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Gesunde Erde – gesunde Menschen, Pflanzen & Tiere

Gombe, Tanzania - Jane Goodall and infant chimpanzee reach out to touch each other's hands. (National Geographic Creative/ Hugo Van Lawick)

Samstag, der 5. Oktober 2024.

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Die englische Schipansenforscherin und Umweltaktivistin Jane Goodall fragt den deutschen Mediziner und Wissenschaftsjournalisten Eckart von Hirschhausen: “Wenn wir als Menschen behaupten, dass wir die schlaueste Art auf diesem Planeten sind – warum zerstören wir dann unser eigenes Zuhause?  Zu lesen im neuen Spiegel-Bestsellerbuch “Unlearn CO2” Zeit für ein Klima ohne Krise der HerausgeberIn Klaudia Kemfert, Julian Gupta und Manuel Kronenberg. Das Buch, in dem 14 AutorInnen aus ganz unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Lebens die LeserInnen in 14 verschiedenen Essays in eine klimagerechte Zukunft führen, ist besonders. Und weil diese eingangs gestellte Frage berechtigt ist, hole ich mir sogleich noch einmal “Das Buch der Hoffnung” von Jane Godall aus dem Regal und lese beide Bücher nebeneinander. Nun sind wir alle ZeitgenossInnen, die unterschiedlicher gar nicht sein könnten und doch sind wir alle gleich. Denn die Physik gilt für alle Lebewesen – und Naturgesetze sind nicht verhandelbar.

“Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, solange andere sie hauptberuflich zerstören.” Richtig oder falsch? Als Arzt weiß der Autor, daß Gesundheit nicht mit einer Tablette beginnt oder einer OP oder mit einem MRT, sondern sie beginnt mit fünf Lebensgrundlagen: alle Menschen brauchen saubere Luft zum Atmen, Wasser zum Trinken, leckere Pflanzen zum Essen, erträgliche Temperaturen und ein friedliches Miteinander…

Das die fossile Energiepolitik massive Gesundheitschäden verursacht, stand bisher eher nicht auf der Agenda von Ärzten. Traditionell hält sich die Mehrheit der Ärzte aus der Politik heraus. Jeden Tag erfahren wir aber aus den Nachrichten, dass all diese Lebensgrundlagen akut bedroht sind. Deshalb, schreibt Hirschhausen, braucht es den erweiterten Blick von der persönlichen Gesundheit zur sogenannten “planetarischen Gesundheit”- oder anders ausgedrückt: Gesunde Erde – Gesunde Menschen.

Klimaschutz als Gesundheitsschutz zu begreifen, eröffnet eine Perspektive, die für jeden von uns und die Zivilgesellschaft wichtig sind. Sichtbarer, öffentlicher und politischer zu werden, heißt anzuerkennen, daß die Lösung der Probleme nicht in einer medizinischen Innovation zu finden sein wird. Wir können eine überhöhte Körpertemperatur, also Fieber, medikamentös senken, scheibt Hirschhausen. Aber gegen eine überhöhte Außentemperatur gibt es keine Tablette, es helfen keine Wadenwickel, da hilft nur eine wirksame Politik und konsequentes Befolgen der Klimaneutralität, der Null-Emissionen: das Ende von Kohle, Öl und Gas, der schnelle und konsequente Umstieg auf die erneuerbaren Energien.

Warum sind die Todesopfer von Hitzewellen kein öffentliches Thema? Vor 20 Jahren, während der ersten großen Hitzeperiode in 2003, starben europaweit 70.000 Menschen. Würde eine Bombe in einem Fussballstadion hochgehen und 70.000 Menschen dabei den Tod finden, dächte jeder darüber nach, wie man verhindern kann, dass so etwas Schreckliches noch einmal passiert. Ist Klimaschutz kein Thema mehr? Überhitzung wirkt sich auf unsere Gesundheit aus – überall in Südeuropa, in Afrika, Zentralamerika und in Indien noch einmal besonders. Ganze Regionen auf dieser Erde sind in der Zwischenzeit schon unbewohnbar. Unser Hirn verliert die Kontrolle über sich. “Städte werden in Hitzperioden zu echten Wärmefallen. In Gebieten sogenannter Hitzeinseln, bespielweise in dicht bebauten Innenstädten, in Bereichen mit stark versiegelten Oberflächen und wenig Grün, kann die Temperatur über zehn Grad höher sein als im Umkreis.” (…)

Hirschhausen fragt: “Wie viele Temperaturrekorde, Jahrhundertfluten, Jahrtausendstürme und Waldbrände, brauchen wir eigentlich noch, um zu verstehen, dass dieses Jahrhundert gerade erst angefangen hat?

Szenenwechsel. Jane Goodalls Buch der Hoffnung aus dem Jahr 2021/2 ist heute noch aktueller denn je. Doch was ist das überhaupt: Hoffnung? Und: Ist Hoffnung wirklich? Diese und ähnliche Fragen stehen im Zentrum des »Buchs der Hoffnung« vom Schriftsteller Douglas Abrams und der Verhaltensforscherin Jane Goodall. Herausgekommen ist eine Biografie von Goodall, als Kombination aus Interview und Roman, gewürzt mit Informationen über unsere Umwelt sowie ethisch-philosophischen Überlegungen.

