Samstag, der 1. Oktober 2022.
Wälder speichern CO2, Wälder speichern Wasser, Wälder kühlen Städte, Wälder lindern Dürren, Wälder schützen vor Erosion. Diese Liste liesse sich beliebig verlängern. Ein gut geschützter Wald ist eine Investition in die Zukunft. Bis 2030 sollen in der EU mindestens drei Milliarden Bäume gepflanzt werden. Das ist natürlich nicht schlecht. Nur kann man in acht Jahren zwar viele Bäume pflanzen, aber eben keinen Wald. Es sei denn, wir pflanzten eine Vielzahl von Miyawaki-Wäldern. Was ist das? Und wie geht das?
Akira Miyawaki, ein japanischer Botaniker, geboren 1928, gestorben 2021, ist der Vater der gleichnamigen Waldart, kleiner Wälder von der Größe eines Tennisplatzes. Man kann sie in urbanisierten Zentren pflanzen und Parks daraus machen. Man kann viel bereits verbrannter Erde mit vielfältigen Baumarten draußen außerhalb der Städte wiederbegrünen. Und kleine Wälder haben den Vorteil, daß sich jeder von uns darin engagieren kann.
Akira Miyawaki, den Namen dieses Japaners sollten wir uns unbedingt merken. Die Erdüberhitzung wird in den kommenden Jahren zunehmen, sowohl in seiner Intensität, als auch über die sich immer länger hinziehenden Sommermonate. Fluten einerseits durch zu viel Regen und Dürren andererseits durch zu wenig Regen und durch die verschwenderische Nutzung von Wasser werden uns durch die menschgemachten Klimakrisen begleiten, es sei denn…
Wir könnten das Klima ins Gleichgewicht zurückbringen. Das wird schwierig, ist aber nicht unmöglich, wie verschiedene weltweite Beispiele beweisen.
Erstens müßte jeder von uns acht Milliarden Frauen und Männer ihre/seine Emissionen auf Null bringen: eine andere Form der fossilfreien Mobilität, eine Änderung der Lebensweise, das Ende der Landflucht, die saubere Produktion von Elektrizität, eine fleischarme Ernährung und lokales Wirtschaften sowie vieles mehr führen auf der einen Seite zu weniger CO2 in der Atmosphäre. Gleichzeitig kann uns parallel zur Reduktion der Emissionen der weltweite Wald dabei helfen, das zuviel an CO2 in Sauerstoff umzuwandeln, die Basis unserer Atmung, das Elixier unseres Lebens. Sehen wir den Baum als unseren Lebenspartner an, ernährt er uns auch noch: Nüsse, Mandeln, Oliven, eine Vielzahl und Vielfalt an Früchten kommen von unseren Bäumen. Und mitten in der Stadt oder draußen auf dem verbrannten Land können wir damit sofort beginnen.
Der weltweiten Abholzung von Mischwäldern und die Anpflanzung von Monokulturen, was einhergeht mit der Kommerzialisierung von Bäumen zu Holz – zumindest bei jedem von uns vor Ort – egal ob in Portugal oder in Brasilien wegen Eukalyptus oder in Indonesien und Malysia wegen des Palmöls, wir müssen den Kapitalismus im Wald reduzieren, wenn nicht gar stoppen. Es braucht Programme, es braucht begeisterte Jugendliche, die sich für den Wald und seine Artenvielfalt interessieren. Und das kann bereits im Kindergarten und in der Schule beginnen. Akira Miyawaki beschloß in seiner Jugend zu reisen und er schaute sich die Wälder im fernen Europa an, wo er mehrere Jahre die Natur kennenlernte. Er studierte Botanik und erfand die tiny forests.
Denn zum sichtbaren Leben der Bäume über der Erde gehört das geheime Leben der Bäume unter der Erde. Die kleinen Wälder sind ein Feuerwerk an Wurzeln, die wie Schwämme im Boden das Wasser halten. Beim Miyawakiwald pflanzt man in geringen Abständen (30 cm) Baumsetzlinge, bis zu 40 verschiedene Baumarten, von Eichen bis Kastanien, von Eschen bis Linden usw.
Die Methode eines kleinen Waldes zu pflanzen, befeuert das Wurzelwerk unter der Erde zu einem beschleunigten Wachstum der Bäume. Was große Wälder oder vereinzelte Bäume in einem Jahrhundert an Wachstum schaffen, spielt sich im Miyawaki-Wald in zehn bis zwanzig Jahren ab, also zwischen fünf- und bis zu zehnmal schneller. Baumarten kooperieren, Mutterbäume sind soziale Wesen, die einmal, wenn sie genug Nahrung besitzen, davon an andere abgeben, die zu wenig Nahrung haben. In jeder Schule kann ein solcher Wald gedeihen, denn man kann durch ein ganzes Schulleben hindurch, den Wald wachsen sehen und von der Einschulung bis zum Abitur den Wald großziehen. Das ergibt ein Erlebnis, das man jederzeit später gebrauchen kann und sei es für die nächste Generation. Wälder speichern Wissen, Wälder lehren soziales Miteinander, Wälder schlucken Lärm, Feinstaub und schlchechte Laune. Mit jedem neuen Baum und jedem neuen Wald erreichen wir unser seelisches Gleichgewicht zurück. Es gibt Dinge, die sind wichtiger als Geld.