Nichts an dem Film ist trocken, nichts langweilig, nichts aufgesetzt. Trotzdem ist das Thema Klimawandel, Peak-Oil und die knapper werdende Ressourcen, die Alternative Ökologische Landwirtschaft und das Miteinander einer Bewegung, die sich gerade aufmacht, unseren Planeten zu evolutionieren, ein wichtiges politisches Thema. Nur, dass der Film nicht auf die Politiker wartet, noch die Erwartung weckt, dass diese sich irgendwie nützlich machen könnten. Krise hin, Krise her:
gemeinsames Leben soll wieder Freude machen. Deswegen steht da der zottelige Engländer Mike Feingold, Zigarette im Mundwinkel, erfrischend frech in seinem Hinterhof und presst Saft aus seinen Äpfeln. Erklärend fügt er hinzu, dass wenn der Saft drei bis vier Tage vor sich hin gären, daraus Cidre entstehen würde und danach eben Apfelessig und falls auch der jener natürlichen Haltbarkeit zum Opfer fiele, könne er diesen immer noch als WC- oder Scheibenreiniger benutzen. Im Film kommen viele normale Menschen zu Wort und was sie sagen, macht Sinn. Wir müssen uns nur von anderen Zielen leiten lassen und die Reise beginnt.
In neun miteinander verwobenen Kapiteln wird der kommende Paradigmenwechsel vorweggenommen. Der Brite Dr. Rob Hopkins erzählt die Geschichte des Netzwerkes der Transition Bewegung und wie sie Schritt für Schritt die Welt verändern wird. Professor Christian Dupraz erzählt die Geschichte des Waldes, seiner Bäume und Pflanzen und von traditioneller und gesunder französischer Bauernkunst. Der englische Gärtner Martin Crawford verrät vor laufender Kamera die Geheimnisse des Waldgartens. Effizienz sei das Verhältnis von Energie-Output und Energie-Input, inklusive Arbeitsaufwand, Maschinenenergie, chemischer Energie. Waldgärten seien das effizienteste Agrarsystem aller Zeiten, jedenfalls effizienter als all die fossile Energie, die in den industriellen landwirtschaftlichen Komplex gepumpt würden, inkl. europäischer Subventionen. Voices of Transition zeigt anhand vieler positiver Beispiele aus verschiedenen Ländern, wie wir unsere Felder und Städte auf die doppelte Herausforderung von Klimawandel und Erdölknappheit vorbereiten können. Im Film kommen wichtige Protagonisten des sozialökologischen Wandels in Frankreich, England und Kuba zu Wort.
Das kubanische Beispiel erzählt folgende Geschichte: Anfang der 90er überraschte die Tropeninsel eine katastrophale Wirtschaftskrise und stellte ihre staatlich industrielle Landwirtschaft vom Kopf auf die Füße zurück. Russland lieferte kein billiges Erdöl, keinen chemischen Dünger und auch keine Pestizide mehr. Was tun? Mit viel Improvisation und Geschick schafften es die Kubaner, aus der Not eine Tugend zu machen und fast ohne Öl auszukommen. Heute, eine Generation später und kaum bekannt, haben sich Kuba und Havanna zum weltweiten Vorreiter in urbaner genossenschaftlicher und privater Ökolandwirtschaft entwickelt.
Dem jungen französisch-deutsch-spanischen Filmemacher Nils Aguilar (34) ist ein großer Dokumentarfilm fürs Kino gelungen. Voices of Transition, 65 Minuten, sein Erstlingswerk, gibt es nun als portugiesische Synchronfassung. Sie ist aber auch in deutscher, englischer, französischer, italienischer, spanischer, polnischer, schwedischer, holländischer und rumänischer Sprache im Verleih der Milpa-Films (Berlin) zu bekommen. Der Autodidakt erzählt uns – auch mit ein wenig Science Fiction – eine Geschichte mit Happy End.
2012 • Dokumentarfilm • 65 min.
Regie: Nils Aguilar
Web: www.voicesoftransition.org