Fall 4
Fabrik der Alternativen
Die Auswirkungen des Wiederaufbaus von Gebäuden geht weit über den ästhetischen Aspekt hinaus. Es knüpft Kontakte, erfüllt die unbewohnten und verfallenen Orte mit Leben, schafft Reichtum und Dynamik und verleiht dem Landschaftsbild Schönheit. Im Falle der ‚Fabrik der Alternativen‘ weckt es das Bewusstsein und zeigt andere Formen von Leben in der Gemeinschaft auf.
Die ‚Fábrica de Alternativas‘ liegt im Zentrum von Algés, Lissabon. Seit etwas mehr als drei Monaten befindet sich dieses Projekt im Bau und im ständigen Wandel. Diese Initiative wurde vom Bürgerclub Algés, einer unabhängigen Organisation der Bevölkerung, ins Leben gerufen. Ort des Geschehens ist ein altes Fabrikgebäude, wo früher Stoffe hergestellt wurden. Initiiert wurde das Projekt von interessierten Bürgern. Jeder hat das Recht, die Entscheidungsprozesse mit zu beeinflussen. Jede Meinung zählt. Mit der Hilfe aller und mit Gemeinschaftssinn werden alle auftretenden Probleme gemeinsam angegangen.
João Pestana, einer der Initianten des Projektes, erinnert sich an einen schwierigen Anfang. Die Suche nach einem geeigneten und verfügbaren Ort war die erste Hürde, die es zu meistern galt, obwohl es in Lissabon nicht an leerstehenden Häusern mangelt. Als der Entscheid auf die Fabrik fiel, mussten die Hallen zuerst von den riesigen, tonnenschweren Stoffmaschinen befreit und gereinigt werden, um die verschiedenen Initiativen zu empfangen. Die Wände wurden mit Leinwänden oder Malereien von Künstlern geschmückt, Masken und Zeichnungen, oder es wurden Bücherregale aufgestellt, gefüllt mit Literatur, die von der hauseigenen Bibliothek gespendet wurde.
Es wurden Platz und Bedingungen für die laufenden Initiativen der Fabrik geschaffen, das vorhandene Mobiliar genutzt, Geld- und Sachspenden kamen sowie Materialien, die andere Leute weggeschmissen hatten, gesammelt. Die Fabrik ist jedem frei zugänglich, sei es um einen Yoga-, Theater- Schneider-, Illustrations-oder Geometriekurs zu besuchen oder gar einen Workshop zur Seifenherstellung, einen Keramik- oder Recycling-Workshop. Was wird im Gegenzug dafür verlangt? Gemäß João Pestana ist lediglich eine gewisse Verfügbarkeit notwendig, um am Projekt aktiv teilzunehmen, sei es bei der Betreuung der Fabrik oder beim Anbieten eines nützlichen Kurses. Oder andersrum: „Kommen die Leute hierher, fragen wir sie, ob sie Mitglied werden möchten. Sie zahlen nichts. Sie unterschreiben ein Formular, bekommen einen Mitgliedsausweis und gehören zum Verein dazu. Weil es selbstverwaltet wird, werden sie automatisch zu Direktionsmitgliedern.“ Falls möglich, steuern die Mitglieder einen kleinen Betrag bei, der zur Tilgung der Miete und Nebenkosten dient. „Die Idee ist es, alle Leute, die hierherkommen an den Kosten zu beteiligen. Das liegt nicht nur an uns.“ Entgegen dem anfänglichen Misstrauen der Bevölkerung, findet die Fabrik immer mehr Zulauf, ob aus der Gegend oder aus dem größeren Umkreis Lissabons. Auch wenn viele wegen der Gratiskurse herkommen, gibt es bereits andere Besucher, die regelmäßig vorbeischauen und Mitarbeiter, die sich tatkräftig einsetzen. Die Anzahl an Angeboten hat sich seit Beginn bereits verdreifacht. Nebst Kursen und Workshops gibt es Kinoabende, mehr oder weniger exotische Nachtessen und Literaturabende.
Während das Gebäude renoviert wird, wird den Bürgern vermittelt, dass sie eine wichtige Rolle bei der Problemlösung ihrer Gemeinde spielen.
In kurzer Zeit hat sich die leer stehende und im Verfall befindende Fabrik in einen Ort vibrierender Aktivitäten verwandelt, zu dem Menschen freien Zugang haben, Ideen austauschen, über Kultur, Vorschläge und Problemlösungen diskutieren. Während das Gebäude renoviert wird, wird den Bürgern vermittelt, dass sie eine wichtige Rolle bei der Problemlösung ihrer Gemeinde spielen. Oder mit João Pestanas Worten: „Wenn die bestehende Gesellschaft den Leuten keine Lösung bietet, müssen die Personen solche eben suchen“.
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