beschreiten muss. Experten des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung empfehlen einen Preis von 50 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 bis hin zu 130 Euro pro Tonne im Jahr 2030. Fridays for Future fordert einen Einstiegspreis von 180 Euro pro Tonne im Jahr 2020, das wäre auf das Kilo bezogen € 0,18 CO2-Steuer. ECO123 fragt, wenn das zentrale politische Thema unserer Tage die Klimapolitik ist und wir echte Lösungen zeitnah benötigen, sollten wir durch Taten überzeugen. Denken wir mal klar und grundsätzlich einfach. Sollte nicht für jedes – über 3.000 kg emittierte kg CO2 – ein Euro CO2 Steuer veranlagt werden? Und darüber hinaus könne ein Staat seinen Bürgern eine Emissionsskala mit auf dem Weg durchs Leben geben: die erste Tonne CO2 (größer als drei Tonnen) Emission würde dann 1.000 Euro kosten, für jede weitere emittierte Tonne CO2 könne die Steuer exponentiell ansteigen: € 1.500, dann € 2.000, € 3.000 pro zu viel emittierte Tonne.
In der Diskussion schwingt immer die Frage mit, wen würde eine Steuer auf CO2, also die Verteuerung umweltschädlichen Verhaltens, besonders treffen? Einige Experten befürchten, dass gerade für Menschen, die ohnehin schon wenig Geld haben, die Kosten zu hoch sein könnten – und das, obwohl sie ohnehin schon klimafreundlicher leben als die Vielverdiener. In dieser Diskussion wird zumeist mit unlogischen Argumenten gearbeitet. Denn bis zum heutigen Tag wurden die Vorschläge aus dem Kyoto-Protokoll nicht einmal ansatzweise in die Diskussion aufgenommen, geschweige denn umgesetzt. Wer von uns hat jemals das Kyoto Protokoll gelesen? Wenn davon auszugehen ist, dass jeder Bürger die gleiche Emissionssumme am Anfang eines Jahres zugeteilt bekäme, gäbe es auch keine ungerechten Belastungen mehr zwischen Arm und Reich. Denn das Ziel wäre für jeden gleich.
Wenn jedem Bürger in 2020 nur drei Tonnen Emissionsrechte im Jahr gratis zur Verfügung stünden und bei einer Überschreitung dieses Guthabens jedes zusätzliche Emissionskilo CO2 einen Euro Steuern kostete, wären auch die Steuereinnahmen für z.B. ein bedingungsloses Grundhalt von € 500 pro Monat für jeden Bürger finanzierbar. In diesem Modell zeigt sich, dass das Kaufen eines Flugzeugstickets zukünftig besser durchdacht sein will. Falls klimaschonende Mobilität wirklich politisch gewollt ist, sollten die Preise der Bahntickets für diejenigen, die ihren Emissionspflichten nachkommen, viele Rabatte beinhalten. Individualverkehr und die Verbrennung von Benzin, Diesel und Flugbenzin (Kerosin) sollte also extrem teuer werden und der öffentliche Nah- und Fernverkehr besser und billiger.
Nur so kann Klimaschutz auch sozial gerecht werden. Alle haben die gleichen Emissionsrechte und die gleichen Pflichten. Ein Staat kann zudem fördern, in dem er seine Zugflotte wirklich modernisiert, jede Investition in erneuerbare Energien zum primären Ziel macht und die Produktion von weiterem Plastik verbietet und das Recycling mit einem Pfandsystem fördert. Ein Staat kann in vielfältige Land- und Forstwirtschaft investieren und Monokulturen durch eine Steuer auf Wasserverbrauch ausbremsen. Denn auch hier gilt das Ziel: Ressourcenverbrauch reduzieren, Ressourcen recyceln und wiederverwenden. Was also ist zu tun? Fachleute fordern nicht erst seit gestern die Förderung von familiären bäuerlichen Betrieben, lokal angesiedelt, die eine ganze Palette an landwirtschaftlichen Produkten anbauen. Als eines der besten Beispiele in Portugal gilt die im Alentejo liegende Herdade Freixo-do-Meio, in der über 300 unterschiedliche Produkte angebaut und nachhaltig weiterverarbeitet und den Genossenschaftsmitgliedern angeboten werden.
Zwischenbilanz
Ein Katalog an Maßnahmen aus den Erfahrungen der ersten acht Monate mit KYOTO lautet:
- Wenn für Paul das Zugticket von Coimbra nach Hamburg weniger kosten würde als der Kauf eines Flugtickets bei einer Fluggesellschaft, die auf ihre hohen CO2 Emissionen eine Kerosin- und CO2-Steuer an den Staat zu entrichten hätte, wäre seine Reise von nachhaltiger Natur. Das Gleiche gilt für Diana und ihren Flug von Oslo nach Lissabon. „Wir brauchen klare Gesetze, die bestimmte Dinge regeln”, sagt Dr. João Camargo im Gespräch mit ECO123 bei der Vorstellung von KYOTO in der FCUL, “sonst halten wir uns nicht daran.“ Es müsste generell unattraktiv werden, zu fliegen, auch für Besserverdiener, einen Langstreckenflug in den Urlaub zu buchen. Als Beispiel in der Klimafrage nennt der Wissenschaftler Kurzstreckenflüge: „Niemand braucht für eine Reise von Lissabon nach Faro oder Porto in den Flieger zu steigen.” Anstatt also den Kurzstreckenflug ein bisschen teurer, das Zugticket ein bisschen günstiger zu machen, schlägt er vor, den Kurzstreckenflug gleich zu verbieten.
