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Nº 13 – Nichts wird so sein wie bisher

Freitag, der 17. April 2020

Ein Text von Dina Adão

Wer bin ich? Welche Bedeutung hat Intuition in meinem Leben? Wie reagiere ich auf Lärm, Schmerz oder Stille? Was fühle ich bei einer tiefen Umarmung? Wie reagiert mein Körper auf Liebesentzug? Wir leben in einer Welt voller Informationen, doch unseren Schmerz fressen wir – wie nie zuvor – in uns hinein. Es mangelt an Rücksichtnahme, Harmonie und innerem Frieden.

Hin und wieder können wir eine Strecke im Hochgeschwindigkeitszug zurücklegen und manche Menschen für eine Weile zum Narren halten, aber das geht nicht immer und auch nicht für lange Zeit. Irgendwann müssen wir innehalten und werden uns fremd fühlen. Wir spüren das Ticken unserer inneren Uhr. Im Haus Casa Museo José Saramago auf Lanzarote stoppten die Uhrzeiger um 16 Uhr – zu der Zeit, als José und Pilar sich kennenlernten und ihr Leben eine völlig neue Wendung nahm.

Innehalten kann zu echten Entdeckungen führen. Vor uns liegt die schwierige Aufgabe, uns den Folgen unserer Gleichgültigkeit zu stellen. Wir müssen Wege zu uns selbst finden, so als müssten wir nochmals laufen lernen. Es gilt Entscheidungen zu treffen und zu verstehen, wer wir sind, was wir hier tun, wohin wir wollen und mit wem. Um uns besser kennenzulernen, müssen wir uns unserer Emotionen bewusstwerden und herausfinden, was uns berührt und motiviert, was uns beschwert und empört. Es mag uns zwar einfach erscheinen, Voraussagen zu können, welche Entscheidungen wir treffen werden, aber in der Realität ist es das bei weitem nicht. Fernsehen, Phishing-Unternehmen und soziale Medien können dies jedoch und haben gelernt, unsere Emotionen auf fast kriminelle Weise zu instrumentalisieren. Unsere Gefühle und Vorlieben zu kennen bedeutet aber auch zu wissen, dass sie durch soziale, familiäre, historische und kulturelle Einflüsse bestimmt werden, und wir uns nicht von ihnen gefangen nehmen lassen dürfen.

In dieser Phase, in der uns die Zeit nahezu erdrückt, sollte jeder versuchen sich und seine Fähigkeiten zu ergründen. Jeder von uns muss mit seinem Schmerz umgehen. Nachdem wir nun schon einen Monat zu Hause verbringen sind viele von uns erschöpft und unausgeglichen. Der Blick nach innen ist nicht immer einfach. Uns ist auch angesichts der Informationen, die uns täglich erreichen, nicht wirklich damit geholfen, jetzt Zeit für vieles zu haben, wie wir es uns zuvor wünschten. Unsere Zukunft erscheint uns als Projektion, die sich jeden Moment ändern kann.

Wie wird das Leben sein, wenn „alles“ zur vermeintlichen „Normalität“ zurückkehrt? Was wird sich in mir, in dir und auf der ganzen Welt verändert haben? Ich schaue auf den Horizont mit Sonne und Wind. Es gibt keine Antworten. Ich hoffe offen zu sein für alles, was kommt. Erneut stelle ich mir die alten Fragen: Wer bin ich, wohin gehe ich, und mit wem? Nichts wird so sein wie bisher –so viel scheint festzustehen. Einige Paradigmen wurden gebrochen.

Ich möchte weiterhin den Wechsel der Jahreszeiten spüren, der mich stets daran erinnert, dass auch ich mich in einem ständigen Prozess der Veränderung befinde.

Dina Adão (45)

studierte Journalistin und Bibliothekarin, Mutter einer 12-jährigen Tochter, arbeitet am Colégio Internacional de Vilamoura und freiberuflich für ECO123.

Fotos: Dina Adão

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