Samstag, der 7. Dezember 2024.
Es gibt Menschen und Menschen. Die einen helfen, die anderen legen einem Steine in der Weg, beziehungsweise Hochspannungsleitungen.
Vor ein paar Tagen kam eine Mitarbeiterin im Auftrag der e-redes, dem ehemaligen EDP-Stromversorgungsunternehmen zu uns nach Caldas de Monchique und im Gepäck hatte sie ein Foto von einer Schirmpinie. Es war unsere 120-jährige Schirmpinie aus dem Botanischen Garten, die bisher alle Waldbrände überstanden hatte, auch den vorerst letzten in 2018. Da stand ich nämlich mit einem Gartenschlauch in ihrer Nähe und löschte das Feuer um sie herum.
„Wir müssen den Baum leider fällen,“ kündigte sie an, weil er zu nahe an einer Hochspannungsleitung stünde. Nun ist das ja so eine Sache mit den Hochspannungsleitungen in Portugal, sie werden nicht etwa unterirdisch verlegt, wie üblich in den modernen Ländern Europas, sondern werden von Betonmast zu Betonmast in 12 bis 14 Meter Höhe über dem Boden hängend von Pfeiler zu Pfeiler verlegt. Nun, die Schirmpinie gab es schon lange vor der Hochspannungsleitung, denn diese wurde bereits im Jahr 1904 gepflanzt, als es noch keine Stromleitungen in Monchique gab. In guter alter Tradition frage ich die Dame, was denn wichtiger sei, ein Hochspannungskabel oder ein 120 Jahre alter Baum, der jedes Jahr viele Tonnen CO2 in Sauerstoff umwandelt?
Und überhaupt, wenn ein Gesetz vorschreibt, daß Kabel und Baum einen Mindestabstand von sieben Metern zueinander haben müssen, könne man doch auch den Mast und das Hochspannungskabel verschieben, dann könne man den Baum doch retten, nicht wahr?
Die Krone dieser wunderschönen ausgewachsenen Schirmpinie steht dort seit ich hier lebe, und das sind 25 Jahre und die Schirmpinie hat noch nie bei Wind und Wetter, die Hochspannungsleitung berührt, selbst bei einem Orkan im Jahr 2003 tat sie das nicht. Sie steht mit ihrer Krone fünf Meter vom Pfeiler und vom Kabel entfernt und vom Stamm zum Pfeiler sind es sogar acht Meter. Das Gesetz nennt normale Pinien (pinheiro bravo) und Eukalyptus. Der Gesetzgeber sollte einen sachkundigen Botaniker zu Rate ziehen: der würde den Abgeordneten des Parlamentes und der e-redes ganz sicherlich die Unterschiede zwischen einer Schirmpinie (pinheiro manso) und einer normalen Pinie (pinheiro bravo) erklären und mit ihnen die Gewohnheiten im Gegensatz zu importierten, nicht nativen Bäumen, wie Eukalyptus. Denn Eukalyptus ist eine nicht heimische Baumart, die bei den kleinsten Windstößen hin- und herschwankt und die Hochspannungsleitungen jederzeit berühren könnte und so einen Kurzschluss auslösen kann. Eine Schirmpinie allerdings schwankt nicht und die Tonnen von Holz stehen über die Wurzeln behäbig fest im Boden verankert und biegen sich nicht mit dem Stamm. Es ist zudem eine völlig andere Baumart. Das sollte man wissen, bevor man ein Fällkommando losschickt.
Als Mentor des Botanischen Gartens verweigere ich das Fällen der 120-jährigen Schirmpinie. Daraufhin werde ich von e-redes genötigt, die Verantwortung für diese Entscheidung zu übernehmen und ein Formblatt auszufüllen und zu unterschreiben. Was tun? Unsere Genossenschaft hat nun in unmittelbarer Nähe des Baumes eine im Erdreich installierte Wasserleitung und einen Extra-Hochdrucksprinkler verbaut, für den Fall, daß die Hochsdpannungsleitung wider Erwarten doch einen Waldbrand auslösen sollte, das Feuer sofort gelöscht werden kann. Ich frage mich trotzdem in Zeiten von Klimakrisen und Waldbränden, ob man nicht grundsätzlich alten und wertvollen heimischen Bäumen (Alter 120 Jahre) den Vorrang vor einer oberirdisch verlegten Hochspannungsleitung geben sollte? Wäre es nicht wichtig, darüber eine Debatte im Parlament zu führen, natürlich mit dem Hinweis, dass das Ziel immer sein sollte, so harmonisch wie möglich mit und in der Natur zu leben und unserer Natur die Vorfahrt bei Entscheidungen zu geben. Es würde auch einem Unternehmern wie e-redes helfen, Klarheit zu gewinnen und zu beweisen, dass es ihr Ernst ist mit dem Naturschutz und dem Erhalt heimischer Baumarten. Denn Baumart ist nicht gleich Baumart. Und Umweltschutz sollte kein Greenwashing sein.
Laden Sie das E-redes-Formblatt zur Ansicht herunter (Rechtsklick -> Speichern unter
Übrigens habe ich in diesem Jahr einen Test gemacht. Während das Thermometer (im Sommer) in Caldas de Monchique 35 Grad Celsius am 15. August 2024 um 12 Uhr mittags anzeigt, bewege ich mich mit dem Thermometer sodann in den Schatten dieser 120-jährigen Schirmpinie und messe dort nur noch 27 Grad Celsius. Wälder und Bäume schützen unser Klima und Waldbrände zerstören es. Das absolute Ziel der gesetzgebenden Politik sollte doch sein, Waldbrände zu verhindern. Aber wie? Muss heimischen Baumarten nicht absoluter Vorrang vor Hochspannungsleitungen gewährt werden? Sollten die Kabel nicht jene sieben Meter von unserer alten Schirmpinie entfernt verlegt werden?
Das ist Ansichtssache. Was meinen Sie dazu? Schreiben Sie mir Ihre werte und wichtige Meinung an editor@eco123.info.