Neulich träumte ich im Schlaf vom Aufwachen, doch um mich herum herrschte Dunkelheit. War ich in der Welt eines Blinden oder war es nur ein Raum im Universum ohne jegliches Licht, nicht einmal Sterne am Horizont? Ich hatte im Traum etwas Wertvolles im Wald verloren und war auf der Suche nach diesem Etwas. Ich wußte nicht einmal, was es war. Ich spürte Leben um mich herum, überall, aber ich sah es nicht. Da wurde ich mir selbst unsicher. Was passiert, wenn einer sich in einem öffentlichen Raum befindet, in dem er nichts sieht, in dem es also dunkel ist, aber da ist überall Leben um einen herum? Wie orientiere ich mich zwischen all den Bäumen? Da war ich nun nachts in einem dunklen Wald ohne Uhr und ohne Smartphone und stand still. Wie überwinde ich meine Angst, schoss es mir durch den Kopf? Wie gewinne ich meine Selbstsicherheit zurück? Ich wachte auf. Der Tag begann.
Die Wanderung beginnt bei Tagesanbruch und führt bergan. Die Mobiltelefone werden ausgeschaltet. Wir gehen in den Wald. Die Sonne bleibt außen vor. Nur sehr vereinzelt schaffen es ein paar Strahlen durch den dichten Bewuchs hindurch. Durch den Wald, querfeldein, über Moos und umgefallene Bäume führt der Weg, der keiner ist. Denn der Weg liegt weit hinter uns. Irgendwann werden wir abbiegen und schon hat der Wald uns verschluckt. Langsam gehen, schleichen, mit den Ohren hören, mit der Nase riechen, modrich und feucht ist es in diesem Waldstück, in dem Carlos die kleine Gruppe dazu motiviert, die eigenen Sinne zu aktivieren, zu schärfen, mit geschlossenen Augen zu fühlen, um sich zu orientieren. Sich hinsetzen, hinknien, langsam werden. Stille genießen. Nicht viel reden und wenn, dann flüstern. Es geht um Duftstoffe, denn die Gegenwart von Pilzen kannst du riechen und fühlen. Korkeiche, Kiefer, Erdbeerbusch sind keine Seltenheit. Hier und da ein Heidekraut und wild wachsende Blumen und Büsche. Dieser Wald wächst wild, wurde nie geschlagen und sich selbst überlassen. Er ist ein letztes Stück feuchte Natur, vor dem die Feuer der vergangenen Jahre Halt machten. In ihm leben Tiere. Er verschluckt die Geräusche der Zivilisation, besonders die von Motoren und eröffnet Vogelstimmen die Möglichkeit zum ungestörten Gesang.
Eintauchen in etwas, was wir nicht mehr und noch nicht kennen, was uns unbekannt ist. Teil werden und sich dabei die Erde nicht untertan machen. Sich festhalten an einem Baum, mit dem Versuch einer ersten Orientierung. Freundschaft mit dem Wald schließen. Ich umarme die Monchique-Eiche. Doch wo bin ich? Nach einiger Zeit möchte sich jeder dem Ungewohntem hingeben, dem Urzustand. Die Suche nach dem Ort an dem es keine Satelliten-Navigation, sondern nur die eigene Orientierung gibt. Alle Sensoren sind gefragt. Was mache ich, wenn ich nicht weiß, wo ich bin? Ich drehe mich vorsichtig im Kreis. Es gibt da eine kleine Steigung. Auf diese Weise gewinne ich als Pilzsucher ein Ur-Gefühl für den Weg. Immer zwei Wanderer zwischen den Welten ergeben ein Team. Was sehe ich, was bemerke ich, auf welche Pflanzen und Bäume treffe ich? Ich frage meine Partnerin. Carlos ist irgendwie abhanden gekommen. Hat die ersten Pfifferlinge gefunden? Ich betrachte unterdessen einen Knollenblätterpilz. Wunderschön aber auch sehr giftig. Von unbekannten Pflanzen lernen, was einen Biotop ausmacht. Da ist ein Riesenschirmling. Dort ein Kaiserling. (Amanita caesarea) Warum wächst er bei einer Kiefer? Flora und Fauna verstehen lernen, Zusammenhänge erkennen und Hintergrund Wissen auffüllen, Sinne schärfen, die Vielfalt kennen lernen.
Mit Carlos eine Wanderung unternehmen bedeutet, altes und wichtiges Wissen zu erfahren. Zeit wird zu einer unwichtigen Randerscheinung. Wir haben einen Ratgeber dabei, bestimmen die Pilze und erfahren, welche Funktion sie für den Wald und den Menschen besitzen und was sie nährt. Wir wissen, das Pilze nur dann zu finden sind, wenn es gut geregnet hat und erst danach entsteht mit der Sonne das Klima für gutes Pilzwachstum. Die Pilze nehmen wir nicht mit. ECO123 veranstaltet zwei Wanderungen, am Dienstag dem 29. und am Mittwoch dem 30. Dezember 2020. Beginn jeweils um neun Uhr. Treffpunkt am Kreisverkehr „Pé da Cruz“ in Monchique. Maximal zehn TeilnehmerInnen. Nur nach voheriger Anmeldung und schriftlicher Bestätigung.
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