ECO123 sprach mit dem Wasserwirtschaftsamt der Algarve (Administração da Região Hidrográfica do Algarve), das zur portugiesischen Umweltbehörde (Agência Portuguesa do Ambiente) in Faro gehört. Die Behörde verfügt über fünf Hauptgeschäftsstellen in ganz Portugal, die jeweils für den Alentejo, Tejo, den Norden, das Zentrum und hier in Faro – für die Algarve – zuständig sind.
Die Umweltbehörde verfolgt fünf strategische Ziele: den Schutz, die Wiederherstellung und die Verbesserung des Ökosystems zu forcieren; den Schutz von Personen und Gütern in einer Risikosituation zu verstärken; Wissen und Information über die Umwelt zu verbessern; die Einbeziehung der Öffentlichkeit zu fördern und die Beteiligung der Institutionen sicherzustellen sowie eine bestmögliche Ausführung aller Aufgaben zu gewährleisten. Paula Noronha, Leiterin der Abteilung für Planung und Information (Chef de Divisão de Planeamento e Informação) und Paulo Cruz, ihr Kollege, sind mit der Aufgabe betraut, Qualität und Menge des Wassers zu analysieren und das Grundwasser zu kontrollieren.
Wie ist die Situation in unserer Region?
Paulo Cruz: Obwohl 2017 eines der heißesten Jahre mit sehr wenig Regen hier an der Algarve war, haben die Staubecken immer noch Wasser und es besteht kein echtes Risiko für das Gemeinwesen. Das letzte wirklich schlechte Jahr für die Algarve war 2005 und davor 1995. In der Zwischenzeit wurden mehr Staubecken gebaut. Es geht um gutes Wassermanagement, da es zwei Arten von Trockenheit gibt. Es gibt eine meteorologische Dürre, die durch einen Mangel an Regen und sehr hohe Temperaturen über einen langen Zeitraum verursacht wird. Dies schadet den Landwirten und kleinen bis mittleren Erzeugern, die Wasser aus Brunnen und Bohrlöchern fördern. Die zweite Art von Dürre betrifft den Wasserkreislauf der Flüsse, Staubecken und unterirdischen Wasserquellen. Wenn der Kreislauf durch Regenmangel unterbrochen wird, füllen sich die Aquiferen nicht und die Flüsse trocken aus.
Belastet die zunehmende Zahl an Urlaubern die Wasserressourcen?
Paulo Cruz: Die Wasserversorgung unterteilt sich in drei Bereiche: Öffentlichkeit, Landwirtschaft und Tourismus. In der Vergangenheit verbrauchte die Landwirtschaft große Wassermengen, aber das hat sich durch die Verlagerung der wirtschaftlichen Basis, von der Landwirtschaft auf den Tourismus, geändert.
Paula Noronha: Mit Tourismus meinen wir hier Golfplätze und Hotels.
Paulo Cruz: Die meiste Zeit des Jahres besteht die Bevölkerung der Algarve aus ca. einer halben Million Menschen, aber im Juli erhöht sich die Bevölkerungszahl auf zwei Millionen.
Ist die Situation im Norden des Landes aufgrund einer anderen Industrie – wie zum Beispiel der Papierindustrie – und der Waldbrände problematischer?
Paula Noronha: Nein, wir überwachen den Wasserverbrauch von Industrie, landwirtschaftlichen Großbetrieben und Tourismus durch die Ausgabe von Lizenzen.
Paulo Cruz: Wir haben einige Kriterien zur Problemvermeidung, so erlauben wir zum Beispiel keine Bohrlöcher in Meeresnähe um Infiltration von Salzwasser vorzubeugen.
Wie funktioniert das mit den Bohrlöchern?
Dazu muss man verstehen, dass das Grundwasser in Portugal durch die Verfassung geschützt ist. Grundwasser ist eine private Ressource. Grundstückseigentümer haben ein Recht auf das Wasser unter ihrem Grundbesitz. In anderen Ländern, wie zum Beispiel in Großbritannien und Deutschland ist das nicht der Fall. Wenn ein Produzent Zitrusfrüchte anbauen will, überprüfen wir nur, ob die damit verbundene Wasserentnahme die Grundwasseradern gefährdet, bevor wir eine Genehmigung erteilen. Es gibt Fälle bei denen das neue Bohrloch anderen Leuten das Wasser abgraben würde, was wir nicht erlauben und dann die Genehmigung verweigern. Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein Haus mit einer traumhaften Aussicht und eines Tages baut jemand direkt vor ihrem Haus und nimmt Ihnen diese Aussicht. Das portugiesische Gesetz schützt ihre Aussicht nicht – im Gegensatz zu ihrem Wasserrecht. Der Abstand zwischen zwei Bohrlöchern muss mindestens 100 Meter betragen. Wenn unsere Tests ergeben, dass genug Wasser vorhanden ist, können wir auch einen kürzeren Abstand genehmigen. Dabei beobachten wir den Wasserstand über einen längeren Zeitraum. Das Ziel ist die Entwicklung zu begleiten und zu bewerten. Sie können beispielsweise in manchen Monaten mehr Geld haben, als in anderen, aber mit entsprechender Einteilung erreichen Sie Ihr Ziel, über das Jahr genug zu haben. Wenn also in einem Jahr mehr vorhanden ist, werden die Aquifere gefüllt und dies hilft uns in den Jahren, in denen es im Winter weniger Wasser gibt.
Gibt es für Monokulturbetriebe Beschränkungen hinsichtlich der Wassermenge, die ihnen zur Verfügung steht?
