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Saubermachen, aber richtig.

Samstag, der 25. Januar 2025.

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Schöner. Größer. Härter. Straffer. Glatter. Stärker. Wollen wir noch immer mehr? Es gibt da so eine neue Partei, die hat an der Autobahn der Algarve Schilder aufstellen lassen… Zicke-Zacke, Zicke-Zacke. Ein Möchtegern-Saubermann steht da als Anhalter und will vermutlich mitgenommen werden. So jedenfalls verstehe ich André Ventura. Cleverer Bursche, mietet sich ein Outdoor und macht einen auf Abstauber. So eine Chance bekommt er doch nie wieder. Ist er in der Regierung? Nein. Seine Politik ist nichts als ein Marketing-Coup. Was meinen Sie?

Muss man denn alles mitnehmen, was man gratis angeboten bekommt? Nicht unbedingt. Dank einer neuen neofaschistischen Partei können wir jetzt alle umsonst Autobahn fahren? Limpar Portugal – Portugal sauber machen? Was gibt es in Portugal sauber zu machen? Die Strasse? Das Parlament? Die Ministerien? Den Forst? Der Abgeordnete André Ventura kaufe sich besser einen Besen und werde Straßenfeger…

Als die Autobahn von der Europäischen Union mit bis zu 85% durch Steuergelder aller EU- Bürger von damals noch 28 Mitgliedländern inklusive Großbritannien, die sich schnell in EU-Subventionen verwandelten, finanziert wurde, unterschrieb die Regierung Portugals ein Dekret der EU, unter welchen Bedingungen sie die Finanzhilfe erhält, und zwar nur dann, wenn sie keine Mautgebühren verlangt. Sie tat es trotzdem, was also illegal ist. Auch die Konzessionsvergabe an die Autobahngesellschaft BRISA war illegal. Das könnte der Regierung noch teuer zu stehen kommen. Wer also wirft den ersten Stein? Chega?  Basta!

Da fahre ich jetzt doch lieber wieder auf der EN 125 oder steige um auf die Bahn. Da weiß ich zumindest, dass ich einer neofaschistischen Partei nicht Danke sagen muss. Was mir bei der ganzen Sache noch fehlt, ist ein rechtssicheres Gerichtsurteil der höchsten Instanz, das nicht nur endgültige Klarheit schafft, sondern auch Recht spricht. Die Mautgebühren müssen nämlich zurückgezahlt werden, die uns die Regierung aus der Geldbörse genommen hat.

Apropos Geldbörse.  Was denken Sie, was kommt uns billiger, Portugal mit Waldbränden durch Eukalyptus-Monokulturen oder ein intakter gepflegter Mischwald ohne Waldbrände? Folgen Sie der Spur des Geldes. Eukalyptus-Monokulturen fallen nicht so einfach vom Himmel. Maschinen bearbeiteten den Boden und dort wurden in den vergangenen 30 bis 50 Jahren Setzlinge in Reihe gepflanzt, Millionen Setzlinge jedenfalls mit Maschinen. Der Boom begann Mitte der 70er Jahre. Auf diese Weise wurde das Monchique-Gebirge mit seinem vielfältigen Wald in eine grüne Monokultur für die Papierindustrie verwandelt.

Nach acht Jahren wird Eukalyptus mit der Motorsäge „geerntet“ der Baum wird also gefällt, auf Länge zugeschnitten, dass der Stamm auf einen LKW geladen werden und z.B. von Monchique nach Setubal transportiert werden kann. Dort wird Eukalyptus industriell zu Papier weiterverarbeitet. Immer dem Geruch nach. Man behauptet, Geld stinkt nicht. Das aber stimmt nicht. Die Papierproduktion stinkt zum Himmel, jedenfalls in Setubal.

Eukalyptus ist ein schnell wachsender Baum, ganz im Gegensatz zur Baumart der Korkeiche und zu Kastanien, Johannisbrot- und Mandelbäumen. Wer also schnell wächst, braucht eine große Menge an Wasser. Sie wissen, worauf ich hinauswill? Wer also im großen Stil Eukalyptus anbaut, darf sich nicht wundern, wenn der Boden, wenn Bäche und Quellen austrocknen. Die Wasserressourcen sind nicht unendlich…

Und Eukalyptus hat einen hohen Brennwert: die Pflanze wandelt Wasser in ätherische Öle um, und der Forstwirt macht sich nicht mal die Hände bei der Arbeit schmutzig. Einmal nach acht Jahren gefällt, treibt Eukalyptus von selbst wieder aus und wächst nach. Kostenlos.

Die Steuereinnahmen aus der Papierherstellung und seinem Export für den portugiesischen Staatshaushalt sind ein Mehrfaches vom Wert, den die Regierung für den Zivilschutz bei Waldbränden ausgibt. Man nimmt die Waldbrände in Kauf, wenn man das Steueraufkommen der Papierindustrie einmal genau nachrechnet. Das ist der eigentliche Skandel.

Den Schaden hat übrigens wieder …  der Bürger. Sein Wald brennt, sein Haus brennt, seine Tiere verbrennen… Die Regierung, egal welcher Farbe, nimmt es in Kauf. Wer in Portugal lebt und (nicht in Eukalyptus) investiert, macht ein Verlustgeschäft: ob im Naturtourismus oder anderweitig. Das Damokles-Schwert der Waldbrände verfolgt die Menschen, die im Einklang mit der Natur leben wollen.

Aus diesem Grund hat Esgravatadouro, Cooperativa do Ambiente CRL.in seinem Botanischen Garten in Caldas de Monchique eine Sprinkler-Anlage installiert, um den vielfältigen Mischwald vor dem nächsten Waldbrand zu schützen. Denn seit 1991 hatten wir in Monchique, Silves und Aljezur wieder und wieder Waldbrände, in 2003, in 2004, in 2016 und in 2018 und in 2023… Soll das so weitergehen.

Uwe Heitkamp (65)

ausgebildeter Fernsehjournalist, Buchautor und Hobby-Botaniker, Vater zweier erwachsener Kinder, kennt sei 30 Jahren Portugal, Gründer von ECO123.Translations: Dina Adão, John Elliot,  Patrícia Lara

Photos:Uwe Heitkamp

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