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Styropor oder Kork?

esferoviteFritz Rudolf Stastny ist der Erfinder von Styropor. Geboren am 4. März 1908 in tschechischen Brünn, gestorben am 25. Mai 1985 im deutschen Ludwigshafen, erfand er eher durch Zufall dieses Material, das uns heute bis auf die Fundamente unserer Häuser verfolgt und darüber hinaus vermutlich noch bis auf die Sondermülldeponie. Er studierte an der Technischen Hochschule Brünn und schloss 1930 sein Studium in der Fächern Chemie und Chemie Technologien als Diplom-Chemiker und Diplom Ingenieur ab. Im Jahre 1939 wechselte Fritz Stastny von den Semperit-Gummiwerken zur damaligen IG Farben AG, der heutigen BASF.(1) Diese Firma wurde 1945 von den Alliierten zerschlagen. Sie besaß nicht nur das Patent auf Sarin-Giftgas, sondern hatte sich im Nazi-Deutschland ein industrielles Monopol mit der Zwangsarbeit jüdischer und russischer KZ-Insassen erobert.

Styropor oder auch expandiertes Polystyrol ist ein vielseitiger Stoff der heutzutage in zahlreichen Branchen eingesetzt wird. Er wird zum Beispiel im Sportgerätebau für Surfbretter und Helme, in der Verpackungs- und Lebensmittelindustrie zur Kühlung von Fisch und anteilsmäßig am meisten (2012: 61%) in der Wärme- und Schallisolierung beim Hausbau verwendet. Da schließt sich der Kreis: die deutschen Namensrechte von Styropor liegen bei der BASF AG und dem Industrieverband Hartschaum.(2) Styropor hat eine sehr niedrige Wärmeleitfähigkeit von 0.035-0.04 [W/m*K] und hält Wärme und Kälte beim Durchdringen zurück. Desweiteren hat es eine Dichte von 10-50 [kg/m³] was ihn sehr leicht macht. (Vergleich Wasser: 998 [kg/m³]) Weltweit wurden 2012 rund 4,5 Mio. Tonnen Styropor produziert. 27 Prozent oder 1,22 Millionen Tonnen dieses auf Erdöl basierenden Stoffes wurden davon europaweit verkauft. Der Marktanteil von Styropor beim Isolieren von Häusern liegt in Europa bei rund 35%.(3)

Styropor wird aus Polystyrol, einem Standardkunstoff (Tupa Ware) hergestellt. Dabei wird das Polystyrol mit Pentan, ebenfalls einem Bestandteil von Erdöl, bei einer Temperatur von 90°C bis 100°C aufgeschäumt. Für die Baubranche muss zusätzlich noch ein Flammschutzadditiv beigefügt werden, was Voraussetzung für die technische Zulassung in Europa ist. Dafür verwendet die EPS-Industrie Hexabromcyclododecan (Brom), welches nach der EU-Chemikalienverordnung kurz „REACH-Verordnung“ genannt, als sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung eingestuft wird. Zwar wird nach Herstellerangaben der hochgiftige Bromzusatz bei korrekter Installation, also regen- und sonnenlichtabgeschlossen, nicht freigesetzt und hat damit keine direkten Auswirkung auf den Menschen. Trotzdem stellt sich die Frage, wie und was passiert mit Styropor, wenn es nach seiner Lebensdauer von circa 30 bis 50 Jahren zerbröselt? Herkömmliches Verpackungsstyropor ist recycelbar und braucht nur neu zu Styropor gepresst werden. Baustyropor aber kann und darf nicht wiederverwertet werden. Das liegt zum einen an den giftigen Zusätzen, die dann in Verpackungen enthalten wären und desweiteren an den Verunreinigungen wie Kleber, Mörtel und Putz, die beim Einbau und Ausbau am Material entstanden sind. Daraus ergibt sich nur eine mögliche Folgerung, wie mit Styropor-Abfall aus Häusern umgegangen werden muss: auf den Sondermüll! Sondermüll hieße aber auch, dass Styropor verbrannt und in die Luft gelangen würde oder im Erdreich in einer Müllgrube verschwände und sich das Brom somit freisetzen würde. Da Styropor eine deutsche Erfindung ist, war der Sachverständigen-Ausschuss des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) in Berlin für die Zulassung verantwortlich: „Eine Altersprüfung, so steht es in den Prüfsätzen für Schwerentflammbare Baustoffe unter Abschnitt 8a (Kleingedrucktes!), wurde als nicht mehr erforderlich angesehen, wenn die direkten Einwirkungen von Regen und Sonne ausgeschlossen sind.“

Eine gleichwertige Alternative zu Styropor ist Kork. Kork hat annähernd dieselbe Wärmeleitfähigkeit von 0.04- 0.05 [W/mK], ist ein Naturprodukt, hat eine wesentlich höhere Lebensdauer, wird recycelt und ist absolut umweltverträglich. Portugal ist einer der größten Korkproduzenten der Welt. Markführer ist die Cortiçeira Amorim (z.B. in Silves), die mehr als 95 Prozent ihres Isolationsmaterials in die EU exportiert. Die Frage, die sich abschließend stellt ist, warum wird in der portugiesischen Bauwirtschaft zu fast 100 Prozent Styropor und kaum Kork zur Isolierung verwendet? Wäre es nicht ökonomisch und ökologisch sinnvoll, gerade unter den Bedingungen der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise Kork als Isolationsmaterial vor Ort zu kaufen und dann auch zu verwenden?

Wie und was passiert mit Styropor, wenn es nach seiner Lebensdauer von circa 30 bis 50 Jahren zerbröselt?

 Wäre es nicht ökonomisch und ökologisch sinnvoll, Kork als Isolationsmaterial vor Ort zu kaufen und dann auch zu verwenden?

(1) IG Farben = BASF, BAYER & HOECHST
(2) Informationen: EUMEPS Belgien
(3) In Portugal sind die “ACEPE – Associação Industrial do Poliestireno Expandido”,
in Großbritannien “The British Plastics Federation” die nationalen Lobbyisten.

Marktpreise:
Styropor m2 Dicke 3 cm _3,70€
Kork m2 Dicke 3 cm _6,30€

About the author

Lenz-Romão Goergen-Heitkamp (22):Student an der Universität Stuttgart, 4. Semester, Studiengang Erneuerbare Energien. Geboren in Portugal, wo er die Grundschule absolvierte, wechselte nach Deutschland, machte dort sein Abitur. Interessiert sich für erfolgreiche und nachhaltige Lösungen bei der Energiegewinnung und -einsparung.

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