Der Schuhmacher
Schuhe sind genauso alt, wie die Notwendigkeit, die Füße vor allfälligen Widrigkeiten des Klimas und des Bodens, den sie betreten, zu schützen. Aus dieser Notwendigkeit heraus entstand der Beruf des Schuhmachers. Es wird geschätzt, dass ein Schuh, der im Jahre 2008 in Armenien von einer Gruppe Archäologen der Universität in Cork (Irland) gefunden wurde, circa 5.500 Jahre alt ist. Obwohl das Wissen der Schuhherstellung den Ägyptern zugeschrieben wird, beweisen Zeichnungen aus der Altsteinzeit, die in Höhlen in Südfrankreich entdeckt wurden, dass ihre Geschichte 10.000 v. Chr. ihren Ursprung nahm. Die Ankerkennung dieses edlen Berufes durch den „Tag des Schuhmachers“, der am 25. Oktober gefeiert wird, führt laut Legende auf das Jahr 280 zurück und ist den Gebrüdern Crispinus und Crispinianus, die das Christentum predigten und Schuhe herstellten, zu verdanken.
Aufgrund der Entwicklung und Massenproduktion und weil die Mehrheit der Menschen bevorzugt, sich neue Schuhe zu kaufen statt die alten reparieren zu lassen, verliert dieser Beruf immer mehr an Ansehen und Wirtschaftlichkeit. Wie der 81-jährige Schuhmacher António Martins ECO123 verrät, werden die Schuhe mit Techniken und Materialien hergestellt, die es praktisch unmöglich oder zu teuer machen, diese zu reparieren. Tag um Tag lebt er dieses Kunsthandwerk in seiner Werkstatt in der Rua da Igreja in Monchique. Während er uns einige Techniken und Instrumente zeigt, teilt er mit uns seine langjährige Erfahrung und seine Hoffnungen, die er für die Zukunft hegt.
ECO123: Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?
António Martins: Ich habe mich dafür entschieden, weil es damals nichts anderes gab. Weil nichts anderes zur Auswahl stand, musste ich mich dem Beruf als Schuhmacher hingeben.
Wie lange arbeiten Sie schon als Schuhmacher?
Seit meinem 16. Lebensjahr. Mit 14 lernte ich einige Dinge aus Spaß. Aber mit 16 hab ich meine ersten Schuhe für mich selbst angefertigt.
Wie viele Schuhmacher gab es damals in Monchique?
Ach wer weiß, ich behaupte nicht, dass es 100 waren, aber sicherlich waren es mehr als 50.
Würden Sie gerne jemanden in diese Kunst einführen?
Ich wäre gerne Lehrmeister und war es schon für viele. Einige Beweise stehen in diesem Regal.
Welche Materialen und Techniken verwenden Sie?
Pelze, Naturleder auch für die Sohlen. Dann noch Nägel und Gummi.
Welche Arbeit mochten Sie am liebsten?
Ich mochte alles, was mit Kunst verbunden war. Ich habe alles angefertigt: Stiefel für die Polizei, für Folkloregruppen, einfach alles, bis nach Amerika. Ich habe auf Bestellung einer Dame für eine Gruppe die Schuhe gefertigt. Hier sehen Sie noch die Reste.
Warum arbeiten Sie mit 81 Jahren weiter?
Ich arbeite gern weiter, mach ein paar kleine Dinge, Neubezüge… einfach kleine Dinge. Viel gibt es nicht mehr zu tun, da es schlecht läuft.
Sollten wir zur ehemaligen Methode zurückkehren und wiederverwenden anstatt neu zu kaufen?
Ja, das wäre gut, leider aber ist es wohl nicht möglich.
Wie sieht es mit der Zukunft dieses Berufes in Monchique aus, und in Portugal?
Er hat hier keine Chance. Der Beruf wird aussterben. Ich hab hier mit anderen gearbeitet, einige angelernt. In einer Werkstatt, die ich leitete, waren vielleicht 40 Leute tätig. Heute auf null reduziert. In Portugal? Weiß ich nicht einzuschätzen. Nur oben im Norden gibt es noch einige Fabriken. Hier im Süden geht es dem Ende zu. Hier gibt es nur noch zwei Kollegen und mich. Bei denen aber sieht es ähnlich aus wie bei mir. Es geht zu Ende. Wer weiß, vielleicht gibt es eine Zukunft, aber heutzutage und in dieser Region? Ich sehe keine.
Obwohl die Zukunft dieses Berufes überschattet ist, ist es durchaus möglich, Erfolgsbeispiele zu finden. Wie bei dem Portugiesen, der als „Schuhdoktor“ bekannt wurde. Carlos Mesquita, Unternehmer und 63 Jahre alt, begann schon in jungen Jahren als Schuhputzer im Herrensalon seines Vaters zu arbeiten. Bereits mit Kenntnissen dieses Kunsthandwerkes gewappnet, wanderte er nach Frankreich aus, wo er sein Wissen vertiefte. Auf einer Reise nach New York erkannte er das Potenzial seines Geschäftes, da die Qualität seiner Produkte besser war, als alles, was er sah. Also emigrierte er in die USA und nach New York und eröffnete dort sein Geschäft „Leather Spa“ in einer der teuersten Gegenden der Stadt: in der 55. Straße, zwischen der 5th und 6th Avenue. Er bemühte sich, die Konsumgewohnheiten der Amerikaner umzukrempeln. Leider mit wenig Erfolg, bis er die Marktlücke der Luxusschuhe fand. Heute erhält er Aufträge von Chanel oder Persönlichkeiten wie Jennifer Lopes, um Schuhe zu reparieren. Er beschäftigt 73 Angestellte, betreibt 3 Läden und eine Fabrik und prüft Expansionsvorschläge in andere amerikanische Städte, nach Argentinien, Katar sowie Dubai. Der Nachrichtenagentur Lusa verriet Carlos Mesquita, dass er „diesem Geschäft viel Zeit widme“. Man schafft kein Imperium in einem Tag. Mein Ziel für das nächste Jahr ist es, gleich viel zu verdienen wie im vergangenen, aber weniger zu arbeiten“. Vor dem Hintergrund dieser Erfolgsgeschichte stellt sich die Frage, ob es noch ein paar Jugendliche in Monchique gibt, die dieses edle und nützliche Kunsthandwerk erlernen wollen?
Zwei Dienstfahrten von Faro nach Monchique u.z.: 58,39 kg CO2.