Samstag, der 8. Januar 2022.
Bal Krishna, unser lieber Freund ist von uns gegangen. Bal erreichte gerade noch das neue Jahr. Er starb am ersten Tag des neuen Jahres abends im Krankenhaus in Portimão. Dort hatte er fast drei Wochen verbringen müssen. Wir trauern um einen großen, sensiblen Menschen mit einem guten Herzen. Wann immer ich ihn besuchte, fühlte ich mich angenommen. Er war einladend, bescheiden und demütig und er erinnerte mich oft an den großen Mahatma Gandhi. Er liebte es, morgens in aller Frühe im Meer des Atlantiks bei Sonnenaufgang schwimmen zu gehen. Er war dann wie eine Stecknadel im grossen Atlantik weit draussen, still und ruhig und er gab seiner Berufung und seinem Mitgefühl mit großer Beharrlichkeit, Hingabe und Unermüdlichkeit pionierhaft eine irdische Form. Das sagte noch vor kurzen eine Kollegin über ihn.
Auch wer Bal nicht kennt, dem möchte ich mitteilen, er war ein guter, ein großer und in vielen Ländern geschätzter und geachteter Mensch und Arzt. Körperlich von eher kleiner Statur, war er von großem Mut, unendlicher Geduld und von tiefem Mitgefühl, ausgebildet in der indischen Medizin, die er viele Jahre lang aus tiefer Überzeugung und in Demut praktizierte. Er war aber auch Philosoph. Er sah den Menschen ganzheitlich. Seine Familie stammte aus Indien und er war in Südafrika geboren und zur Schule gegangen, wo es eine große indische und portugiesische Gemeinde gibt. Mit seiner Frau Ana und den drei Töchtern, denen ich an dieser Stelle kondolieren möchte, eine von ihnen ist nun selbst Ärztin, gemeinsam haben sie das Zentrum Karuna (Mitgefühl) in Monchique, am Fuße des Picota, gegründet. Karuna ist weltweit bekannt für seine Schweige- und Meditations-Retreats.
Wen Bal in Monchique oder in Porto behandelte, der legte hinterher eine Spende in ein Schälchen und davon finanzierte sich das Zentrum. Jeder gab, was er geben konnte und bekam zuvor dafür, was sie oder er medizinisch und menschlich brauchten. Bal half so vielen Menschen, die von der Schulmedizin mit ein paar Pillen abgespeist wurden und hernach allein auf der Straße standen, um in der Apotheke das Rezept einzulösen. Wenn man ihn kannte und mit ihm war, brauchte man keine Antidepressiva mehr. Er war sich bewußt, daß seine portugiesischen Patienten von den Ärzten mit Antidepressiva vollgestopft werden. Portugal steht in der EU an erster Stelle bei der medizinischen Verschreibung dieser chemischen, abhängig machenden, Droge. Er war ein erfahrener Arzt nach der Philosophie der Ayurveda aus Indien, aber er war auch ein Meister der chinesischen Akupunktur. Bal, unser Nachbar auf dem Weg hoch zum Gipfel des 776 m hohen Picota, war besonders auch ein Arzt der Armen, der immer für seine Patienten präsent war. Viele Jahre half er Menschen in Tibet, Nepal, China und Indien. Dafür unternahm er lange beschwerliche Reisen nach Asien auch, um sich selbst weiterzubilden und andere, jüngere Ärzte auszubilden. Zu seinem Charakter gehörten Eigenschaften, die heute nicht mehr jedem zuteil werden: kranken Menschen mit Schmerzen unentgeltlich zu helfen, unbegrenzte Zeit in guten, schwierigen Gesprächen für sie zu haben – und – ganz wichtig für ihn war das tiefe Mitgefühl und Verständnis, das Voraussetzung für ihn dafür war, in dieser Welt sein zu dürfen und Gutes zu tun.
Bal Krishna wurde 71 Jahre alt. ECO123 führte im Sommer 2017 ein großes Interview mit Bal Krishna in Edition 18 auf den Seiten 30-37. Der Download ist umsonst. Sie finden die Ausgabe und alle anderen Nummern in unserem Online Archiv (als Druckformat) im Aufsetzer auf
https://eco123.info/download-eco123/