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Nº 28 – Die Gemeingüter unserer Erde

Samstag, der 2. Mai 2020

von Alfredo Cunhal Sendim

Seit drei Monaten wird an den Bushaltestellen in Lissabon die „Generation ohne Grenzen“ durch eine Werbekampagne eines international agierenden Marketing Netzwerks beworben. Also lassen Sie uns doch gemeinsam und – wie der portugiesische Philosoph der Neuzeit, Agostinho da Silva sagte, ohne Limit – über einen an seine Grenzen kommenden Planeten mit schon acht Milliarden Menschen nachdenken. Denn das grenzenlose Leben wird so kein Happy End haben.

Die Frage, die sich stellt, ist ganz einfach. Wer legt für wen die Grenzen fest? Aber bevor wir uns hier bei der Suche nach einer Antwort verlieren, versuchen wir doch zunächst einmal, unsere eigenen persönlichen Grenzen zu bestimmen und diese dann in einem zweiten Schritt mit denen unserer Mitmenschen in Einklang zu bringen, um uns anschließend in Gemeinschaften zu organisieren, die den Gemeinbesitz kollektiv dergestalt verwalten, dass dieser auch allen, die sich daran beteiligen, zugutekommt. Warum sollten wir denn nicht in entsprechend kleinem Maßstab beginnen, um auf dieser Ebene Selbstbestimmtheit zu erlangen und zu gewährleisten, und eine echte Alternative zu den für uns Menschen auf diesem Gebiet zur Selbstverständlichkeit gewordenen absoluten Denkmustern zu schaffen, in denen Begrifflichkeiten wie Staaten und Konzerne dominieren (für die es kein Äquivalent in natürlichen Systemen zu geben scheint) und so den Nationalismus überwinden?

Wieso schließen wir uns nicht zusammen um unsere Ökosysteme und unsere biologische Vielfalt zu verwalten und über Gesundheit, Ernährung, Bildung, Kultur, Gastronomie, Folklore, Information, Technologie, Währung – ja um unser ganzes Leben selbst zu bestimmen und dem Staat neben Vernetzung und Kommunikation mit Weltorganisationen nur ergänzende Aktivitäten der allgemeinen Verwaltung, Justiz oder der Sicherheit zu überlassen?

Tatsächlich wurde das ja schon immer versucht und wir versuchen es auch weiterhin, obwohl es in gleichem Masse schwieriger wird, wie der Imperialismus als einzig mögliche Lösung der Probleme erscheint, die wir selbst verursacht haben. Daraus resultiert dann die Überzeugung vieler, dass es keine Grenzen gibt, und wir machen immer so weiter. Aber natürlich existiert das Problem der natürlichen Grenzen trotzdem, allerdings unterscheiden wir da zwischen unseren Grenzen und denen der anderen. Deshalb gibt es einerseits diejenigen die ständig nach Rechtfertigungen suchen, um zur Sicherung ihrer Existenz von der Arbeit und auf Kosten jener anderen zu leben, die dazu unterworfen werden.

Das gerade aus der Asche wiederauferstehende Portugal ist noch weit entfernt davon, das nötige Vertrauen aufzubauen, um den Sprung in dieses sogenannte Fünfte Imperium zu wagen. Mehr und mehr Vertrauen geht eher von Generation zu Generation verloren. Vertrauen in uns selbst, in andere, in Organisationen, den Staat, in “Verantwortliche”. Diese Entwicklung muss in die entgegengesetzte Richtung gehen, denn was kann ein Individuum denn schon von der Gemeinschaft erwarten, wenn die Vertrauensbasis nicht gegeben ist? (Einen Psychologen, hahaha). Wie kann das nötige Vertrauen auf kurz oder lang wiederaufgebaut werden? Das Vertrauen besteht natürlich immer noch als Hoffnungsschimmer am Horizont – trotz der Blockadehaltung der zentralistischen Staaten wächst weltweit das Vertrauen in reale oder virtuelle Bürgergemeinschaften, die – inspiriert von unterschiedlichsten Weltanschauungen, Konfessionen und Selbstreflexionen – inzwischen schon ein beachtliches, farbenfrohes Mosaik bilden.

CSAs / AMAPs (Community Supported Agriculture = Solidarische Landwirtschaft), Bewegungen für nachhaltige Lebensweise, Community-Workshops, Öko-, Bildungsund Kulturgemeinschaften, integrale Genossenschaften, Gesundheits-, Versicherungs-, Kredit- und Wohnungsbaugenossenschaften, gleitende Arbeitszeiten und gegenseitige Unterstützung… Covid-19 hilft uns, den Unterschied zwischen einem selbst- und einem fremdbestimmten Leben deutlich wahrzunehmen. Leider kann das aber auch zum Gegenteil führen: „Hauptsache es wird Ordnung geschaffen – der Rest spielt keine Rolle“. Und unversehens werden wir dann von Leuten wie Bolsonaro oder Trump regiert. Das ist tatsächlich eine Zäsur. Wir Menschen haben bisher – anstatt auf die Straße zu gehen und alles kurz und klein zu schlagen – unsere Energie darauf gerichtet, unser Gemeinwesen zu stärken, und das sollte uns auch weiterhin dazu ermutigen, einen Weg zu finden, die Geschichte des Imperialismus hinter uns zu lassen und endlich aufzuhören, russisches Roulette zu spielen…

Also, was verstehen wir unter Gemeingütern und wie können wir mit ihnen unsere Zukunft gestalten? …

Darüber veröffentlicht ECO123 morgen früh die zweite Folge dieser Miniserie des Bauern Alfredo Cunhal Sendim aus dem Alentejo, der genau beschreibt wie er sich, die Menschen um ihn herum und die Welt sieht.

Alfredo Cunhal Sendim

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