Samstag, der 11. November 2023.
Es ist fast alles gesagt über den möglichen Lithium-Abbau im Norden Portugals. ECO123 beschäftigte sich bereits im Herbst 2019, also vor vier Jahren, ausführlich mit dem Thema. Das möchten Sie sicherlich nachlesen? Gehen Sie auf https://eco123.info/portugal/entrevistas/o-legado-que-vou-deixar-aos-meus-filhos-e-o-que-a-mina-la-deixar/ und Sie landen bei uns im großen ECO 123-Archiv. Dann werden Sie verstehen, warum der Premierminister Portugals nun zurückgetreten ist und warum immer wieder aktive und passive Korruption im Spiel ist bei Themen, die sich mit unserer Zukunft beschäftigen, mit sauberer Energie, mit Nachhaltig- und Zukunftsfähigkeit. Das alte, überkommene System, dass eine Hand die andere wäscht, ist selbst fast 50 Jahre nach Abschaffung der Diktatur und mitten in der demokratischen Zeitenwende nicht totzukriegen. Warum ist Korruption immer noch ein Mittel zum Zweck, um Entscheidungen zu beeinflussen? Warum werden in Behörden wie der APA oder in Ministerien wie dem Umweltministerium Geldgeschenke überhaupt akzeptiert? Warum spielt für die Damen und Herren Minister das schmutzig verdiente Geld eine so entscheidende Rolle im Leben und die Natur bleibt dabei auf der Strecke? Saubere Energie braucht eine saubere Politik!
Ich habe mich diese Woche entschieden, den Informationsmüll aus der Hauptstadt zu meiden und Oliven pflücken zu gehen, im meinem Olivenhain. Von dort berichte ich Ihnen:
Oliven ernten gehört zu den schönsten Beschäftigungen des Lebens. Der Mensch kann Oliven ernten in einer Gruppe, in einer Familie, unter Freunden – aber auch allein. Es gibt immer ein Thema, über das man ins Grübeln geraten kann unter Bäumen oder ins Erzählen. Man findet bisweilen seinen inneren Frieden beim Oliven pflücken. Es gibt auch verschiedene Techniken. Manche schlagen auf die Äste des Olivenbaumes mit einem Stock ein, auf das die Oliven in ein auf dem Boden liegendes Netz fallen – andere wiederum pflücken die Oliven vom Baum wie Kirschen. Letzteres hat etwas sehr Feines an sich, denn wenn man seine Oliven noch zur Ölmühle bringen möchte, dann sind sie heil und bringen in der Presse das beste Olivenöl. Es hat einen unverwechselbaren, sehr erdigen Geschmack.
Der kleinste ökologische Fußabdruck, der Fußabdruck mit der geringsten CO2 Emission, ist der des Selbstversorgers. Ein Produkt muß nicht vom Erzeuger zum Zwischenhändler und dann zum Supermarkt transportiert werden. Selbstversorgung spart Verpackung, spart Kühlung und Elektrizität, spart Transport und die Benutzung fossiler Energien und der Selbstversorger kennt alle Inhaltsstoffe seiner eigenen Lebensmittel. Und er lernt den Wert der eigenen Erde schätzen: das ist lokale Wirtschaft.
In den meisten Dörfern Portugals haben die Olvenmühlen ihre Pforten für immer geschlossen. Denn das Leben verlangert sich immer mehr vom Land in die Stadt. Die meisten Dörfer sterben langsam an der Landflucht. In der Algarve-Provinz gibt es auf 200 km Distanz nur noch fünf kleine Mühlen: in Santa Catarina Fonte de Bispo, in Moncarapacho, in São Brás de Alportel im Sotavento – und in São Bartolomeus de Messines und in Pardieiros bei Monchique im Barlavento. Die meisten Einwohner Portugals kaufen bereits ihr Olivenöl im Supermarkt aus industrieller Produktion.
Ich hingegen fahre mit einem randvollen Eimer voller Oliven nach Pardieiros, vorbei an hunderten von Olivenbäumen, von denen die Oliven nutzlos auf den Boden fallen und verfaulen. Zurück in die Zukunft. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts hatte der alte Patron António Oliveira Santos(85) mit seiner Familie das Anwesen gekauft. Bis heute steht er an den Maschinen, wartet die Bautenzüge, reinigt die Mühlsteine und überwacht die vielen anderen Arbeiten, die ein eingespieltes Team erledigt. Sein Enkel Miguel (26) ist jetzt drei Jahre dabei. Er nimmt meinen Eimer entgegen und wiegt ihn erst einmal: 6,4 kg. Der leere Eimer wiegt 400 Gramm. Ich habe also heute morgen mit sportlichem Ehrgeiz in vier Stunden sechs Kilogramm gepflückt. Und es ist bereits der dritte Eimer in dieser Woche. Und es werden noch einige folgen.
Im Hintergrund brummen die Maschinen monoton vor sich hin. Die sich drehenden Mühlsteine mahlen zwei Tonnen Oliven zu einem Brei. Das eigentliche Pressen kommt erst einen Arbeitsgang später. Auf die runden Sisalteppiche wird der Brei gestrichen und ab geht es in die Presse. In Zeitlupe tropft ein Gemisch aus Öl und Wasser aus den Teppichen und wird in die Zentrifugen geleitet. Dort wird das Gemisch geschleudert und Wasser tennt sich vom Olivenöl.
Eine Ölmühle arbeitet zwei Monate im Jahr. Während der Erntezeit, die Mitte Oktober beginnt bis Anfang Dezember. Danach müssen zwei Wochen die Maschinen sauber gemacht werden und alles, was klebrig und ölig ist, das wird mit heißem Wasser geschrubbt. Dann, in einem Monat oder zwei, gehe ich mit meiner leeren 5l-Flasche und hole mir mein Olivenöl. Auf rund 10 kg Oliven kommen zwei Liter Olivenöl. Einen Liter nimmt sich der Patron für die Arbeit und einen Liter bekomme ich für mich und meine Küche abgefüllt: fifty-fifty. Ich muß also in dieser Woche noch einige Eimer Oliven pflücken, wenn das goldene, dickflüssige und kaltgepresste Olivenöl aus diesem November bis ins nächste Jahre reichen soll. Nun denn, auf geht es…
Leserfrage: Wie viel Kilogramm Oliven müssen Sie pflücken und in die Olivenmühle bringen, um fünf Liter Olivenöl zu bekommen? Schreiben Sie an theobald.tiger8550@gmail.com. Die ersten drei richtigen Antworten unserer Abonnenten in Portugal erhalten jeweils ein kleines Fläschchen (0,25l) natives Olivenöl aus Monchique zugeschickt. Viel Spaß.