Samstag, der 29. Mai 2021
Es gibt nicht mich (dich) und meine (deine) Umwelt, sondern nur mich (dich) als integrativen Teil dieser einen Welt: ganzheitlich und nicht getrennt von ihr, in menschlicher Verbundenheit zur Natur, zum Lebensraum dieses Planeten. Wirklich? Seit ich im Wald lebe, spüre ich diese Nähe zu den Elementen mehr denn je. Was konkret bedeutet das? Ich bin bereits mehrmals mit den Auswirkungen des Klimawandels vertraut gemacht worden. Und ich fühle mich, als hätte ich dabei etwas gelernt, obwohl die Waldbrände, denen ich ausgesetzt worden bin, mich tief beschädigt haben.
Ich bin mit dem Wald aufgewachsen. Ich hatte das Glück, nicht in eine Großstadt hineingeboren zu werden. Und bis heute weiß ich, woher das Wasser stammt, welches ich trinke und das zuhause aus den Wasserhähnen fließt. Wasser ist alles – ohne Wasser ist alles nichts. Es begann alles damit, daß der Bach auf unserem Grundstück, der aus einer Quelle genährt wird, das erste Mal versiegte. Das machte mich betroffen, denn es betraf mich. Die Quelle gehört zu meinem Zuhause, sie gehört zu mir. In ihr schimmen Fische, leben Frösche und Kaulquappen; eine Schlange, die ihre Jungen im Quellwasser aufzieht. Ich hatte schon vor dem großen Waldbrand 2003 damit begonnen, Bäume zu pflanzen. Und ich habe nach dem zweiten großen Waldbrand 2018 diese Arbeit des Pflanzens und Behütens fortgesetzt und sogar noch intensiviert. Denn das Wasser nährt die Bäume und der Wald und seine Wurzeln halten den Boden und die Atmospähre im Wald feucht. Denn auch Bäume atmen und schwitzen.
Es kommt allerdings sehr darauf an, welche Bäume wo und wie gepflanzt werden. Ich begann zuerst mit Fruchtbäumen, die uns alle nähren: Mispel, Apfel, Birne, Orange, Pampelmuse, Zitrone, Pfirsich, Aprikose, Walnuss, Olive, Mandel, Johannisbrot, Feige, Granatapfel und viele andere Fruchtarten. Dann ging ich dazu über, Bäume zu pflanzen, die vom Aussterben bedroht sind, denn der Mensch ist gierig und strebt nach Monokulturen wie Pinien (zu Bauholz) und noch schlimmer, nach Eukalyptus, um daraus Papier herzustellen. Ich pflanze Bäume nur um unserer Selbst willen, ihrer Vielfalt wegen: Linden, Eichen, Erlen, Eschen, Kastanien, Zedern, Platanen, Ulmen, Weiden, Buchen, Ginkgo und Birken u.v.a. Nicht jeder Platz auf Erden ist für jede Baumart geeignet. Man lernt das mit der Zeit. Gerade versuche ich mich im Studium der Moringa und habe aus einigen Samen Setzlinge gezogen. Das kenne ich schon von Walnuss, Kastanie, Mango, Avokado, Lorbeere, Gummibaum, Eiche, Schirmpinie und vielen anderen kleinen Bäumchen: es beginnt bei der Samenkunde und führt bis zu einer eigenen kleinen Baumschule, die ihre Bäumchen tauscht, um eine größtmögliche Vielfalt unter den Bäumen unseres neuen, angestrebten Botanischen Gartens von Caldas de Monchique zu erreichen.
Verantwortung tragen.
Diese Idee, dieser Wunsch, der Plan, den Monokulturen etwas entgegenzusetzen, den Reichtum der Natur zu dokumentieren, kam mir nach dem letzten großen Waldbrand. Bei jedem Waldbrand wird Artenvielfalt vernichtet. So gerät unser Biotop Erde immer mehr aus seinem natürlichen Gleichgewicht. Und mit dem Botanischen Waldgarten setze ich den Monokulturen dieser Erde, der Kommerzialisierung des Waldes das Konzept der Nachhaltigkeit entgegen. Ich widme mich den Bäumen, ich schütze und ich pflanze sie auf einem Berg- und Talgrundstück zu einem neuen Wald, dessen alter Wald 2018 vollkommen verbrannte und nur einige Mutterbäume zurückließ. Wer aktiven Klimaschutz betreiben möchte, der widme sich dem Wald und pflanze und betreue seine Bäume. Das Potsdam Insitut für Klimafolgenforschung setzt auf vielfältige Baumpflanzungen, um aktiv CO2 aus der Atmosphäre zu holen. Den Klimawandel zu bremsen, zu mildern, die Elemente miteinander in Einklang zu bringen, vermögen wir nur, in dem wir Menschen viele unterschiedliche Bäume pflanzen und dabei achtsam sind, daß sie auch wachsen. Das ist neben Schritt 1, kein Tier mehr zu essen, der zweite wichtige Schritt zur Klimaneutralität. Bäume pflanzen.
Ich vergleiche das mit der Betreuung von Kindern. Bäume brauchen in den ersten fünf Jahren sehr viel Fürsorge, denn sowohl Trockenheit und Hitze als auch Stürme sorgen in Zeiten des Klimawandels dafür, daß ein gerade gepflanzter Baum schon morgen wieder abgestorben, oder wachsen und gedeihen kann. Also sollte ein Grundstück für eine Baumpflanzung in unmittelbarer Nähe gefunden werden und ein Botanischer Garten, ein Waldprojekt regional unterstützt werden. Ich züchte nicht nur Bäume aus Samen, ich pflanze also nicht nur Bäume, ich schütze sie vor weiteren Waldbränden. Wie geht das? Mit einem Sprinkler-System.
Regenerierende Entwicklung und Resilienz
Sieben Waldfreunde gründen die Genossenschaft Esgravatadouro – Cooperativa do Ambiente CRL wähend der Covid-19 Pandemie 2020. Und wir haben bereits ein Dutzend Unterstützer gefunden. Jeden letzten Samstag im Monat (heute) treffen wir uns in Caldas de Monchique, die in den letzten Wintern gepflanzten Bäumchen zu gießen, eine Spende zu geben, um z.B. Schattendächer zu bauen, ein Notfall-Sprinkler-System zu finanzieren und zu installieren und um selbst Bäumchen anzupflanzen. Auf dem genossenschaftlichen Grundstück von zwei Hektar fließt der Bach wieder an zehn Monaten im Jahr. Das Ziel ist es, das ganze Jahr über genug Wasser zu binden, damit die kleinen Bäumchen über den Sommer hin bewässert werden können und sich später selbstversorgen. Das Projekt ist übersichtlich strukturiert, wird zwei Pfade und Orte integrieren, sowohl zum Meditieren als auch zum Entspannen. Am Ende, in 2030 werden in Caldas de Monchique 1.001 unterschiedliche und heimische Baumarten ein neues Zuhause gefunden haben. Dann sollte der CO2 Fußabdruck aller, die daran mitgewirkt haben, wesentlich geringer sein als heute.
Lesen Sie nächste Woche Schritt Drei. Klimaneutral leben in zehn Schritten. Immer samstags ab acht Uhr morgens auf www.eco123.info und auch als gedrucktes Heft zwei Mal im Jahr am Kiosk, nächste Ausgabe 21. Juni, Sommerbeginn.