- José, Kyototeilnehmer der ersten Stunde, lebt mit seiner Familie in einer kleinen Wohnung. Haushalte mit mehreren Personen, profitieren von einer CO2 Steuer, weil dort der Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 geringer ist als in Haushalten, in denen eine Person für sich allein heizt, ein Auto allein benutzt. Sollte nicht jeder Mensch, der klimafreundlich lebt, ein Anrecht auf kostenlose Beförderung im Nahverkehr haben?
- Ebenfalls Einigkeit besteht darin, dass energetische Sanierungen von Wohnungen und Häusern steuerlich gefördert werden müssen. Wenn eine solche steuerliche Förderung besondere Anreize für Vermieter bietet, dann könnten davon auch Lénia im Norden und José im Zentrum davon profitieren. Strikte Regeln sind daher ein besserer Weg zum Ziel. Zum einen, weil sie Reich und Arm gleichermaßen treffen. „Und zum anderen, weil sie wirkungsvoller seien“, betont João Camargo. Das Rauchen in öffentlichen Räumen habe schließlich auch nicht aufgehört, weil Zigaretten zu teuer waren. Sondern weil es verboten wurde.
- Es fehlt eine klare Gesetzgebung zugunsten der Förderung von erneuerbaren Energien gegenüber einer Elektrizität die durch fossile Brennstoffe hergestellt wird. “Das würde natürlich die ganze Art und Weise, wie wir heute noch arbeiten und leben, in Frage stellen”, sagt er, der als Soziologe und Buchautor viel auf Lesungen in Portugal und Europa unterwegs ist.
- Klimaschutz ist immer auch eine Frage von Wissen und Bildung. Schließen wir den Kreis. Klimaschutz sollte sofort als Schulfach von der ersten Klasse an in allen Schulen Portugals unterrichtet werden. In Italien wird Klimaschutz gerade als Fach eingeführt. Der KYOTO Test, als Spiel konzipiert, könnte dabei eine wichtige Hilfe für alle Schüler werden, Wissen zu erlangen, bestätigt Diana aus Oslo: “KYOTO hat mir geholfen zu verstehen, welche Auswirkungen Reisen, Ernährung und unser Konsumverhalten besitzen. Ich lebe jetzt viel bewusster hinsichtlich der Probleme, die z.B. Flugreisen verursachen. Ich fliege jetzt weniger, fahre mehr mit dem Zug oder bleibe einfach zuhause… Aktiv verringere ich meine Reisen und bin mir jedes Mal mehr meiner Emissionen des täglichen Lebens bewusst…“
- Wichtig sei außerdem, Maßnahmen besser auf bestimmte Gruppen zuschneiden, sagt wiederum Dr. João Camargo. In der Tat sei zum Beispiel ein Leben ohne Auto auf dem Land schwer. “Dann sagen wir doch: Wenigstens die Städte müssen autofrei sein.” Das erfordert einiges an Planung – doch man würde sich dann eben auf Menschen wie José, Diana, Lénia und Elisabete aus der Großstadt und auf Karen, Filomena und Paul im Hinterland konzentrieren, denn um der Landflucht zu begegnen, braucht das Hinterland einen Marshallplan für eine bessere Versorgung in Bildung, Gesundheit und anderen öffentlichen Dienstleistungen. Dazu gehöre auch ein flexibleres öffentliches Nahverkehrssystem mit Bussen und Bahn.
Und am Ende dieser Geschichte stellt sich nicht zuletzt die Frage, welche Rolle die Wirtschaft in all dem spielt. Daran arbeitet KYOTO gegenwärtig: am Online-Programm, welches den Fußabdruck von Unternehmen und Veranstaltungen messen kann. Der Klima- und Naturschutz müsse in die Verfassung Portugals aufgenommen werden, fordert Alfredo Sendim-Cunhal vom KYOTO Beirat. Deshalb müssen Unternehmen der Nachhaltigkeit verpflichtet sein und nicht nur Greenwashing betreiben, weil es eine Modeerscheinung ist. Konkreter Klimaschutz ist eine Aufgabe für alle. Deswegen ist Klimaschutz immer auch an die soziale Frage gebunden, was kann Bildung im Menschen Gutes tun.
Methodik
Unsere sieben ausgewählten Testpersonen sind nicht repräsentativ für Portugal oder Europa. Die meisten Werte haben wir auf der Grundlage der von uns getroffenen Annahmen (zum Beispiel: Entfernung vom Arbeitsplatz, Flugstunden und Bahnfahrten von Lissabon nach Oslo und Hamburg usw.) selbst ermittelt. Den CO2 Ausstoß beim Konsum inkl. Müll und Recycling von Ressourcen, bei den CO2-Emissionen durch Mobilität und bei der Stromproduktion von erneuerbaren und fossilen Brennstoffen haben uns verschiedene Wissenschaftler von der Universität Lissabon und Stuttgart in Zusammenarbeit mit Universitäten weltweit und dem PIK berechnet. Auf dieser Basis wurde KYOTO programmiert und wird KYOTO jährlich aktualisiert.