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rota dos pescadores

Weg der Fischer

Die Leichtigkeit des Seins wird zu einem steten Wunsch. Durch tiefen Sand stapfen wir mit unseren Wanderstiefeln. Zusehends werden wir müder, mürrischer. Wir reden weniger, sparen unsere Kräfte für jeden Schritt. Der Weg ist unbequem. Schuhe, Füße und Rucksack werden immer schwerer. Der Ausschilderung mit diesen vielen kleinen Holzpfosten im Sand zu folgen, ist mühselig. Seit Tagen trotten wir diesen Zahlenkolonnen hinterher. Unser Begleiter im Westen ist das Meer, weit und wild, eine unvergessliche Kulisse. Wir wandern in zerklüfteten Felsformationen inmitten einer zauberhaften Flora, die sich vom salzigen Atlantikwind nährt.

son and fatherKurz vor Almograve verlaufen wir uns dann tatsächlich. Wir sind vom Weg abgekommen. Keine kleinen Holzpfosten mehr im Sand. Alles vom Winde verweht. Wir sehen das Dorf von weitem schon unter uns. Links von uns hören wir die Brecher des Meeres dröhnen. Hohe Dünen trennen den Strand vom Hinterland. Genau da hat es uns erwischt. Der Pinienwald endet und wir gehen den Weg einfach weiter und irgendwann nach Holzpfosten Nr. 325 kommen keine Markierungen mehr. Wir gehen querfeldein, Luftlinie noch drei Kilometer bis zum Dorf, bergab und zu einem Bach, Luftlinie noch zwei Kilometer bis zum Dorf, aber es gibt keinen Übergang. So staksen wir vor uns hin wie zwei Verdurstende im Film. Das reine Abenteuer. Warum muss es nur so viel Sand auf dieser Erde geben? Warum gibt es kein Durchkommen von der einen zur anderen Seite des Baches? Noch einen Kilometer bis zu Dorf Almograve. Da findet der eine von uns beiden, besser gesagt „der andere“, der Jüngere von uns beiden die Lücke und baut mit einem Baumstamm eine Art Brücke. Schon wittern uns die Hunde. Kläffend, die Zähne fletschend, stürmen sie auf uns los. Wir sind mitten auf dem Baumstamm, die Hunde am anderen Ufer. Es gibt kein Zurück. Vorwärts, egal, irgendwie werden wir das schon schaffen. Da kommt auch schon der Besitzer mit einem Komposteimer in der Hand. Etwas unsicher schaut er uns bei der sportlichen Übung zu, dann lächelt er und ruft seine Tierchen zurück. Eine Frage, eine Antwort. Der Mann erklärt uns den Weg hinein nach Almograve. Gerettet. So ist Portugal. Immer findet sich ein freundlicher Mensch.

Vater und Sohn nehmen sich zusammen eine Auszeit von einer Woche. Sie beschließen eine Wanderung zu unternehmen. Was passt da besser, als die Rucksäcke zu packen, aus der Haustüre zu treten und loszugehen? Von (Caldas de) Monchique aus wandern sie quer über das Gebirge nach Chilrão, über Besteira und Moinho do Sogro nach Odeceixe. Am nächsten Tag stoßen sie auf die Rota do Pescador in Richtung Norden, immer am Meer entlang, die Felsen rauf und den Sandstrand runter. Tagesziel ist Zambujeira do Mar. Höhepunkte des Tages sind die steilen und steinigen Klippenwege hoch oben immer am Atlantik entlang, die sich mit schattigen Wegen entlang der ins Meer fließenden Bachmündungen abwechseln. In Azenha do Mar machen sie eine Mittagspause. Von Zambujeira geht es zum Cap Sardão. In Hafen von Porto Barca klettern die beiden an einem Seil den Felsen steil hinauf zur Küste. Gutes Wandern und wilde Impressionen von der Westküste Portugals. Mövengeschrei und Wellengischt begleiten die beiden. Von Almograve wandern sie nach Vila Nova de Milfontes. Machen eine Rast und schauen soweit das Meer reicht. Kommen an einem Feld vorbei, auf dem der Rasen für Real Madrid und Benfica Lissabon angebaut wird. Die beiden beschließen, schwimmen zu gehen: am Praia das Furnas. Ein gutes Essen wartet im Paparoca (Milfontes) auf die beiden. Am vorletzten Tag wandern sie über Aivados nach Porto Covo, Sines im Blick. Hier endet die Wanderung. Sie kaufen sich zwei Busfahrscheine und nehmen den Linienbus zurück nach Monchique. Eine tolle Tour. Man fühlt seinen Körper. Der Kopf ist freigepustet. Portugal: die Natur vor der Haustür.

“Vater und Sohn nehmen sich zusammen eine Auszeit von einer Woche. Sie beschließen eine Wanderung zu unternehmen. Was passt da besser, als die Rucksäcke zu packen, aus der Haustüre zu treten und loszugehen?”

“Gutes Wandern und wilde Impressionen von der Westküste Portugals. Mövengeschrei und Wellengischt begleiten die beiden.”

 

Weitere Informationen (auch zur Rota Histórica): www.rotavicentina.com

About the author

Uwe Heitkamp, 53, Journalist und Filmemacher, ist seit 25 Jahren in Monchique, Portugal zuhause. Er unternimmt gern lange Wanderungen in den Bergen und schwimmt in Gebirgsbächen und Seen. Schreibt und erzählt Geschichten über Menschen und ihre Bezüge zur Ökologie und Ökonomie. Sein aktueller Film „Erben der Revolution“, erzählt über 60 Minuten die Geschichte einer Wanderung durch Portugal. Zehn Menschen berichten aus ihrem Leben. Alle Protagonisten zusammen malen ein Bild vom Leben und Arbeiten in den Bergen Portugals. Der Film offenbart Einblicke in die Schönheit der Natur und das Leben der normalen Menschen. Welcher Weg bestimmt die Zukunft des Landes? (Abonnieren Sie ECO123 und sehen Sie den Film in der Mediathek)

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