In der Molkerei im Mehrzweck-Zentrum (Centro Multiusos) der Gemeinde Azinhal im Landkreis Castro Marim an der Algarve, dort wo die Uhren gern einmal stehenbleiben, hat – fast ohne dass jemand davon Notiz genommen hätte – eine echte Revolution stattgefunden.
Der Ziegenverein ANCCRAL (Associação Nacional de Criadores de Caprinos da Raça Algarvia) produziert dort während fünf Tagen unter der Woche frischen Ziegenkäse und einen unglaublich guten Naturjoghurt, wie ihn das Land bisher nicht kennt.
In seiner zweiten Aktivität, wie das Finanzamt sich ausdrückt (Atividade Secundária) holt Pedro Constancia (siehe Foto) von Montag bis Freitag frühmorgens mit seinem 2.000 Liter fassenden Edelstahl-Transporter die Milch von den Ziegenbauern ab.
Solange Pereira (26) und Zoryana Vladymyzova (44) kühlen die frische Milch herunter, sobald Pedro sie der Molkerei angeliefert hat, sterilisieren sie später für die Zubereitung des Käses und Joghurtes, fügen ihr als einzige Zutaten wilden Disteltee (8 Gramm Cardo auf 100 Liter) und Meersalz (80 Gramm auf 100 Liter) hinzu.
Damit könnte diese kleine Erfolgsgeschichte enden, wäre da nicht noch der Joghurt und die anderen nachhaltigen Pläne dieser kleinen innovativen Molkerei, bei der das Rathaus von Castro Marim geniale Geburtshilfe geleistet hat.
In 2011 wurde die Idee geboren, traditionelle Produkte von lokalen Erzeugern nachhaltig zu transformieren.
Das Rathaus stellte das neugebaute Mehrzweck-Zentrum, eine architektonische Schönheit arabischen Ursprungs, dem Verein zur Verfügung.
Hier finden auch jährlich wiederkehrende Ausstellungen, Feste und Märkte statt.
Pro Woche werden aus rund 900 Litern täglich angelieferter Ziegenmilch 2.400 Frischkäse und 400 Joghurts hergestellt, die in rund 100 Geschäften und Märkten der Region verkauft werden. Dienstag und Donnerstag fährt Marco Castro von Azinhal über Faro und Loulé bis nach Portimão, um die frischen Produkte aus- und anzuliefern.
Die Nachfrage ist groß, nicht verkaufte Ware gibt es kaum.
Für die knapp 4.000 Ziegen und die 48 Vereinsmitglieder in den drei Landkreisen Vila Real de Sto. António, Alcoutim und Castro Marim ist es die Existenzgrundlage. Pro Liter Ziegenmilch erhalten sie zwischen 55 und 65 Cent, je nach Jahreszeit tendierend.
Alle Naturjoghurts (ohne Zucker!) kommen in Gläsern mit Metalldeckeln zum Kunden, 100% recycelbar. 150 Gramm Joghurt kosten ab Molkerei € 1,30 inkl. MwSt. – der gleiche Preis existiert für den 170 Gramm schweren Frischkäse.
Für nächstes Jahr ist nun der Verkauf von frischer Ziegenmilch in Glasflaschen geplant.
Lokal produziert, regional verkauft.
Sollten ANCCRAL und das Rathaus von Castro Marim nicht auch einmal darüber nachdenken, ob sie die gläsernen Behälter für Joghurt und Milch als Pfandflaschen anbieten, um absolut nachhaltig zu arbeiten?
Es ist der Beginn einer lokalen Revolution auf dem Milchmarkt in Portugal und mitverantwortlich dafür ist auch Paula Rosa (44), die Verein und Molkerei managt.
Sie berichtet ECO123 von den kleinen Fortschritten in den letzten fünf Jahren und verkauft sogar manchmal Milch an eine Käserei in Beja und Salir.
Wo ein Wille ist, findet sich immer ein Weg, betont sie am Ende unseres Besuches.