Jane Goodall, geboren 1934 in London, gilt als eine der bedeutendsten Wissenschaftlerinnen und inzwischen auch weltbekannte Naturforscherin, die sich nicht bloß auf Fakten und Messbares konzentriert. Wie man lesen kann, hat sie sich ihre Kenntnisse im Lauf des Lebens selbst erarbeitet – als einfache Büroangestellte wird sie quasi zufällig damit betraut, mitten in Tansania das Verhalten der Schimpansen zu studieren. Es folgte ein Leben mit vielen Hindernissen und persönlichen Schicksalsschlägen. Ihr Buch soll jedoch eine Einladung zur Hoffnung sein, heißt es im einleitenden Kapitel. Es soll zeigen, wie wir auch in schweren Zeiten den Mut nicht verlieren. Jane – im Buch ist auch der Leser mit ihr und ihrem Koautor per Du – hat dafür mehrere Gründe.

Da ist zunächst einmal der menschliche Intellekt, der sich wesentlich von dem von Tieren unterscheidet – und den Jane Goodall nicht mit Intelligenz gleichsetzt. So wie im Rest des Buchs spürt man immer wieder, dass sie sich mit solchen Fragestellungen ausführlich auseinandergesetzt hat. Insbesondere bei der Rettung der Umwelt seien die Herausforderungen groß. Doch Menschen hätten schon so vieles geplant, erschaffen und entwickelt, sollten sie nicht auch dafür Lösungen finden können? Mit Sätzen wie »Ich empfinde Ehrfurcht und Faszination für diese Welt (…) Aber wir zerstören sie, bevor wir sie ganz verstanden haben« kommen Abrams und Goodall ganz automatisch zu ihrem zweiten Hoffnungsgrund: der Widerstandskraft der Natur.

Zu den geschilderten Beispielen gehört die erstaunliche Geschichte vom »Survivor Tree«: Einige Wochen nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center 2001 wurde bei Aufräumarbeiten im verwüsteten Gelände die Hälfte einer verkohlten Chinesischen Birne gefunden, an der noch ein kleiner, unversehrter Ast hing. Der Baum bekam eine neue Chance; man versuchte, ihn in einer Baumschule aufzupäppeln – und schaffte es. Der Baum wurde wieder an seinen Heimatort versetzt und trägt nun alljährlich Blüten.

Dem Willen zum Leben kann der Mensch also entgegenkommen. Und wir sind schließlich von einer gesunden Natur abhängig, weiß die Primatenforscherin. Während der Zeit im afrikanischen Gombe habe sie gelernt, dass jedes Lebewesen eine Rolle spielt und alles miteinander verwoben ist, »wie bei einem Teppich. Jedes Mal, wenn eine Art ausstirbt, bekommt dieser Teppich ein Loch. Je mehr Löcher entstehen, desto schwächer wird das ganze Ökosystem.

Jane Goodall ist nicht nur begeistert von Tieren und Pflanzen, sondern auch von Kindern. Für sie ist die junge Generation ein dritter Punkt, der Hoffnung gibt. Das erfährt man im nächsten Kapitel und lernt damit zugleich den Beginn eines weiteren Lebensabschnitts dieser unermüdlichen Frau kennen. 1991 rief sie die Jugendorganisation »Roots & Shoots« in Tansania ins Leben. Wie die Recherche zeigt, ist die Bewegung heute mit Gruppen in vielen Ländern der Welt vertreten und setzt sich für soziale Themen ebenso wie für die Umwelt ein. Für Goodall steht dahinter die Botschaft, dass jeder, egal ob jung oder alt, Spuren auf diesem Planeten hinterlässt – doch man könne bestimmen, wie diese aussehen.

Dazu passt der vierte Aspekt, der unbeugsame Kampfgeist aller. Die Aktivistin bezeichnet damit innere Stärke und den Mut, selbst bei miserablen Chancen ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Persönlichkeiten wie Martin Luther King jr. oder Mahatma Gandhi hätten diesen Kampfgeist vorgelebt. Aber genauso erkennt sie ihn in vielen anderen, nicht bekannt gewordenen Menschen, die etwa eine schwere Krankheit besiegen. Zugleich macht sie bewusst, wie sehr wir einander brauchen und wie hilfreich gegenseitige Unterstützung sowie sozialer Rückhalt sind.

Verlage:

Unlearn CO2 – Ullstein

Das Buch der Hoffnung – Goldmann

Uwe Heitkamp (64)

ausgebildeter Fernsehjournalist, Buchautor und Hobby-Botaniker, Vater zweier erwachsener Kinder, kennt sei 30 Jahren Portugal, Gründer von ECO123.Translations: Dina Adão, John Elliot,  Patrícia Lara
Photos:National Geographic

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