Donnerstag, der 30. Abril 2020
Ein Essay von Theobald Tiger
 …würden einige Entscheidungen völlig anders getroffen werden. Lange habe ich darüber nachgedacht, ob ich meine Geschichte auf diese Weise beginnen soll, ob ich Ihnen diese Geschichte überhaupt erzählen soll. Ich kann nämlich auch ganz anders. Also fange ich besser noch mal von vorn an und beschränke mich auf 600 Worte.
Wäre ich kein Journalist sondern ein verantwortungsvoller Premierminister, würde ich in diesen Tagen intensiv darüber nachdenken, ob ich zu diesem Zeitpunkt überhaupt staatliche Finanzhilfen an kranke Firmen verteilen würde. Das ist eine Grundsatzfrage. Alle haben Probleme und so viel Geld besitzen wir gar nicht, um alle Probleme gleichzeitig zu lösen. Genau dadurch entsteht Ungleichheit und diese mündet in eine Politik der ungerechten Entscheidungen. Einer bekommt, der andere nicht. Warum nicht?
Eine Regierung hat andere Aufgaben. Sie soll regieren und so wenig wie möglich Geld ausgeben – und falls doch, dann sollte das Geld Stabilität garantieren und Existenzängste nehmen. Das wäre eine erste Prämisse. Ja, ich bin ein Freund des Bedingungslosen Grundeinkommens, denn es gibt jedem Bürger eines Staates die Basis zum Überleben. Es garantiert Würde, Freiheit und Unabhängigkeit: Arbeitern und Künstlern, Festangestellten und Freiberuflern. Und ein BGE ist gerecht, weil die gleiche Summe allen gleich zugute kommt. Es muss ja nicht viel ein. Es ist schon komisch, dass in diesem Moment der existentiellen Krise, in der Portugal, Europa und die ganze Welt stecken, kein regierender Politiker an die Nöte und Sorgen derjenigen denkt, für die Politik gemacht wird. Politik soll gestalten, agieren und nicht immer nur den Problemen hinterherlaufen und Kaputtes reparieren. Politik muss auch ganz besonders darauf achten, dass Probleme erst gar nicht entstehen.
Ich würde mich auch nicht mehr an der TAP beteiligen. Im Gegenteil, die Regierung Costa hätte schon vor Jahren ihren 50%igen Restanteil unbedingt und sofort verkaufen müssen. Hieße ich Costa … Wer einerseits an der TAP als Großaktionär beteiligt ist, läuft auf der anderen Seite Gefahr, in einen echten Interessenskonflikt zu geraten. Man baut keinen höchst umstrittenen, neuen Flughafen in Montijo und besitzt gleichzeitig ein 50%iges Aktienpaket an der Fluggesellschaft des Landes, wo man doch sowieso kein Geld in der Kasse hat. Eine Regierung sollte tunlichst darauf achten, gerecht zu handeln und über den Dingen zu stehen. Ein David Neeleman ist Unternehmer, laßt ihn unternehmen. Nehmt stattdessen das Geld und steckt es in die Bahn. Die gehört uns allen, dem Staat und hier ist das Geld richtig gut angelegt. Modernisiert die Portugiesische Bahn, macht sie effizienter und besser, lasst die Bahn wieder überall hinfahren, wohin sie früher auch gefahren ist, bis nach Brangança und Beja, und schafft die nötigen schnellen Bahnverbindungen zwischen Faro und Sevilha, Èvora und Madrid, Porto und dem Rest Europas. Macht Portugal jetzt fit für die Zukunft. Investiert jetzt in erneuerbare Energien und in die eigene Elektromobilität. Die Portugiesische Bahn ist ein Juwel. Übrigens: mit ihr kann man auch Geld verdienen.
Jetzt ist der Moment gekommen, die richtigen Impulse für eine nachhaltige Wirtschaft zu geben. Überlegt Euch, wieviel Geld Ihr ausgeben wollt und ausgeben könnt. Hört auf, Euch sinnlos zu verschulden und nehmt das Steuergeld, dass Ihr nicht habt, vorsichtig in die Hand und investiert es zum Wohl aller. Keine Unterstützung mehr für Banken, keine Subventionen für fossile Brennstoffe, kein Geld für einen neuen Flughafen, den wir sowieso nicht mehr brauchen – aber ja, Geld für nachhaltige Infrastrukturmaßnahmen: Solaranlagen für alle Schulen, Krankenhäuser, Polizeistationen, Kasernen – für alle Rathäuser, Solaranlagen für die Assembleia da República und sogar für Bélem. Und von mir auch auch Wasser- und Windkraftanlagen. Sonne, Wind und Wasserkraft laufen von selbst und nahezu gratis. Oder ganz einfach ausgedrückt: investiert nur noch Geld in die Zukunftsfähigkeit Portugals und nicht mehr in die Verluste einer Wirtschaft von gestern. Das schafft übrigens auch neue Arbeitsplätze. Ich heiße übrigens nicht António Costa, sondern bin Theobald Tiger. Beratung gratis.