Wir bestimmen die Bereitstellung von Wasser nicht danach, wie und wozu es verwendet wird. Wenn es knapp ist, setzen wir Prioritäten, zuerst die Menschen, dann die Tiere und dann die Landwirtschaft. Im Jahr 2005 wurden diese Beschränkungen auferlegt. Was die Landwirtschaft betrifft, hatten Bäume Priorität, da die Obstproduktion für viele Jahre geschädigt werden kann, wenn die Bäume nicht bewässert werden.
Wir versuchen abzuschätzen, wie viel Wasser pro Jahr beispielsweise für eine Zitrusfarm benötigt wird, um dann auf dieser Schätzung basierend, die verwendete Menge zu kontrollieren. Die Wasserentnahme durch große kommerzielle Bohrlöcher wird mit einem Zähler erfasst und auf die entnommene Wassermenge eine Steuer erhoben. Bei kleineren Landwirtwirtschaftsbetrieben, die keinen Wasserzähler haben, können wir die geförderte Menge nicht messen und wissen nicht, wie viel Wasser verbraucht wird. Für unser Wassermanagement ist es wesentlich einfacher, mit einem großen, als mit hunderten von kleinen Bohrlöchern umzugehen. Wir verwenden neue Technologien, um Menge und Qualität des Wassers zu messen, das von Großunternehmen genutzt wird. Dies ist bei den traditionellen Landwirten nicht der Fall, die noch genauso wie ihre Großväter arbeiten.
Der wichtigste Lebensaspekt ist natürlich der kulturelle. Für meine Großmutter war der Anbau von Kartoffeln und anderem wichtig. Heute haben wir eine andere Wirtschaft. Aquaparks, Golfplätze und Parks in touristischen Gebieten spielen jetzt eine wirtschaftliche Rolle. Aktuell ist die Frage der Ressource am wichtigsten. Es gibt eine neue Verordnung, nach der neue Golfplätze verpflichtet werden, ihr Wasser zu recyceln.
Wie ist die Situation im Alentejo, wo es viel Landwirtschaft gibt?
Was das Wasser betrifft, haben wir im Alentejo eine ganz andere Situation, als in der Algarve. Insbesondere das Sado-Flussgebiet hat nur wenige flache Staubecken und viele sind fast leer. Die Landwirtschaft ist die wirtschaftliche Grundlage des Alentejo und dies belastet die Wasserressourcen enorm. Durch den neuen Alqueva-Stausee ist die Belastbarkeit jedoch grösser geworden als zuvor. In den letzten zehn Jahren sind hier Lebensräume verloren gegangen und es gab Entschädigungen für die betroffenen Landwirte. Die meisten Landwirte in der Region haben jetzt im Sommer mehr Wasser als vor dem Bau des Stausees, aus dem sie 100 Liter Wasser pro Sekunde erhalten können. Die Landwirtschaft heute ist mit der vor 50 Jahren nicht mehr zu vergleichen.
Portugal unterliegt jetzt Europas politischen Entscheidungen. Wir haben keine Großindustrie in Portugal. Vor allem in Lissabon, an der Algarve und in Porto ist der Tourismus eine wichtige wirtschaftliche Basis.
In den letzten Jahren ist der Anbau unter Plastik zu einer Industrie geworden. An einigen Orten wurden riesige Plastiktunnel mit Himbeeren und Blaubeeren errichtet. Wie hat sich das auf die Wasserressourcen ausgewirkt?
Die Gewächshäuser verbrauchen weniger Wasser als traditionelle landwirtschaftliche Prozesse. Wir wissen, dass diesbezüglich einige Menschen in Schwierigkeiten sind. Wir haben jedoch noch keine Lösung. Deswegen ziehen manche vor Gericht, um das Wasser betreffende Konflikte zu lösen. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes bedeutet Zuerst Dagewesen Zu Sein und eine gute Wasserversorgung zu haben, nicht automatisch, auch weiterhin immer Wasser im Brunnen oder Bohrloch zu haben.
Und der Klimawandel?
Wenn die Temperaturen wegen des Klimawandels über längere Zeiträume steigen, könnte sich die Situation in Portugal verschlechtern. Unsere Aufgabe ist es, Lösungen zu finden.
Was tun Sie also, um in Schulen, Gemeinden und bei Touristen über die begrenzte Ressource Wasser aufzuklären? Gibt es laufende Programme, die auf die Notwendigkeit, Wasser zu sparen, aufmerksam machen?
Paula Noronha: Ja, es gibt einige Projekte und wir verbreiten Informationen über das Radio. Schauen Sie sich unsere Website an – dort finden Sie unsere Programme. Touristen zu informieren ist die Aufgabe der Gemeinden. In den Schulen läuft zurzeit ein Programm zur Analyse der Wasserqualität für die Tiere in freier Wildbahn.
Wie können Menschen maßgeblich in Entscheidungsprozesse einbezogen werden?
Paulo Cruz: Sie können sich an Apambiente wenden. Aber wir können nur sehr wenig tun, da die Pläne von einem globalen wirtschaftlichen Ansatz bestimmt werden und dieser Wandel nicht nur in Portugal stattfindet.
In den letzten 40 Jahren haben wir von der Fischerei und einem Boom im Tourismus profitiert. Unsere Rolle besteht darin, zu messen, zu überwachen, zu analysieren und zu bestimmen, was auf der Grundlage wissenschaftlicher Analysen getan werden muss.
Danke