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Wiederverwenden, reduzieren und recyceln

Ist es schwierig oder leicht in Monchique zu leben?
Es ist leichter geworden. Wir waren die ersten Ausländer, die hierherkamen. Ausländer werden heute wesentlich freundlicher empfangen als früher. Wirtschaftlich ist es heutzutage schwieriger, da man prozentual gesehen mehr Zeit mit Arbeiten verbringen muss als zuvor. Ich mache Garten-und Computerarbeit. Zuerst habe ich Elektronik in Portimão studiert und dann einen beruflichen Fortbildungskurs in Faro gemacht. Als ich jünger war, habe ich mich für Elektronik interessiert. Mein Vater hat viele Jahre als Elektriker gearbeitet und ich folgte diesem Interesse in die Computerwelt.

Sie arbeiten in der Landwirtschaft und in der Informatik, zwei entgegengesetzten Bereichen. Wie passt das zusammen?
Es ist das Eine oder das Andere. Ich versuche so viel wie möglich zu reparieren, anstatt wegzuwerfen. Ich recycle viel. Es ist die Wiederverwendung alter Dinge.

Wie machen Sie das?
Das meiste habe ich mir selbst beigebracht und nicht im Kurs gelernt. Der Kurs war nicht so lang wie ich es mir gewünscht hätte, er hat nur sieben Monate gedauert. Er war recht oberflächlich. Danach habe ich sechs Monate in einem Geschäft gearbeitet. Anschließend habe ich versucht, in unserem Dorf offiziell IT-Reparaturen anzubieten, hatte jedoch nicht genügend Kunden. Die Menschen möchten immer das Neueste und das Modernste. Deshalb habe ich aufgehört und bin zur Zeit arbeitslos. Ich meine, wenn ich gebrauchte Ersatzteile vorrätig habe, werde ich immer vorschlagen, fehlerhafte Teile durch Gebrauchte zu ersetzen. Das ist günstiger für den Kunden und besser für die Umwelt. Aber ich habe nicht genug verdient. Die Vorteile, angemeldet zu sein und zu arbeiten waren meiner Meinung nach diese ganze Mühe nicht wert.

Sie sind arbeitslos, bekommen aber keinerlei staatliche Unterstützung?
Nein. Ich habe nicht genug verdient, um Sozialversicherungsbeiträge bezahlen zu können. Ich bekäme nur etwas, wenn ich für eine Firma gearbeitet hätte und gekündigt worden wäre.

Wie leben Sie und wie würden Sie gern leben?
Ich habe einen Garten mit ungefähr 30 Kulturen; Kartoffeln, Tomaten, Gurken und eine Menge andere gute Sachen. Er ist recht klein, da ich noch am Anfang stehe, erst vor einigen Monaten begonnen habe und für mich alleine arbeite. Nur wenn ich von etwas zu viel habe, tausche ich. Ich habe auch eine Motorsense. Ich mähe das Land um die Häuser im Bereich von 50 Metern zum Schutz vor Feuer und lebe von kleinen Gartenjobs. Ich kann davon leben, aber nicht gut. Meine finanzielle Situation ist im Moment, wie bei vielen anderen, schwierig. Ich bräuchte zwischen 600 bis 700 Euros im Monat, um Steuern und Sozialversicherung zahlen zu können.

Und die Zukunft?
Darüber denke ich im Moment nicht nach.

Dann lassen Sie uns über die Gegenwart sprechen.
Ich brauche nicht viel zum Leben. Wir haben ein Time-Share-System gebildet, eine Plattform, auf der jeder der möchte, einen speziellen Service anbieten und tauschen kann; beispielsweise Babysitting gegen Gartenarbeit, oder Kartoffeln gegen Erbsen, Brot gegen Obst. Ein bestimmter Job, den ich für jemanden, der an dieser Plattform teilnimmt ausführe, wird durch eine Serviceleistung oder Ware von ihr oder ihm für mich ausgeglichen. Das Ganze funktioniert ohne Geld. Zurzeit arbeite ich, so oft ich kann, in meinem Garten. Ich tausche auch Samen. Ich tue was ich kann, um Dinge wiederzuverwenden, Müll zu vermeiden und zu trennen und wehre mich immer gegen Plastik in den Supermärkten. Dafür werde ich verwundert angesehen.

Sie essen weder Fleisch noch Fisch, keine Milch und keinen Käse, stimmt das?
Das habe ich nie getan. Ich hatte Glück so erzogen worden zu sein. Mein ganzes Leben war ich Veganer. Zu Anfang war es in der Schule schwierig und ich war nicht auf diesen Lebensstil mit Fleisch vorbereitet. Erst seit drei Jahren haben die Schüler auch Zugang zu einer fleischlosen Diät. Ich war der erste in der Schule in Monchique und das war recht schwierig.

Haben Sie aktuell ein Beispiel, wie es besser gehen könnte?
Wir müssen die Eukalyptusbäume roden da die Brände, die wir haben, hauptsächlich von ihnen genährt werden, aber trotzdem werden weiterhin neue gepflanzt; auch da, wo es zuvor noch keine gegeben hat. Es ist eine Schande, dass Monchique diesen Weg geht. Waldbrände werden auch den Tourismus zerstören.

Danke.

Jeremy Walton (39) ist in England geboren und kam im Alter von sechs Jahren mit seinen Eltern nach Portugal. Sie kauften ein altes Haus in Monchique und renovierten es. Nach zwölf Jahren Schule belegte er einen Ausbildungskursus in Informatik und wurde Techniker für Computer-Reparaturen.

Theobald Tiger

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