Montag, der 20. Abril 2020
von Uwe Heitkamp
Zurück zur Natur? Ein Riss geht durch unser Land und unser Leben: nicht nur Reiche und Arme, Alte und Junge, Kranke und Gesunde, auch Menschen der Stadt und des Hinterlandes werden sich immer fremder. Wer in der Stadt wohnt und arbeitet, lebt in einem anderen Milieu, dem ist das Landleben fremd. Wer aber Mais und Kartoffeln sät, wer Gemüse und Früchte selbst erntet, wer zum Beispiel mit Hühnern und Ziegen lebt und arbeitet, hat auch den direkten Bezug zu seinem eigenen Essen. Landmenschen können umweltfreundlicher als Stadtmenschen leben – die, um an ihre Nahrung zu kommen, sich erst einmal zu einem Supermarkt bewegen müssen, irgendein Schnellgericht aufreißen, um die Verpackung dann in den Müll zu werfen. Auf dem Land gibt es keine Wohnungsnot. Da stehen Häuser leer. In der Stadt dominieren Lärm, schlechte Luft und Stress, auf dem Dorf soziale Kontrolle…
Wo liegt unsere Zukunft als Mensch? Im Hinterland ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass man sich gegenseitig etwas aus dem Garten schenkt. Das gibt einer Freundschaft ihren ganz speziellen Wert und Mensch zeigt damit, dass er sich in Verbindlichkeit schätzt. Menschen kennen sich und kümmern sich um ihre Nächsten, teilen Nahrung und Freude, besonders auch die nicht materiellen Werte. Man trauert gemeinsam um den Verstorbenen, feiert Feste an Geburtstagen und zu anderen Gelegenheiten, destilliert den Medronho und geht zusammen Pilze sammeln. Man freut sich über die Liebe ebenso wie über den Nachwuchs.
ECO123, die auf dem Dorf und in der Provinz gemacht und die in Lissabon und Porto genauso gelesen wird wie in Portalegre oder Guarda, in Oslo oder Berlin, die nur vier Mal im Jahr erscheint, arbeitet immer mit der Zeit und nicht gegen sie. Deswegen empfinden wir die Auszeit während der Covid-19 Pandemie eher als Ferien denn als notwendiges oder unnötiges Übel. Das ist eine einmalige Chance für alle, die sich selbst Zeit nehmen wollen, zum Innehalten und Lesen, auch in der Großstadt. Denn dort, so wissen wir, hat kaum einer wirklich Zeit. Wir aber brauchen Zeit zum Denken und Fühlen darüber, wie wir leben wollen.
Die meisten Menschen in der Stadt verlassen morgens ihre Wohnung, um zur Arbeit zu fahren und kommen erst abends wieder zurück. Wer aber auf dem Land lebt, bei dem liegen Wohnung, Arbeitsplatz und Schule nah beieinander. Ein großer ökologischer, ein großer ökonomischer Vorteil. Auch deshalb werden wir in den kommenden Jahren wieder eine Stadtflucht erleben, besonders nach Covid-19. Wir werden Menschen erleben, die mit ihren Händen nicht wissen, ihre eigene Nahrung zu erzeugen. Im Bereich der ökologischen Bildung wird es noch viel Arbeit geben; in Sachen Permakultur, Aquaponik und im regenerativem Bereich der Böden.
Wie möchtest DU leben? Schreib uns Deine Meinung an info@eco123.info.