Mittwoch, der 27. Mai 2020
von Uwe Heitkamp
Tuut. Tuut. Tuut. Knack. Hier Costa am Apparat. Womit kann ich dienen? Hier Presse. Guten Tag Herr Costa. Wir haben Probleme. Alle Anzeigenkunden sind beim Absturz ums Leben gekommen. Was sollen wir tun? (…)
Die Presse verkauft in diesen Tagen dem Costa Werbung, habe ich gelesen. Sie auch? Nein, das ist doch eine Zeitungsente. Doch, das ist wahr. Nein, nein, nein! Ich wußte gar nicht, dass die Presse in Portugal käuflich ist. Das ist sie doch nicht, nicht wahr? Oder doch? Was denn nun?
Also wir bei ECO123 haben noch gar nichts von diesem Super-Sonderangebot mitbekommen. Wir müssen das wohl verschlafen haben. Das muss daran liegen, dass wir in Monchique, also von Lissabon aus gesehen, hinter den Bergen leben. Denn als wir in der vergangenen Woche Freitag unsere Post aus dem Postfach holten, quillte uns nur die Werbung der gängigen Supermärkte entgegen und kein Brief von Herrn Costa, in dem er uns mitteilt, er wolle uns kaufen.
Normalerweise ist das ja so, einer läßt sich kaufen und dann mitnehmen – während der andere sich die Ware genau anschaut (Anfassen verboten) und dann einkauft, Werbung wohlgemerkt. Wie habe ich mir das also vorzustellen? Da kommt also der Costa zu uns nach Monchique, mit Termin oder auch ohne, denn wichtige Leute brauchen vermutlich keine Termine zu machen, nicht wahr, klopft an unsere Tür und sagt zur Anzeigenchefin: „Hör mal Mädchen, was kann man bei dir noch so kaufen, ist noch wat zu haben?“ Oder schickt er vielleicht vorher eine Email mit einer Projektbescheibung, oder adressiert er seinen Wunsch auf einem blauen Blatt Papier mit 25 Linien? Sie wissen schon, das war mal so ein Blatt aus einer dunklen Zeit…
Heutzutage ist das ja so, wer was kauft, will immer einen ganz bestimmten Gegenwert dafür haben, im Tausch: WIN-WIN nennt man das auf Portugiesisch. Was aber kann die Presse dem Costa liefern und im ganz besonderen Interesse, wann will er die Werbung in unserer Zeitung haben? Vor den Wahlen oder besser nach den Wahlen? Denn nach den Wahlen ist immer auch vor den Wahlen. Also wenn ich die Sache richtig betrachte und verstehe, gibt es bei jedem Vertrag auch das Kleingedruckte. Das befindet sich meist auf der Rückseite des Anzeigenvertrages. Da steht geschrieben, dass im Falle von höherer Gewalt, keiner für irgendetwas haften muß. Damit sind die Verlage aus dem Schneider. Oder wie man in der Kirche zu sagen pflegt, man kriegt die letzte Ölung, die Absolution. Wenn also morgen der Fernsehsender IVT, nur mal so laut gedacht, trotz der Krise, seine Telenovelas mit einem Farbbalken, Testbild oder schwarzem Bildschirm sendet – Gott behüte uns – hat die Regierung „institutionelle Werbung“ gekauft, aber IVT braucht sie nicht wirklich zu senden und hat das Steuergeld der Regierung mit Handschlag und Umarmung in den blauen Sack gesteckt und – ähnlich wie bei der neuen Bank und der TAP usw. das Geld irgendwo in Sicherheit gebracht, sprich verbraten.
Ich habe ja vollstes Verständnis dafür, daß Geld unter die Leute gebracht werden muss. Geld sparen macht in diesen Tagen überhaupt keinen Sinn, denn es vermehrt sich ja nicht. Die Zinsen sind ein Nullsummenspiel. Also muss man sich was ausdenken, was Füße hat, laufen kann, wenn möglich schnell und weit weg.
Lieber António. Also die beste Werbung ist bei uns immer die Seite 3. Danach kommt die Rückseite und dann gibt es bei uns noch die Grünen Seiten. Bei uns gibt es weder gelbe noch rote Seiten. Irgendwann hatte mal ein ganz besonderer Werbefuzzy bei Mercedes eine brilliante Idee. Er kaufte in einer großen überreginalen Tageszeitung – als es noch in war, gedruckte Tageszeitungen zu lesen – die Seite 3 und ließ sie leer, sie erschien einfach in weiß und ohne jeden Text und nicht mal mit dem Stern als Logo. Waren die ver-rückt? Eine kleine Einschränkung: von links unten am Rand nach oben stand da ein einziger klitzekleiner Satz in sieben Punkt, der lautete: „Mercedes braucht keine Werbung.“ Das wars. Wenn ich mir das mal richtig überlege, sollte sich Ihre Regierung vielleicht mal von dieser Werbeagentur inspirieren lassen. Ich könnte den Kontakt herstellen. Gratis versteht sich.